Twitter hat sich in den vergangenen Jahren zu einer wichtigen Kommunikationsplattform entwickelt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Karl-Josef Hildenbrand/dpa)

Nach internationaler Kritik hat Twitter mehrere gesperrte Accounts von US-Journalisten wieder freigeschaltet. Twitter-Chef Elon Musk kündigte den Schritt unter Verweis auf eine Umfrage unter Nutzern des Online-Netzwerks an, bei der sich eine Mehrheit der knapp 3,7 Millionen Teilnehmer für ein sofortiges Ende der Sperren ausgesprochen hatte.

Die Vereinten Nationen begrüßten den Schritt, es blieben allerdings «ernste Bedenken». Musk solle sich verpflichten, Entscheidungen auf der Grundlage öffentlich zugänglicher Richtlinien zu treffen, welche die Rechte, einschließlich der Redefreiheit, respektierten, forderte der Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk.

Mehrere der ursprünglich gesperrten Accounts von Journalisten unter anderem der «New York Times», der «Washington Post» und von CNN konnten am Samstag wieder aufgerufen werden – allerdings nicht alle. Der Account der «Business Insider»-Journalistin Linette Lopez war auch am Sonntagmorgen (Ortszeit) weiter gesperrt. Ihr Konto war am Freitag ohne Erklärung gesperrt worden. Sie hatte zuvor immer wieder über den von Musk geführten Elektroautobauer Tesla berichtet. Am Samstagabend (Ortszeit) wurde außerdem der Account einer Journalistin der «Washington Post» gesperrt, die über Tech-Themen und Musk berichtet. Im Laufe des Sonntags wurde er wieder freigeschaltet.

Am Donnerstagabend hatte Twitter die Konten der prominenten US-Journalisten gesperrt. Die Sperrungen seien ohne Vorwarnung erfolgt, berichtete die «Washington Post».

Die Vereinten Nationen hatten sich daraufhin zutiefst beunruhigt über die Entwicklung des Online-Netzwerkes unter ihrem neuen Besitzer Musk gezeigt. Auch die Bundesregierung kritisierte die Sperrungen.

Musk bezieht sich bei Sperrung auf «Doxxing»

Bereits am Mittwoch hatte Twitter einen Account gesperrt, über den man den Privatjet von Konzernchef Elon Musk verfolgen konnte. Einige der zeitweise gesperrten Journalisten hatten darüber berichtet sowie über Musks Äußerung, er und seine Familie seien durch die Weitergabe von Standortdaten gefährdet worden. In mehreren Tweets in der Nacht zum Freitag schrieb Musk, für Journalisten gälten dieselben Regeln wie für alle anderen.

Er bezog sich dabei auf «Doxxing», nämlich die Weitergabe von persönlichen Daten einer Person, einschließlich Informationen wie der Adresse. «Sie haben meinen exakten Echtzeit-Standort gepostet, im Grunde die Koordinaten für ein Attentat», schrieb Musk. Er sprach von einem Verstoß gegen die Twitter-Nutzungsbedingungen.

Der Journalist Tony Webster, der ebenfalls von der Sperrung betroffen war, schrieb nach seiner Entsperrung auf Twitter, es habe kein «Doxxing» gegeben – «auch wenn ein leicht erregbarer, niemandem rechenschaftspflichtiger Oligarch das gesagt hat».

Auch die «Washington Post» wies die Vorwürfe zurück: «Die Post konnte keine Beweise dafür finden, dass die fraglichen Reporter Informationen über den Aufenthaltsort von Musk oder seiner Familie weitergegeben hatten.»

Bundesregierung begrüßt Freischaltung

Die deutsche Bundesregierung begrüßte nun die Freischaltung der Accounts. Bundesjustizminister Marco Buschmann sprach Musk «Respekt» dafür aus, eigene Fehler zu korrigieren. «Nicht gefällt mir, dass darüber abgestimmt wurde. Denn Meinungsfreiheit ist Minderheitenschutz», so der FDP-Politiker.

Musk hatte noch vor einigen Monaten geschrieben, er hoffe, dass selbst seine «schlimmsten Kritiker» auf Twitter blieben, denn das bedeute Meinungsfreiheit. Musk scheine nun aber auf willkürliche Weise seine Macht auszuspielen und Konten zu löschen, die ihm persönlich missfielen, schrieb die «New York Times». «Wie William Randolph Hearst und Rupert Murdoch vor ihm kontrolliert auch Musk heute ein einflussreiches Mittel der Massenmedienproduktion.»

Die «Washington Post» merkte an, dass sich nach der Sperrung der Accounts die Führung der betroffenen Medien zwar schnell kritisch über Musks Vorgehen geäußert habe. Aber alle – inklusive der «Post» – hätten weiter auf ihren offiziellen Accounts getwittert. «Die Verleger haben viel in Personal investiert, dessen Hauptaufgabe darin besteht, Geschichten über die sozialen Medien (…) zu bewerben.»

Online-Dienst zentral für Öffentlichkeitsarbeit

Der Online-Dienst hatte sich in den vergangenen Jahren zu einer wichtigen Kommunikationsplattform entwickelt: Auf der ganzen Welt nutzen Regierungen, Behörden und Politiker Twitter für ihre Öffentlichkeitsarbeit. Tech-Milliardär Musk hatte Twitter im Oktober übernommen und setzt bei dem Online-Dienst seitdem seine Vorstellungen durch. Musk hat sich auch immer wieder eindeutig politisch positioniert, die US-Republikaner beworben und Verschwörungstheorien geteilt.

Im November ließ der Tech-Milliardär den Account des früheren US-Präsidenten Donald Trump freischalten. Trump war seit Januar 2021 von Twitter verbannt. Er hatte am 6. Januar auf Twitter Sympathie für seine Anhänger bekundet, die den Sitz des US-Parlaments gestürmt hatten. Musk ließ auch andere Accounts wieder freischalten, die gegen die Nutzungsregeln des Dienstes verstoßen hatten.

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