Liam Neeson 2021 bei der Deutschlandpremiere des Films «96 Hours» in Berlin. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Britta Pedersen/dpa-Zentralbild/dpa)

Liam Neeson kann es nicht lassen. Nach «Blacklight» kommt jetzt mit «Memory» schon sein zweiter Actionkracher in diesem Jahr in die Kinos. Im ersten spielt er einen Geheimagenten, der sich mit dem FBI anlegt, im zweiten einen Auftragskiller, der selbst zum Ziel geworden ist.

Seit er in «96 Hours» als wütender Vater und Ex-Agent die Entführer seiner Tochter jagte und einen nach dem anderen eliminierte, ist der gebürtige Nordire auf solche Rollen abonniert. Die Action- und Kampfszenen spielt er gern selbst. «Ich liebe es», sagte er vor kurzem in der amerikanischen TV-Show «Today». An diesem Dienstag (7.6.) wird Liam Neeson 70 und denkt allmählich ans Aufhören.

Dass er auch ein Mann fürs Grobe ist und eine starke physische Präsenz hat, zeigte er schon in jungen Jahren. Als Neunjähriger lernte Neeson das Boxen. In seiner Jugend gewann er als Amateurboxer einige Titel. Später packte der 1,93 Meter große Neeson in der Guinness-Brauerei mit an, für die er als Gabelstaplerfahrer und dann als Lastwagenfahrer arbeitete. Außerdem übernahm er einen Job als Drucker in einem Architekturbüro.

Als Oskar Schindler weltberühmt geworden

Doch es war die Schauspielerei, die ihm am meisten lag. Schon in der Schule entdeckte er die Leidenschaft fürs Theater. «Es war eine Rettungsleine», sagte Neeson, dessen Kindheit und Jugend von den Gewaltausbrüchen während des Nordirlandkonflikts geprägt war. Als Teenager wirkte er regelmäßig in Schulaufführungen mit. 1976 begann er in Belfast am Lyric Players‘ Theater zu spielen und schon ein Jahr später hatte er seine erste kleine Filmrolle. Der nach einem Priester in seinem Geburtsort Ballymena benannte William John, den alle nur Liam nannten, spielte Jesus in «Pilgrim’s Progress».

In den 80er Jahren wirkte Neeson in vielen TV-Produktionen, Serien und Filmen mit. So hatte er einen Gastauftritt bei «Miami Vice» und Nebenrollen im Fantasy-Epos «Excalibur», im Historienfilm «Die Bounty» mit Anthony Hopkins und Mel Gibson sowie an der Seite von Robert De Niro und Jeremy Irons in «Mission». 1990 gab ihm Regisseur Sam Raimi die Titelrolle in «Darkman». Obwohl der Superheldenfilm, der bei Genre-Fans heute Kultstatus genießt, ein Kassenerfolg war, brachte er für Liam Neeson noch nicht den großen Durchbruch.

Es war die Rolle als Oskar Schindler in Steven Spielbergs Drama «Schindlers Liste», die ihn 1993 weltberühmt machte. Für seine Darstellung des deutschen Industriellen, der während des Zweiten Weltkriegs in seiner Fabrik jüdische Arbeiter vor dem Holocaust gerettet hat, wurde Neeson für einen Oscar nominiert.

Spielberg hatte ihn kurz zuvor bei dessen Broadway-Debüt «Anna Christie» in New York auf der Bühne gesehen. Eins führte zum anderen. Für Neeson war «Anna Christie» auch privat ein Erfolg, denn er spielte gemeinsam mit Natasha Richardson, die ein Jahr später seine Ehefrau wurde. Aus der Ehe mit der Tochter von Schauspiel-Legende Vanessa Redgrave gingen zwei Söhne hervor.

Seit dem Erfolg von «Schindlers Liste» gehörte der Mann mit der sonoren Stimme in Hollywood zu den Großen. Nach anspruchsvollen Filmen in den 90er Jahren wie dem Drama «Nell» mit Jodie Foster und Titelrollen als schottischer Volksheld in «Rob Roy» oder irischer Freiheitskämpfer in «Michael Collins», war Neeson auch in Hollywood-Blockbustern zu sehen. Er spielte den Jedi-Meister Qui-Gon Jinn in «Star Wars: Episode I – Die dunkle Bedrohung» und war Batmans Gegenspieler in «Batman Begins».

Viel beschäftigter Actionstar

In der romantischen Weihnachtskomödie «Tatsächlich… Liebe» überzeugte er als Witwer und alleinerziehender Vater. 2009 traf ihn das tragische Schicksal auch im richtigen Leben. Seine Frau Natasha starb an einer Kopfverletzung, die sie bei einem Skiunfall erlitten hatte. Eine berufliche Auszeit nahm sich der Schauspieler nicht.

Als er 2008 die Rolle als ehemaliger CIA-Agent Bryan Mills übernommen hatte, ahnte Liam Neeson kaum, dass das seiner Karriere noch einmal einen kräftigen Schub verpassen würde. «Ich habe ein paar ganz besondere Fähigkeiten, die ich mir im Laufe vieler Jahre angeeignet habe», sagt Neeson als Mills in dem harten Thriller zu den Entführern seiner Tochter. «Ich werde nach Ihnen suchen. Ich werde Sie finden und ich werde Sie töten.» Was er dann auch tat.

Seit dem Kinoerfolg ist der Brite, der auch die US-amerikanische und die irische Staatsbürgerschaft hat, ein viel beschäftigter Actionstar. «96 Hours» (Originaltitel: «Taken») zog zwei Fortsetzungen nach sich. «Unknown Identity», «Non-Stop» oder «Ruhet in Frieden» waren weitere rasante Actionreißer. Das Grundprinzip der Handlung ist immer dasselbe: Neeson allein gegen alle. «Auf einmal hab ich all diese Drehbücher für Actionfilme angeboten bekommen, wo die Hauptfigur 29 ist», sagte Neeson im «Today»-Interview und lachte. «Ich werde dieses Jahr 70 und komme immer noch damit durch.»

«Ich bin kein Rassist»

Bei einem Interview für den Thriller «Hard Powder» sorgte Neeson 2019 allerdings für eine Kontroverse, die fast seine Karriere ausgebremst hätte. Der Zeitung «Independent» gestand er, er habe als junger Mann Rachegelüste gegen Schwarze gehegt, nachdem ihm eine Freundin erzählt habe, sie sei von einem Schwarzen vergewaltigt worden.

Er schäme sich für sein damaliges Verhalten, so Neeson. Doch viele empörten sich in den sozialen Medien. «Ich bin kein Rassist», betonte Neeson auch in der US-Sendung «Good Morning America» des Senders ABC. Er habe sich damals Hilfe gesucht und seine Lektion gelernt. Schauspielkollegen wie Whoopi Goldberg, Terry Crews und Ralph Fiennes nahmen ihn öffentlich in Schutz und lobten seine Ehrlichkeit. Eine Filmpremiere wurde abgesagt, aber dann drehte Neeson weiter.

Dass er noch viele weitere Filme im Stil von «96 Hours» und «Hard Power» macht, glaubt Liam Neeson allerdings nicht. «Ich glaube, es wird aufhören mit den Actionfilmen», sagte er im «Today»-Inteview mit Blick auf sein fortgeschrittenes Alter. «Das muss aufhören. Das Publikum ist ja nicht blöd. Ich lasse es irgendwann.»

Von Philip Dethlefs, dpa

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