Angela Merkel (l-r), Autor Jean-Claude Kuner und der Verdienstkreuzträger Ulrich Matthes im Schloss Bellevue. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Britta Pedersen/dpa)

Jahrelang waren Fotos von Angela Merkel so normal, dass man sie beim Nachrichtenlesen fast schon übersehen konnte. Alltag halt.

Seit dem Herbst aber ist das anders – die Auftritte der früheren Kanzlerin sind selten geworden. Am Dienstag kam sie nun ins Berliner Schloss Bellevue, weil Schauspieler Ulrich Matthes dort mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde. Manche kennen ihn aus dem Theater und viele aus dem Fernsehen.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier würdigte ihn als engagierten Staatsbürger und wunderbaren Schauspieler. Steinmeier sprach über Thomas Bernhards «Der Theatermacher», den Schauspielberuf – und über Buletten. Denn die, so erzählte er, habe es in der Kantine des Deutschen Theaters gegeben, wenn sie sich dort getroffen hätten.

Merkel und Matthes kennen sich vom Theater

Auch Merkel hat Matthes dort schon auf der Bühne gesehen. Der 62-Jährige hat sie mal als interessierte Theatergängerin beschrieben. «Sie fragt dann nach inszenatorischen oder spielerischen Details und denkt laut nach über das gerade Geschehene», schrieb er im Sammelband «Die hohe Kunst der Politik. Die Ära Angela Merkel».

Am Dienstag saß Merkel nun ruhig neben anderen Gästen in der ersten Reihe. Er sei «sehr gerührt, verlegen und nervös bin ich sowieso», sagte Matthes in seiner Dankesrede. Als er im Winter die Nachricht bekommen habe, dass er die Auszeichnung erhalten werde, habe er sich enorm gefreut. Diese Vorfreude sei allerdings durch Wladimir Putins Angriffskrieg auf die Ukraine getrübt worden. «Die Nachrichten und Bilder machen mit uns allen was», sagte Matthes. «Es ist Krieg in Europa und das ist schrecklich.»

Im Februar hatte Russland die Ukraine angegriffen, seitdem sind Millionen Menschen geflohen. Auch Fragen zu Merkels Regierungszeit sind seitdem aufgekommen. Die CDU-Politikerin war von 2005 bis 2021 Kanzlerin. Debatten hatte es zuletzt auch über einen geplanten Besuch Steinmeiers in Kiew gegeben – er hatte eigentlich im April dorthin fahren wollen, erhielt aber kurzfristig eine Absage.

Spielen als Fähigkeit zur Empathie

Matthes hielt in wenigen Minuten schließlich ein Plädoyer für gesellschaftliches Engagement. Die Demokratie sei ein fragiles Gebilde. Politikerinnen und Politiker müssten im Großen daran arbeiten und «wir alle anderen» müssten ihren kleinen Mikrokosmos beackern, damit sie lebendig bleibe. Seinen Beruf beschrieb er als Privileg – etwa im Spiel Abgründe auszuloten, aber eben auch «unser aller Glanz, unser aller Fähigkeit zur Fantasie, zur Empathie».

Matthes gehört zum Ensemble des Deutschen Theaters in Berlin. Er steht aber auch immer wieder vor der Kamera. Zuletzt war er etwa im Thriller «München – Im Angesicht des Krieges» bei Netflix zu sehen. Drei Jahre war er Präsident der Deutschen Filmakademie.

Im Laufe der Jahre hätten Merkel und er sich auch außerhalb des Deutschen Theaters ab und zu verabredet, schrieb er in dem Sammelband. In Erinnerung sei ihm eine Restaurantverabredung im Januar 2020. «Schon zur Begrüßung meinte sie: „Na, Sie sehen ein bisschen graumäusig aus, geht’s Ihnen nicht gut?“», schrieb Matthes. Sein Seelenzustand sei damals etwas verwackelt gewesen und sie habe sich die erste Dreiviertelstunde für ein Gespräch darüber genommen.

Am Dienstag sagte Merkel offiziell nichts während der Verleihung. Beim Gruppenfoto lächelte sie. Mit den Händen formte sie diesmal keine Raute. Die Kameras klickten. «Gut», sagte Steinmeier irgendwann und die Gäste zogen sich hinter geschlossene Türen zurück. Zumindest von Dienstag gibt es ein neues Bild von Angela Merkel.

Von Julia Kilian (Text) und Britta Pedersen (Foto), dpa

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