Eine Zapfpistole mit der Aufschrift "Super 95" steckt an einer Tankstelle in der Tanköffnung eines Fahrzeugs. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sven Hoppe/dpa)

Bundesfinanzminister Christian Lindner erwartet trotz Kritik eine Zustimmung der Ampel-Koalition zu seinem Vorschlag eines Tank-Zuschusses zur Entlastung bei den Spritpreisen.

Der FDP-Chef sagte am Montagabend im ZDF-«heute journal» auf die Frage, wie hoch er die Chancen sehe: «Hoch». Man dürfe die Familien, die Pendler und die Gewerbetreibenden mit den stark steigenden Preisen nicht allein lassen: «Das ist nicht die einzige Entlastungsmaßnahme, die wir brauchen, aber es ist eine wichtige und dringliche.»

Lindner sagte zu einem Tank-Zuschuss: «Wir sollten uns an der Marke von zwei Euro orientieren, das sollte beim Beginn dieser Maßnahme der Orientierungspunkt sein.» Ein «fixer Krisenrabatt» könnte 30 oder 40 Cent betragen. Lindner sprach von einer befristeten Maßnahme. Es gehe nicht darum, dass die einzelne Tankquittung abgerechnet werde, sondern die Mineralölgesellschaften würden die Gesamtmenge an Sprit beim Staat vorlegen. «Auf der Ebene würde dann der Staat interagieren, nicht auf der Ebene der einzelnen Tankquittung.»

In den ARD-«Tagesthemen» sagte Lindner, es gehe darum, spürbare Entlastungen sehr schnell zu organisieren. Ein von den Grünen vorgeschlagenes Energiegeld begrüße er. Dies setze aber komplizierte Gesetzgebung voraus. Die von der Union geforderte «Spritpreisbremse» könnte den Diesel nur um 14 Cent pro Liter günstiger machen.

Umfrage: Mehrheit der Bürger für Tankzuschuss

Mehr als zwei Drittel der Menschen in Deutschland sind einer Umfrage zufolge für einen Tankzuschuss zur Entlastung bei den Spritpreisen. 67 Prozent der Befragten halten einen Zuschuss für angemessen, wie eine am Dienstag veröffentlichte Erhebung des Instituts YouGov ergab. 23 Prozent fänden ihn trotz der gestiegenen Preise unangemessen. 10 Prozent machten keine Angabe.

Die Spritpreise liegen mit weit über zwei Euro pro Liter derzeit auf nie gekanntem Niveau, nachdem sie in den ersten beiden Wochen des Ukraine-Krieges beispiellos in die Höhe geschossen waren – teilweise um mehr als 10 Cent pro Tag. Diesel hat sich seit Kriegsbeginn laut Daten des ADAC um gut 64 Cent verteuert, Super E10 um fast 45 Cent. Nach Angaben des ADAC kostete Super E10 im bundesweiten Schnitt am Sonntag 2,199 Euro pro Liter, Diesel 2,305 Euro pro Liter.

Grünen-Chefin Ricarda Lang hatte gesagt, es gebe verschiedene Vorschläge. Die Entlastung dürfe nicht nur beim Benzinpreis ansetzen, auch Gas- und Lebensmittelpreise belasteten viele Menschen. Nötig sei eine soziale Ausrichtung. Maßnahmen müssten zudem Energiesparen und -effizienz bewirken. In den «Tagesthemen» sagte Lindner, «ich denke, beim Heizöl können wir noch etwas machen». Steigende Weltmarktpreise könne man aber nicht auf Dauer mit Steuergeld subventionieren. Es gehe darum, andere Energie-Lieferquellen zu erschließen und erneuerbare Energien auszubauen. «Und wir müssen auch bestimmte Festlegungen des Koalitionsvertrags der Ampel neu hinterfragen.» Lindner nannte die Förderung von Öl und Gas in der Nordsee, den Einsatz von Kohleenergie und auch übergangsweise von Kernenergie.

Gelbhaar: Temporeduzierung als «logische Antwort»

Der Grünen-Verkehrspolitiker Stefan Gelbhaar sprach sich für eine Temporeduzierung auf Straßen als «logische Antwort» auf die steigenden Spritpreise aus. «Wer langsamer mit dem Auto fährt, verbraucht auch weniger Sprit», sagte der verkehrspolitische Sprecher der Grünen-Bundestagsfraktion der Deutschen Presse-Agentur. Noch effektiver sei das Vermeiden von Fahrten oder der Umstieg auf fossilfreie und fossilarme Verkehrsmittel.

Von einem generellen Tempolimit sprach Gelbhaar nicht. In den Koalitionsverhandlungen hatten sich die Grünen mit dieser Forderung nicht durchsetzen können, vor allem die FDP ist gegen ein Tempolimit.

Bisher drosseln die Autofahrer in Deutschland trotz des Preissprungs bei den Spritkosten nicht das Tempo. Auf Autobahnen ist bisher kein Rückgang der Geschwindigkeiten festzustellen, wie Auswertungen der Verkehrsdatenanbieter Inrix und TomTom für die Deutsche Presse-Agentur ergaben.

Insbesondere auf der Autobahn aber ist der Verbrauch pro Kilometer stark von der gefahrenen Geschwindigkeit abhängig. Laut Umweltbundesamt verbraucht beispielsweise ein typisches Fahrzeug mit 90 Stundenkilometern auf der gleichen Strecke 23 Prozent weniger Sprit als mit einer Geschwindigkeit von 110 Kilometer pro Stunde.

«Unsere Geschwindigkeitsanalyse mehrerer Autobahnabschnitte in Deutschland lässt derzeit keine Veränderung der Fahrgewohnheiten aufgrund des Kraftstoffpreises erkennen», sagt Bob Pishue von Inrix. Bei TomTom verweist man darauf, dass es in der Woche «keine Anpassung im Fahrverhalten bezüglich der Durchschnittsgeschwindigkeit auf den betrachteten Autobahnen seit den Spritpreissteigerungen» gebe. An Wochenenden ergebe sich kein einheitliches Bild.

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