Kunst des stilvollen Untergangs: «Der Leopard» als Serie
Kim Rossi Stuart (vorne) spielt Don Fabrizio, den Fürst von Salina. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Lucia Iuorio/Netflix/dpa)

Netflix hat sich an einen Literaturklassiker gewagt: Das Kostüm-Epos «Der Leopard» ist eine bildgewaltige Neuverfilmung des einzigen Romans von Giuseppe Tomasi di Lampedusa (1896-1957). Der Adelige aus Sizilien blieb zu Lebzeiten als Schriftsteller völlig unbekannt. Erst kurz nach seinem Tod wurde «Der Leopard» als Geniestreich erkannt, verlegt und weltweit zum Bestseller. 

Ein Monumentalwerk

Die Geschichte einer uralten sizilianischen Fürstenfamilie im unruhigen späten 19. Jahrhundert fesselte Abermillionen Leserinnen und Leser. Seit 5. März ist der wuchtige Stoff über eine große Liebesgeschichte in einem Italien zwischen gestern und morgen bei Netflix verfügbar. Es ist ein Monumentalwerk in sechs Teilen – stimmig, unterhaltsam und hochkarätig besetzt. 

Im Mittelpunkt der Handlung steht Don Fabrizio, Fürst von Salina, genannt «Der Leopard». Er ist reich, mächtig, geachtet und abgeklärt. Sizilien ist zu dieser Zeit einer der rückständigsten Orte Europas, die Mentalität geprägt von einer jahrtausendealten Gelassenheit gegenüber immer neuen Eroberern. 

Doch die Vereinigung des Flickenteppichs Italiens zu einem Nationalstaat rüttelt an der alten feudalen Ordnung. Auch die Zukunft der Fürstenfamilie steht in den Sternen. Für Don Fabrizio ist es Zeit, sich an ein neues Zeitalter anzupassen. 

Der Fürst von Salina muss sich entscheiden: Er könnte den drohenden Abstieg seiner Familie mit dem markanten Raubtier-Wappen aufhalten, indem er seinen Neffen Tancredi mit Angelica aus einer wohlhabenden Bürgerfamilie verheiratet – doch damit würde er seiner Lieblingstochter Concetta das Herz brechen. 

An Originalschauplätzen entstanden

Luchino Visconti hat den Roman schon 1963 verfilmt, wenige Jahre nach dessen Erscheinen. Das Drama mit Burt Lancaster, Claudia Cardinale und Alain Delon gilt als Meisterwerk. In einer Nebenrolle trat der junge Terence Hill auf. 

Nun wirbt Netflix: «Eine neue Generation entdeckt das Jahrhundertwerk.» Die erste Serienadaption wurde mit einer komplett italienischen Besetzung gedreht und mit großem Aufwand an Originalschauplätzen in Palermo, Syrakus und Catania produziert, um die Authentizität des 19. Jahrhunderts einzufangen. 

Die Hauptrolle des Don Fabrizio, Fürst von Salina, verkörpert Kim Rossi Stuart. In Italien gehört Stuart zu den herausragenden Stars in Kino, Fernsehen und Theater. Viele deutsche Zuschauerinnen und Zuschauer erkennen vermutlich schnell sein Gesicht, können es aber nicht sofort einordnen: in der 90er-Jahre-Fantasy-Serie «Prinzessin Fantaghirò» spielte er den Märchenkönig Romualdo. 

Neun Drehtage nur für Ballszenen

Benedetta Porcaroli ist in der Rolle der Concetta zu sehen, sie beeindruckte in der Coming-of-Age-Serie «Baby», ebenfalls für Netflix. Dort spielte Porcaroli eine minderjährige Prostituierte in Rom. Deva Cassel – die überirdisch schöne Tochter des Schauspieler-Paars Monica Bellucci und Vincent Cassel – war bisher eher als Fotomodell bekannt. Sie tritt als Angelica auf. Saul Nanni – er spielt den Tancredi – kennt man aus der Netflix-Skandalserie «Supersex». 

Der Produktionsaufwand war gigantisch: An mehr als 100 Drehtagen wurde mit bis zu 5.000 Komparsen gedreht. Bei den Kampfszenen wie etwa Garibaldis Einzug in Palermo standen fast 1.300 Menschen als Soldaten vor den Kameras. Neun Drehtage wurden nur für die großen Ball- und Tanzszenen verwendet.

Von Christof Bock, dpa

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