Das Mittelstands-Netzwerk AiF sieht die Förderung von Forschungsprojekten für kleine und mittlere Industrieunternehmen gefährdet. Hintergrund sind nach Darstellung der AiF Pläne des Bundeswirtschaftsministeriums für die Umsetzung des Förderprogramms «Industrielle Gemeinschaftsforschung» (IGF). Die bewährte themenoffene, gemeinsame Forschungsförderung ohne Firmenkonkurrenz könnte so Schaden nehmen, warnte AiF-Präsident Sebastian Bauer.
Die Arbeitsgemeinschaft industrieller Forschungsvereinigungen (AiF) führt Mittelstandsfirmen und Forschung zusammen. Kleine und mittlere Betriebe haben im Gegensatz zu großen Konzernen häufig keine eigene Abteilung für Forschung und Entwicklung. Über das AiF-Netzwerk mit 100 Forschungsvereinigungen, mehr als 50.000 eingebundenen Mittelstandsfirmen und 1200 beteiligten Forschungseinrichtungen soll ihnen Zugang zu Technologien erleichtert werden. Möglich ist dies auch über das Förderprogramm «Industrielle Gemeinschaftsforschung» (IGF), bei dem es um vorwettbewerbliche Forschung geht.
Probleme mit dem Vergaberecht
Das Bundeswirtschaftsministerium will für die künftige Umsetzung des Förderprogramms eine klassische Projektträgerschaft ausschreiben und hat daher den Vertrag mit der AiF zum 31. Dezember 2023 gekündigt. Das Wirtschaftsressort begründet dies damit, dass der Auftrag mit dem geltenden Vergaberecht nicht vereinbar sei. Die erfolgreiche «Industrielle Gemeinschaftsforschung» solle aber fortgeführt werden. Üblicherweise würden Förderprogramme durch Behörden oder auf Basis eines öffentlich ausgeschriebenen Projektträger-Vertrages durchgeführt, hieß es. «Dies ist auch für die IGF geplant.»
Die AiF hält dagegen, bei dem Vertrag aus dem Jahr 1996 handele es sich nicht um einen Auftrag, der dem Vergaberecht unterliege. Denn man erhalte vom Ministerium kein Entgelt für die AiF-Leistungen. Die AiF moniert zudem, dass ein Vorschlag des Bundesrechnungshofs zur rechtskonformen Ausgestaltung, bewährte Strukturen grundsätzlich nicht zu verändern, bisher abgelehnt werde. Der Erfolg der Gemeinschaftsforschung liege aber in der Struktur der AiF und ihrer Forschungsvereinigungen als Netzwerk. Die «unverständliche und besorgniserregende Entwicklung» lasse nur den Schluss zu, dass das Wirtschaftsministerium die AiF nicht mehr als Partner sehe.
Interessenkonflikt?
Der Bundesrechnungshof hatte in einem Prüfbericht von 2015 dem Ministerium einen «systembedingten Interessenkonflikt aufgezeigt». Dies betreffe den Punkt, dass die AiF einerseits wie ein Projektträger handele, andererseits ein hohes Eigeninteresse an der Förderung ihrer Mitglieder habe. Eine mögliche Konstruktion, die AiF zum alleinigen Zuwendungsempfänger der IGF zu machen, sei geprüft und letztlich abgelehnt worden, heißt es im Ministerium. Denn der Interessenkonflikt bestünde weiter, und die Steuerungshoheit des Wirtschaftsministeriums bei Fördermitteln im Rahmen der «bedeutsamen Industriellen Gemeinschaftsforschung» würde beeinträchtigt.
AiF-Präsident Bauer argumentiert, nur aufgrund des AiF-Netzwerks habe das Programm seine Wirkung. Die AiF sorge dafür, dass kleine und mittlere Unternehmen Zugang zum technologischen Fortschritt erhielten und Innovationsnetzwerke aufbauen könnten. Jährlich hätten IGF-Vorhaben etwa 25.000 direkte Unternehmensbeteiligungen. So lasse sich mit vergleichsweise geringen öffentlichen Mitteln eine wirksame Förderung der Innovationskraft im Mittelstand erzielen.
Die AiF hatte steigenden Bedarf an IGF-Mitteln verbucht, die Zahl der Projektanträge habe deutlich zugenommen. Lange stagnierten IGF-Fördermittel bei 169 Millionen Euro. 2020 wurde das IGF-Budget erstmals auf 200 Millionen Euro angehoben. In einer Bewertung des Programms für den Zeitraum September 2017 bis Dezember 2020 kamen Berater von Kienbaum zum Schluss, der Wettbewerb um Fördermittel habe sich intensiviert. IGF diene dem Wissens- und Technologietransfer in die Wirtschaft und erleichtere den Zugang zu Forschungsergebnissen.