Pläne für Veränderungen am umstrittenen Erscheinungsbild des Berliner Humboldt Forums sind umgehend auf Kritik gestoßen. Nach anhaltenden Diskussionen will das Forum die rekonstruierte Schlossfassade an entscheidender Stelle ändern.
Eine weithin sichtbare Inschrift um die Kuppel mit christlichem Unterwerfungsanspruch soll künstlerisch abgewandelt werden.
Das Humboldt Forum solle ein «weltoffener, demokratischer Debattenort» werden, kündigte Generalintendant Hartmut Dorgerloh am Donnerstagabend in Berlin mit Hinweis auf den Koalitionsvertrag im Bund an. Deswegen müssten Fragen etwa zu Kreuz und Kuppel mit Inschrift immer wieder neu gestellt werden. Dabei solle der Versuch unternommen werden, «vielleicht auch neue Antworten zu formulieren». Dorgerloh will Ideen entwickeln, «wie wir mit etwas umgehen, was bis heute nicht befriedigt und nicht befriedet».
Kultureller Bruch gefürchtet
Wilhelm von Boddien vom «Förderverein Berliner Schloss», der gut 100 Millionen Euro an Spenden für die rekonstruierte Barockfassade gesammelt hat, fürchtet «einen kulturellen Bruch, wie wir ihn in unserer Geschichte noch nie hatten – die Herrschaft der Säkularisierung über unsere 2000 Jahre alten Wurzeln im Christentum». Ihm wurde entgegengehalten, das Humboldt Forum sei kein religiöses, sondern ein säkulares Gebäude.
Andere Diskussionsteilnehmer erinnerten während der Veranstaltung «Verkuppelt. Die Sache mit dem Kreuz und der Inschrift» an die Warnung des Rabbiners Andreas Nachama vor einem «Rückfall in die Gedankenwelt eines Preußenkönigs». Der langjährige Direktor der Stiftung Topographie des Terrors hatte sich von christlichen Bischöfen gewünscht, an der Spitze einer Bürgerinitiative dafür zu plädieren, dass der Spruch beseitigt wird.
Die goldene Inschrift auf blauem Grund um die Kuppel des gerade für 680 Millionen Euro errichteten Zentrums für Kultur, Kunst und Wissenschaft fordert eine Unterwerfung aller Menschen unter das Christentum. Mit der nachträglich aufgesetzten Kuppel, Kreuz und Bibelspruch unterstrichen die Hohenzollern während der Revolution 1848 den Herrschaftsanspruch der Monarchie gegen demokratische Bestrebungen.
Koloniales Raubgut ausgestellt
Im Humboldt Forum werden auch Kunstobjekte aus kolonialen Unrechtszusammenhängen gezeigt. Die Verantwortlichen wollen das Zentrum zu einem Diskussionsforum über die koloniale Vergangenheit Deutschlands und die Auswirkungen bis in die Gegenwart machen. Dabei gelten die christlichen Insignien als Symbole auch kolonialer Unterwerfung als erschwerend.
Mit Hilfe der Initiative Leuchtturm Berlin soll das Spruchband nun künstlerisch bearbeitet werden. Die Initiatoren Sven Lochmann und Konrad Miller wollen dem umstrittenen Spruch kurzfristig «eine dauerhafte, positive und zeitgemäße Aussage entgegensetzen». Dazu soll nach bisherigen Entwürfen ein Netz von Leuchtdioden vor das weiter sichtbare Spruchband montiert werden. Bei Einbruch der Dunkelheit sollen Auszüge aus Grundgesetz und Menschenrechtserklärung als Laufschrift vor dem Bibelspruch zu lesen sein.
Das historische Zitat montierte Friedrich Wilhelm IV. selbst aus mehreren Bibelversen: «Es ist in keinem andern Heil, ist auch kein anderer Name den Menschen gegeben, denn in dem Namen Jesu, zur Ehre Gottes des Vaters. Dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind.»
Tafel auf Dachterrasse geplant
Bisher hieß es beim Humboldt Forum, Kuppel, Kreuz und Inschrift seien «im Kontext ihrer historischen Entstehungssituation» zu verstehen. Auf der Dachterrasse ist neben der Kuppel inzwischen eine Tafel geplant. «Alle Institutionen im Humboldt Forum distanzieren sich ausdrücklich von dem Allgemeingültigkeits- und Herrschaftsanspruch des Christentums.»
Das 40.000 Quadratmeter umfassende Gebäude bespielen die Stiftung Preußischer Kulturbesitz mit zwei ihrer Museen, das Land Berlin, die Humboldt-Universität und die Stiftung Humboldt Forum. Gezeigt werden Exponate aus Asien, Afrika, Amerika und Ozeanien sowie Objekte zur Geschichte Berlins. Umstritten ist die koloniale Vergangenheit von Ausstellungsstücken, etwa den bekannten Benin-Bronzen. Diese Kunstwerke stehen im Mittelpunkt einer intensiven Debatte um Restitutionen an die Herkunftsgesellschaften.