Strom- und Gaskunden sollen nach dem Willen von Bundesverbraucherschutzministerin Steffi Lemke in der Energiekrise infolge des russischen Kriegs in der Ukraine nicht mit Sperren belegt werden.
«Die Bundesregierung hat beschlossen, eine Strompreisbremse auf den Weg zu bringen», sagte die Grünen-Politikerin der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. «Sie wird schon einmal die Zahl der Fälle verringern, in denen Menschen sich ihre Stromrechnung nicht mehr leisten können», so Lemke. «Zusätzlich werden wir eine Regelung gesetzlich verankern, die Strom- und Gassperren verhindert.» Beides zusammen sei ein wirksamer Schutz.
Verbraucherschutz
An diesem Montag sind die Folgen des russischen Angriffskriegs in der Ukraine für die deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher auch Thema eines Verbrauchertags in Berlin. Bei der digitalen Veranstaltung der Verbraucherzentralen will Lemke ihre Vorstellungen erläutern.
«Bei der Abfederung der Folgen von steigenden Energiepreisen und Inflation vermischen sich Sozialpolitik und Verbraucherschutz stark», sagte die Politikerin. «Ich habe die Sorge, dass es im nächsten Winter soziale Härtefälle geben könnte.» Als Ministerin für Verbraucherschutz sei für sie im Moment neben der Verhinderung von Strom- und Gassperren auch der Kündigungsschutz der Mieterinnen und Mieter essenziell. «Solche Maßnahmen wirken wie ein Sicherheitsnetz, und sie nehmen viele Ängste.»
Strom- und Gassperren seien schon jetzt an bestimmte Voraussetzungen geknüpft. Die Energieversorgungsunternehmen müssten Ankündigungsfristen einhalten. «Und eine Sperre darf nicht unverhältnismäßig sein», betonte Lemke. Verbraucherinnen und Verbraucher sollten daher zum Beispiel auf besondere Erschwernisse hinweisen, etwa wenn Kranke oder Kinder im Haushalt lebten. Lemke kündigte an: «Nun geht es darum, solche Optionen für den kommenden Winter anzupassen. Damit sorgen wir dafür, dass niemand keine Wärme- oder Stromversorgung mehr hat, weil er Rechnungen nicht bezahlen kann.»
Lemke erinnerte an die Kommission zum Wärme- und Gasmarkt, die im Auftrag der Bundesregierung Lösungen gegen die Gasknappheit und die Preissprünge erarbeiten solle. «Von ihr erwarte ich Regelungen, die einerseits die Energiesicherheit, also die Versorgung für Verbraucher und Wirtschaft, sicherstellen, und die andererseits soziale Härten auffangen.» Lemke sagte: «Der Verbraucherschutz muss in dieser Kommission mit am Tisch sitzen.»
Reaktionen und Forderungen
Damit reagierte die Ministerin auch auf Äußerungen der Vorsitzenden des Verbraucherzentrale Bundesverbandes, Ramona Pop. Pop hatte sich verwundert darüber gezeigt, dass der Verbraucherzentrale Bundesverband nicht in die Expertenkommission Wärme/Gas der Regierung eingeladen worden sei. «Verbraucherinnen und Verbraucher müssen die Auswirkungen der Energiepreiskrise unmittelbar tragen», hatte Pop betont.
Die Grünen-Bundesvorsitzende Ricarda Lang forderte unterdessen einen Gaspreisdeckel für den Grundbedarf. «Die Preise müssen runter», sagte Lang dem «Tagesspiegel». FDP-Fraktionschef Christian Dürr sagte der Zeitung: «Wir brauchen jetzt schleunigst zwei Dinge: Ein höheres Angebot an verfügbarer Energie und eine Begrenzung der Preise auf Strom und Gas.» Dürr verwies auf den von Finanzminister Christian Lindner eingesetzten «Arbeitsstab Gaspreisbremse». «Im Gegenzug erwarten wir jetzt aber auch, dass sich die Grünen bei der Frage der Kernenergie endlich bewegen», mahnte Dürr.