Bundesfinanzminister Christian Lindner hat den Tankrabatt trotz aller Zweifel an dessen Wirksamkeit verteidigt. Die Spritpreise wären ohne den Steuernachlass noch «wesentlich höher», sagte der FDP-Politiker in ARD und ZDF.
Grundsätzlich hieß Lindner auch den Vorstoß von Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) gut, das Kartellrecht zu verschärfen. Eine Übergewinnsteuer zur Abschöpfung von Extra-Gewinnen der Mineralölkonzerne lehnt der FDP-Chef weiterhin strikt ab, für die Koalitionspartner SPD und Grüne ist die Diskussion darüber aber noch nicht erledigt.
Zum 1. Juni war zur Entlastung der Autofahrer die Energiesteuer auf Benzin und Diesel deutlich gesenkt worden. An den Zapfsäulen wurde dies aber kaum spürbar. Lindner wehrte sich in der ZDF-Sendung «Berlin direkt» und in den ARD-«Tagesthemen» aber gegen den Eindruck, dass der Tankrabatt ein Rohrkrepierer sei. Er verwies auf gestiegene Weltmarktpreise, den starken Dollar und die Knappheit bei Raffinerien als Faktoren für die Preisbildung. «Ich habe den Eindruck, dass die Debatte da etwas emotional aufgeladen ist», befand Lindner im ZDF.
Grünen-Chefin: Rabatt entlastet Ölkonzerne
SPD-Chef Lars Klingbeil sagte der «Rheinischen Post»: «Der Tankrabatt ist für die Pendlerinnen und Pendler da, nicht für die Öl-Multis.» Grünen-Parteichefin Ricarda Lang räumte im ARD-«Bericht aus Berlin» ein, dass der Rabatt faktisch nicht die Menschen entlaste, sondern die Mineralölkonzerne. Dennoch halte ihre Partei an dem Steuernachlass fest. «Wir stehen zu Kompromissen, die wir gemeinsam in der Ampel-Koalition verabschiedet haben.» Klar sei aber: «Wir haben kein Interesse daran zuzuschauen, wie die Mineralölkonzerne große Gewinne machen.» Die Debatte über andere Instrumente wie eine Übergewinnsteuer sei noch nicht abgeschlossen.
Wirtschaftsminister Habeck hatte am Wochenende den Konzernen mit einem harten Durchgreifen gedroht. Er will das Kartellrecht verschärfen und notfalls auch eine Zerschlagung der Unternehmen ermöglichen. Zudem sollen unrechtmäßige Gewinne leichter abgeschöpft werden können. Das sieht im Kern ein Positionspapier des Bundeswirtschaftsministeriums vor, über das am Sonntag zunächst der «Spiegel» berichtete.
Unterstützung von SPD und FDP
Habeck warb um Unterstützung für sein Vorhaben. Er hoffe, «dass alle, die gefordert haben, dass das Kartellamt einschreitet, auch bereit sind, es in die Lage zu versetzen, einschreiten zu können», sagte Habeck der «Welt». «Das greift zwar jetzt nicht mehr für den Tankrabatt, aber es schärft die Schwerter für die Zukunft und sendet das klare Signal, dass Bereicherung auf Kosten anderer nicht so einfach geht.» Gleichwohl sagte er: «Ich verstehe die Enttäuschung und den Ärger von Verbraucherinnen und Verbrauchern, wenn Konzerne die Steuersenkung, die als Erleichterung für Pendlerinnen und Pendler gedacht war, einfach als Gewinn einstreichen.»
«Es ist gut, wenn da endlich auch durchgegriffen wird. Solche Preisabsprachen sind unanständig», sagte SPD-Chef Klingbeil zu Habecks Plan. Finanzminister Lindner erklärte, man werde sich die Umsetzung anschauen. «Die Richtung stimmt», unterstrich er. FDP-Chef Christian Dürr sagte dazu dem Redaktionsnetzwerk Deutschland: «Vorschläge, die verfassungskonform sind und Deutschland als Investitionsstandort nicht schaden, sind willkommen.» Die FDP lege hier insbesondere Wert auf die Schaffung von Transparenz über die Preisentwicklung an den Tankstellen.
Union kritisiert Habecks Vorschlag
Die Union bewertete den Vorstoß von Habeck hingegen skeptisch. Zwar betonte Fraktionsvize Thorsten Frei in der «Rheinischen Post», der Tankrabatt dürfe nicht zur Gewinnmaximierung missbraucht werden. Das Kartellamt habe aber bereits Eingriffsmöglichkeiten. Der CDU-Politiker warnte vor einem möglichen Eingriffsrecht der Behörde, das unabhängig von einem möglichen Missbrauch eingesetzt werden kann. «An dieser Stelle ist höchste Vorsicht geboten. Eine willkürliche Gewinnabschöpfung darf es nicht geben», sagte Frei. Unionsfraktionsvize Jens Spahn wertete Habecks Vorstellungen im RND als Eingeständnis der Koalition, «dass ihre Rabattmilliarden ohne Effekt versickern».
Der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Marcel Fratzscher, nannte Habeck Vorschlag dagegen eine «wichtige Initiative». Das Problem mit den Mineralölkonzernen sei nicht, dass diese per se Gewinne erzielten, «sondern dass sie ihre Marktmacht zulasten der Konsumenten missbrauchen», sagte der Ökonom der «Augsburger Allgemeinen» (Montag). Eine Reform des Kartellrechts werde aber zu spät kommen, um die Spritpreise zu senken, schränkte Fratzscher ein. Der Steuernachlass sei ein «Fehler mit Ansage».
Noch nicht erledigt ist die Debatte über eine Übergewinnsteuer, um krisenbedingte Extra-Gewinne mit einer Abgabe zu belegen. SPD-Chef Klingbeil äußerte sich ähnlich wie Grünen-Kollegin Lang und nannte es «überlegenswert, Unternehmen, die jetzt Extra-Gewinne machen, stärker zur Finanzierung des Gemeinwohls heranzuziehen». Der FDP-Chef hofft indes, dass mit Habecks Vorstoß das Thema Übergewinnsteuer vom Tisch ist. «Die würde unser Steuerrecht der Willkür und den politischen Stimmungsschwankungen ausliefern», warnte Lindner im ZDF.