Wer mit seinem Smartphone viel schlechteres Internet bekommt als vertraglich vereinbart, soll zukünftig weniger zahlen müssen. Ein Eckpunktepapier, das die Bundesnetzagentur für die Umsetzung eines Gesetzesanspruchs vorgelegt hat, bekommt nun aber scharfe Kritik von Verbraucherschützern. Die angepeilten Regeln für das Minderungsrecht seien enttäuschend, sagte die Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbandes (vzbv), Ramona Pop, in Berlin.
Das dazugehörige Messtool sei zwar «in der Theorie eine sehr gute Sache». In der von der Bundesnetzagentur vorgeschlagenen Form sei es für Verbraucherinnen und Verbraucher aber «nahezu unbrauchbar».
Das Minderungsrecht für Internetverträge gibt es bereits seit Ende vergangenen Jahres. Bisher gilt es nur für Festnetz-Anschlüsse. Wer über das Messtool breitbandmessung.de schwarz auf weiß bescheinigt bekommt, dass es eine zu große Kluft gibt zwischen vertraglichem Versprechen und tatsächlicher Leistung, kann die Reduktion seiner Monatszahlungen durchsetzen.
Regeln auch für unterwegs
Nun soll besagtes Minderungsrecht auf den Mobilfunk erweitert werden. Allerdings ist das komplizierter, da es nicht wie beim Festnetz einen konkreten Anschluss gibt, sondern die Mobilfunk-Antennen von allen Kunden in der Umgebung genutzt werden und der Bedarf stark schwankt.
Diese Schwierigkeit im Hinterkopf, schlug die Bundesnetzagentur moderate Vorgaben vor. Laut dem Eckpunktepapier, das ein Vorläufer ist zur späteren Verfügung, müssen in städtischen Bereichen mindestens 25 Prozent des geschätzten Übertragungs-Maximalwerts erreicht werden, in halbstädtischen Bereichen 15 Prozent und auf dem Land 10 Prozent. Wer also durch die Innenstadt einer Großstadt flaniert und laut Produktinformationsblatt seines Handyvertrags ein Download-Maximalspeed von 100 Megabit pro Sekunde zugesichert bekommen hat, muss eine Datenübertragung von mindestens 25 Megabit pro Sekunde haben.
Allerdings ist Durchhaltevermögen erforderlich, damit der Verbraucher den Minderungsanspruch bestätigt bekommt: Er muss mit dem Messtool der Netzagentur insgesamt 30 Messungen an fünf Kalendertagen vornehmen. Pro Tag müssen es je sechs Messungen sein, wobei zwischen der dritten und vierten Messung mindestens drei Stunden Pause liegen müssen und zwischen den anderen Messungen jeweils fünf Minuten.
An drei der fünf Messtage müssen die Vorgaben mindestens einmal eingehalten werden. Tun sie es nicht, greift der Minderungsanspruch. Dass im Umkehrschluss nur drei von 30 Tests ausreichen könnten, damit das Netz als ausreichend bewertet wird, hält die Verbraucherzentrale für «nicht nachvollziehbar». Das Messtool werde «zum zahnlosen Tiger», moniert Pop und weist darauf hin, dass Abweichungen zwischen Anspruch und Wirklichkeit im Telekommunikationsbereich schon seit langem ein Verbraucherärgernis sind.
Keine Unterschiede zwischen Stadt und Land
Pop fordert, dass bei den Tests nicht nur zu 10 bis 25 Prozent, sondern 90 Prozent der vertraglich zugesicherten Maximalbandbreite erreicht werden müssen. Zudem ist sie gegen eine Differenzierung zwischen Stadt und Land, weil dies dem Ansatz einer flächendeckenden mobilen Internetversorgung widerspreche.
Der Internet-Branchenverband VATM ist anderer Auffassung, er warnt vor überzogenen Vorgaben. VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner weist darauf hin, dass der Netzbetreiber auf die Auslastung einer Funkzelle nur sehr beschränkten Einfluss habe. «Von einem technischen Maximalwert unter optimalen Bedingungen nun einen fachlich begründbaren Bezug auf eine individuelle Versorgung herzustellen, ist eigentlich nicht seriös möglich.» Den Nutzern sei bei Vertragsabschluss «durchaus bewusst, dass dieser Maximalwert nicht überall in jeder Situation, zu jeder Zeit, an jeder Basisstation und bei jeder Auslastung erreicht werden kann».
Der Verbandsvertreter betont zudem, dass die Mobilfunk-Versorgung in geschlossenen Räumen unterschiedlich sei – ob unterm Dach oder im Keller. Zudem sei es klar, dass auf dem Land Frequenzen genutzt werden, die eine möglichst gute Flächenabdeckung mit geringeren Bandbreiten erreichten. Es gebe «kundenseitig nicht die Erwartungshaltung, dass das Netz die Maximalbandbreite überall gleichzeitig leisten könnte». Das wäre ohnehin nicht im Sinne des Kunden, weil die Preise dann «enorm steigen müssten».
Nach dem Eckpunktepapier wird die Bundesnetzagentur in den nächsten Monaten den Entwurf einer Allgemeinverfügung vorlegen, die nach einer Konsulationsphase mit Marktteilnehmern beschlossen wird. Bis Verbraucher das Mobilfunk-Messtool für ihren Minderungsanspruch nutzen können, dauert es noch.