IG-Metall-Bezirksleiter Baden-Württemberg Roman Zitzelsberger (l) und Harald Marquardt von Südwestmetall nehmen an den Tarifverhandlungen der Metall- und Elektroindustrie teil. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marijan Murat/dpa)

Für die rund 3,9 Millionen Beschäftigten in der deutschen Metall- und Elektroindustrie sind die Tarifverhandlungen in die heiße Phase gegangen. Bei der fünften Verhandlungsrunde in Ludwigsburg bei Stuttgart steuern IG Metall und Arbeitgeber auf einen Einigungsversuch zu. Beide Seiten waren sich laut Gewerkschaft schon in den letzten Tagen näher gekommen. Somit bestanden Chancen auf einen Pilotabschluss im Südwesten. Der Bezirk Baden-Württemberg war in der Vergangenheit immer wieder Vorreiter für tarifliche Einigungen der Branche gewesen.

«Nicht nur Kreuzberger Nächte sind lang, sondern auch Tarifnächte sind lang», sagte IG-Metall-Bezirksleiter Baden-Württemberg Roman Zitzelsberger mit Blick auf die mögliche Dauer der Verhandlungsrunde. «Wir versuchen eine gemeinsame Lösung hinzukriegen. Es wird nicht einfach», sagte sein Widerpart Harald Marquardt von Südwestmetall.

Drohen weitere Warnstreiks?

Sollten die Verhandlungen scheitern, wollte der Vorstand der IG Metall noch in der Nacht zum Freitag das weitere Vorgehen beraten. Möglich sind demnach 24-Stunden-Warnstreiks in allen Tarifgebieten und Urabstimmungen mit anschließenden Flächenstreiks in einzelnen Regionen. «Da wäre Baden-Württemberg auf jeden Fall dabei», hatte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann gedroht. Sollte am Donnerstag keine Einigung gelingen, könne die Gewerkschaft auch nicht sehr schnell wieder an den Verhandlungstisch zurückkehren. Seit Ende der Friedenspflicht Ende Oktober hatten sich bereits Hunderttausende Metaller an Warnstreiks im gesamten Bundesgebiet beteiligt.

Allein in Baden-Württemberg nahmen laut Zitzelsberger mehr als 286.000 Beschäftigte seit Warnstreikbeginn an dem Arbeitskampf teil.

Vom Arbeitgeberverband Südwestmetall hieß es, man sei an einer konstruktiven Lösung interessiert und auf einen Einigungsversuch vorbereitet. Die Arbeitgeber wollen für den Tarifvertrag einen möglichst langen Zeitraum aushandeln, um den Unternehmen Planungssicherheit zu ermöglichen – bisher hatten sie eine nicht genau definierte Erhöhung der Gehaltstabellen an eine Laufzeit von 30 Monaten geknüpft. Zudem boten sie 3000 Euro als Einmalzahlung an.

Forderung der IG Metall

Die IG Metall war hingegen mit der Forderung nach acht Prozent mehr Geld auf eine Laufzeit von zwölf Monaten in die Gespräche gegangen – und damit der höchsten Forderung seit 2008. Es zeichnet sich ab, dass die 3000 Euro, die der Bund steuer- und abgabefrei ermöglicht, in mehreren Einmalzahlungen an die Arbeitgeber fließen sollen. Offen sind vor allem noch die Laufzeit und der Umfang der Gehaltserhöhungen. An der Basis gebe es nach zweieinhalb Wochen Warnstreiks eine hohe Erwartungshaltung, sagte Hofmann.

Die Tarifverhandlungen stehen in diesem Jahr unter dem Eindruck dramatisch gestiegener Preise für Energie und Materialien. Die Arbeitgeber fordern daher auch, Unternehmen, denen es jetzt schon schlecht geht, zu entlasten. Außerdem brauche es eine Verständigung darüber, was passiert, wenn es zu einer Energienotlage kommt.

Wohin sich die Gespräche entwickeln könnten, zeigt der Ende Oktober gezimmerte Abschluss in der Chemiebranche. Die IG Bergbau, Chemie, Energie hatte sich mit den Arbeitgebern auf zweimal 1500 Euro steuerfrei und zwei Stufen von je 3,25 Prozent geeinigt. Bei einer Laufzeit von 20 Monaten ergibt das laut Gewerkschaft im Schnitt fast 13 Prozent mehr und kann fast die aktuell hohen Inflationsraten ausgleichen.

Von