Den mit einer riesigen Sektflasche beschenkten Ryoyu Kobayashi trennt nur noch ein Schritt vom nächsten Eintrag ins Skisprung-Geschichtsbuch, die geschlagenen Karl Geiger und Markus Eisenbichler waren schnell verschwunden.
«Das Ziel war eine andere Platzierung. Die ist durch», sagte Geiger nach seinem vierten Platz beim dritten Wettbewerb der Vierschanzentournee zum Gesamtstand. Er und Teamkollege Eisenbichler liegen im Kampf um den goldenen Adler für den Champion abgeschlagen zurück. Als erster Athlet überhaupt kann Kobayashi zum zweiten Mal alle vier Springen einer Tournee gewinnen. Der Japaner siegte auch am Mittwoch.
«Bis jetzt läuft es ziemlich für ihn. Es ist auf jeden Fall möglich für ihn», sagte Geiger zu Kobayashi nach dessen nächster Flugshow. Geiger sprang im teils dichten Schneetreiben von Bischofshofen 133 und 136 Meter weit.
Leistungssteigerung bei Geiger
Nach seinem enttäuschenden Neujahrsspringen entlockte ihm seine Leistungssteigerung trotz des verfehlten Gesamtziels, der erste deutsche Tournee-Champion seit Sven Hannawald vor 20 Jahren zu werden, ein Lächeln. «Es ist bitter, es ist immer noch bitter, aber ich schaue jetzt nach vorne», sagte der 28-Jährige. «Es war für mich ein guter Wettkampf heute, ein guter Tag – soweit wieder gefangen.»
Eisenbichler landete als zweitbester Deutscher im Pongau auf Rang acht und ist direkt vor Geiger Vierter in der Tournee-Gesamtwertung. Dort baute Kobayashi seinen Vorsprung vor dem zweitplatzierten Norweger Marius Lindvik aus und liegt mehr als 23 Meter vor dem deutschen Duo.
Die Tournee wird in diesem Jahr gezwungenermaßen als Dreischanzentournee ausgetragen. Wegen Föhnsturms am Vortag am Bergisel musste der dritte Akt des Schanzenspektakels von Innsbruck nach Bischofshofen verlegt werden. Der Ersatz-Wettbewerb bot tolle Flüge, aber auch bittere Momente: Der als Dritter in der Tournee-Wertung nach Bischofshofen gereiste Slowene Lovro Kos stürzte nach seinem Sprung im ersten Durchgang und büßte viele Punkte ein. Er fiel auf Rang sieben zurück.
Als Gesamtweltcup-Führender und in großartiger Form war Geiger beim Tournee-Auftakt angetreten, konnte die in ihn gesetzten Hoffnungen mit Platz fünf in Oberstdorf und Rang sieben in Garmisch-Partenkirchen aber nicht erfüllen. «Es läuft nicht immer alles so wie man will, aber wir haben schon wieder gezeigt, dass wir vorne mitspringen können», sagte Bundestrainer Stefan Horngacher.
Eisenbichler steigert sich
Wie Geiger ließ auch Eisenbichler sein Können immer mal wieder aufblitzen. Der Siegsdorfer zeigte bei seinem zweiten Platz am ersten Januar zwei herausragende Flüge. Auch sein Satz auf 140,5 Meter im zweiten Durchgang beim ersten von zwei Springen in Bischofshofen war stark. Was fehlte, war wie bei Geiger die Konstanz auf herausragendem Niveau. «Hätte hätte Fahrradkette, das ist ja immer das Ding», sagte Eisenbichler zur Diskrepanz zwischen seinem ersten und zweiten Versuch. «Aber man wird älter und auch ein bisschen weiser. Wenn ich mich aufrege, kann ich den nächsten Sprung auch in die Tonne treten. Es ist wie beim Golfschwung.»
Dass es trotz Mitfavoriten-Status noch deutlich schlechter laufen kann als bei Eisenbichler und Geiger, zeigten internationale Konkurrenten auf fast drastische Art und Weise. Während Kobayashi souverän seinem nächsten Triumph entgegenspringt, mussten Kamil Stoch und Stefan Kraft die Tournee-Gesamtwertung schon früh abschreiben.
Der dreifache Champion und Titelverteidiger Stoch stieg wegen akuter Formschwäche vor dem dritten Wettkampf aus. In der Gesamtwertung liegt der polnische Skisprung-Held sogar hinter dem Türken Fatih Arda Ipcioglu, der bei der Tournee die ersten Weltcup-Punkte für sein Land überhaupt holte. Auch der Österreicher Kraft ist weit von seiner Bestform entfernt und spielt in der Gesamtwertung keine Rolle.
Aus dem deutschen Team holten auf der Paul-Außerleitner-Schanze neben Geiger und Eisenbichler auch Severin Freund (12.), Olympiasieger Andreas Wellinger (15.) und Stephan Leyhe an seinem 30. Geburtstag (20.) noch Weltcup-Punkte. Constantin Schmid und Pius Paschke schieden dagegen nach dem ersten Durchgang aus.
Die Springer erleben in diesem Winter wegen der Verschiebung des Innsbruck-Springens keine Tournee an vier verschiedenen Orten, dafür kann man von einer Vierwettertournee sprechen: Regen in Oberstdorf folgte Sonne in Garmisch-Partenkirchen, Wind in Innsbruck und nun Schnee.
Nach dem ersten Wettbewerb in Bischofshofen steht für die Springer dort an diesem Donnerstag direkt das Finale an. Los geht’s mit der Qualifikation um 14.30 Uhr, ab 17.30 Uhr soll dann die endgültige Tournee-Entscheidung fallen (ARD und Eurosport). Geiger hofft, dass er bei der Siegerehrung dann wieder die Rolle wechseln kann. «Ich habe den Jungs zugeschaut. Vielleicht kann ich dann wieder dabei sein», sagte er.