Im Streit um die deutsche Haltung zum möglichen Verbrenner-Aus auf EU-Ebene zeichnet sich noch immer keine klare Linie der Bundesregierung ab.
An diesem Dienstag sollen die EU-Mitgliedstaaten im Umweltrat entscheiden, ob sie das Verbot von Neuzulassungen für Fahrzeuge mit Verbrennungsmotor ab 2035 unterstützen. Innerhalb der Bundesregierung gingen auch am Montag die koalitionsinternen Abstimmungen darüber weiter, wie sich Deutschland in dieser heiklen Frage positionieren wird.
Der stellvertretende Regierungssprecher Wolfgang Büchner äußerte sich zuversichtlich, dass die Gespräche «zu einem guten Ergebnis» kommen werden – auch wenn bis Dienstag nur noch wenig Zeit bleibe.
In den vergangenen Tagen waren zwischen dem Koalitionspartner FDP und der grünen Umweltministerin Steffi Lemke unterschiedliche Auffassungen zu dieser wichtigen Entscheidung deutlich geworden. Während die FDP den Kommissionsvorschlag für ein Verbrenner-Aus ab 2035 strikt ablehnt, verteidigt Lemke das Vorhaben. Außerdem verweist die Grünen-Politikerin darauf, dass sich die Bundesregierung schon seit längerem darauf verständigt habe, dem Plan zuzustimmen.
Habeck kompromissbereit
Der grüne Klima- und Wirtschaftsminister, Robert Habeck, deutete am Montag in der Verbrenner-Frage Kompromissbereitschaft an, ohne nähere Details zu nennen. «Europa ist ja eine lebende Kompromiss-Maschine, und an der arbeiten wir mit», sagte Habeck am Montag in Luxemburg. Man müsse für verschiedene «Spezial-Sichtweisen» unterschiedlicher EU-Staaten eine gute Lösung finden, erklärte er.
Konkreter wurde die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang, die darauf verwies, dass SPD, Grüne und FDP in ihrem Koalitionsvertrag eine sehr klare Position vereinbart hätten. «Ich bin mir sicher, dass Deutschland sich im Rahmen dieses Koalitionsvertrages auch verhalten wird», sagte Lang am Montag nach Beratungen des Parteivorstandes in Berlin. Da in den vergangenen Monaten auch auf europäischer Ebene auf Basis dieser Position verhandelt worden sei, stehe hier für Deutschland nicht nur die klimapolitische Glaubwürdigkeit, sondern auch die europapolitische Glaubwürdigkeit auf dem Spiel, sagte Lang.
Die Grünen-Chefin spielt dabei auf eine Passage im Koalitionsvertrag an, die garantieren soll, dass künftig auch Fahrzeuge neu zugelassen werden können, die mit synthetischen Kraftstoffen, sogenannten E-Fuels, betankbar sind – ein Knackpunkt im Streit zwischen FDP und Grünen. Dort heißt es: «Außerhalb des bestehenden Systems der Flottengrenzwerte setzen wir uns dafür ein, dass nachweisbar nur mit E-Fuels betankbare Fahrzeuge neu zugelassen werden können.» Eine Passage, die von den jeweiligen Koalitionspartnern offensichtlich unterschiedlich ausgelegt wird.
Die sogenannten Flottengrenzwerte bestimmen, wie viele Treibhausgase neu hergestellte Autos im Betrieb ausstoßen dürfen. Ab 2035 soll der Wert nach dem Kommissionsvorschlag auf null sinken, was faktisch nur durch ein Verbot von Neuzulassungen für Verbrenner erreicht wird. Für Umweltministerin Lemke kein Problem, da aus ihrer Sicht der Einsatz von E-Fuels ohnehin nur in bestimmten Bereichen «außerhalb der Flottengrenzwerte» denkbar ist, etwa im Flugverkehr. Die FDP will dagegen – unabhängig von Flottengrenzwerten – ein generelles Verbrenner-Verbot, das E-Fuels ausbremsen könnte, nicht mittragen.
Rückenwind erhalten die Liberalen auch aus den Reihen der Union, die das Vorhaben zum Verbrenner-Aus ebenfalls als nicht zielführend ablehnt.
Was sagt Kanzler Scholz?
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich in dieser Frage dagegen noch nicht eindeutig geäußert. Vertreter von Umweltorganisationen wie etwa Greenpeace-Chef Martin Kaiser riefen den Kanzler am Montag dazu auf, «sich unmissverständlich für ein Ende des Verbrenners» auszusprechen. Der stellvertretende Regierungssprecher Büchner machte lediglich deutlich, dass die Bundesregierung das EU-Klimaschutzpaket «Fit for 55» und den Vorschlag unterstütze, die CO2-Emissionsnormen für neue Pkw und leichte Nutzfahrzeuge zu überarbeiten. Alles andere werde noch innerhalb der Koalition abgestimmt.
Sollte die Zustimmung zum Vorhaben am Veto der FDP scheitern, könnte es auf eine Enthaltung der Bundesregierung hinauslaufen. Auf diese Weise könnte die nötige Mehrheit ebenso gefährdet sein wie im Falle einer Gegenstimme.