Anna Netrebko bei den Salzburger Festspielen 2019. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Barbara Gindl/APA/dpa)

Der Angriff Russlands auf die Ukraine wühlt auch die Kulturwelt auf. Auf Instagram äußerte sich am Wochenende die weltberühmte russische Opernsängerin Anna Netrebko.

Sie sei gegen diesen Krieg, schrieb sie. «Ich bin eine Russin und liebe mein Land, aber ich habe viele Freunde in der Ukraine, und der Schmerz und das Leid brechen mir das Herz. Ich möchte, dass dieser Krieg aufhört und die Menschen in Frieden leben können.»

Netrebko (50) und ihr Ehemann, der aserbaidschanische Tenor Yusif Eyvazov (44), wandten sich zugleich dagegen, «Künstler oder irgendeine öffentliche Person zu zwingen, ihre politischen Ansichten öffentlich zu machen und ihr Vaterland zu beschimpfen». Dies sollte eine freie Entscheidung sein. «Ich bin keine politische Person», erklärte Netrebko. «Ich bin keine Expertin für Politik. Ich bin Künstlerin und mein Ziel ist es, über politische Unterschiede hinweg zu vereinen.»

Im vergangenen Jahr hatte die Sopranistin, die auch in Wien lebt, mit einer großen Gala im Kremlpalast in Moskau ihren 50. Geburtstag gefeiert. Dabei wurden auch Glückwünsche des russischen Präsidenten Wladimir Putin verlesen.

Sean Penn dreht in Kiew

Oscar-Preisträger Sean Penn (61, «Mystic River») erklärte in einem Statement, der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj und das ukrainische Volk seien «zu historischen Symbolen für Mut und Prinzipien» geworden. Die Ukraine sei die Speerspitze des demokratischen Ideals der Träume und Hoffnungen. «Wenn wir es zulassen, dass sie alleine kämpft, ist unsere Seele als Amerika verloren.» Den russischen Angriff auf die Ukraine bezeichnete Penn als einen «brutalen Fehler», der Menschenleben gekostet und Herzen gebrochen habe. Penn arbeitet in Kiew an einer Dokumentation über den Ukraine-Krieg.

Persönlich betroffen reagierte die zu Sowjetzeiten in Kiew geborene US-Schauspielerin Milla Jovovich. «Mein Blut und meine Wurzeln kommen sowohl aus Russland als auch aus der Ukraine», schrieb die 46-Jährige in einem emotionalen Beitrag auf Instagram. «Ich bin innerlich zerrissen, wenn ich sehe, wie sich das Grauen entfaltet, wie das Land zerstört wird, Familien vertrieben werden und ihr ganzes Leben in verkohlten Bruchstücken um sie herum liegt.»

Mit einem Plädoyer für mehr ukrainische Kunst und Kultur wandte sich derweil Kulturstaatsministerin Claudia Roth an Museen, Theater und andere Institutionen in Deutschland. «Die Stärke von Kunst und Kultur sind die Schönheit und die Verletzlichkeit», sagte die Grünen-Politikerin in dem der Deutschen Presse-Agentur vorliegenden Appell. Sie wende sich deswegen mit einer Bitte an alle Theater, Konzertveranstalter, Museen, Kultureinrichtungen. «Zeigt mehr ukrainische Kunst und Kultur.» Gleichzeitig bat Roth, aber auch russische Kunst und Kultur zu zeigen.

Petrenko verurteilt Invasion scharf

Sehr unterschiedlich war die Stimmungslage an zwei großen Orchestern in Deutschland. Der Chefdirigent der Berliner Philharmoniker, Kirill Petrenko, verurteilte die Invasion Russlands in die Ukraine mit scharfen Worten. «Der heimtückische und völkerrechtswidrige Angriff Putins auf die Ukraine ist ein Messer in den Rücken der ganzen friedlichen Welt», sagte der aus Omsk in Russland stammende Petrenko in einer Mitteilung. «Es ist auch ein Angriff auf die Kunst, die bekanntlich über alle Grenzen hinaus verbindet.»

Unter Druck steht hingegen der Chefdirigent der Münchner Philharmoniker und Putin-Freund Waleri Gergijew. Der Münchner Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD) hatte ihm mit Rauswurf gedroht, wenn er sich nicht bis zu diesem Montag eindeutig von dem russischen Angriffskrieg distanziere. Auch andere Institutionen, etwa die Hamburger Elbphilharmonie, drohten Gergijew mit der Absage von Auftritten.

Der russische Angriff auf die Ukraine hat auch direkte Auswirkungen auf die kulturellen Beziehungen zwischen Russland und Deutschland. Die von Bund und Ländern getragene Stiftung Preußischer Kulturbesitz, mit zahlreichen Museen, Sammlungen und Instituten auch international eine der wichtigsten Kultureinrichtungen, zog erste Konsequenzen. «So gut unsere Zusammenarbeit auch war, wir können jetzt angesichts der Geschehnisse in der Ukraine nicht einfach zur Tagesordnung übergehen», sagte Stiftungspräsident Hermann Parzinger. «Wir haben im Augenblick daher unsere Projekte und Zukunftspläne erst einmal auf Eis gelegt.»

Mit dem russischen Angriff sieht Parzinger auch eine Bedrohung für kulturelle Einrichtungen in der Ukraine. «Die Gefahren für Kulturgüter in der Ukraine sind sehr hoch. Wir wissen, dass von den Angreifern darauf keine Rücksicht genommen wird», sagte der Stiftungschef. Die Unesco-Kommissionen von mehr als 25 Staaten, darunter Deutschland, brachten ihre Solidarität mit der Ukraine zum Ausdruck und wiesen darauf hin, dass sich in der Ukraine sieben Unesco-Welterbestätten befänden.

Von Gerd Roth und Stephan Maurer, dpa

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