Ließ sich bis dato noch nicht gegen Corona impfen: Bayern-Star Joshua Kimmich, der sich in Selbstisolation befinden soll. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sven Hoppe/dpa)

In der hochemotionalen Impfdebatte wollen die Länderchefs unwillige Fußballprofis nun am liebsten ins Abseits stellen. Die Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten sind sich einig: Auf dem Platz soll gelten, was auf den Rängen in einigen Stadien an diesem Wochenende Pflicht ist: 2G.

Sie appellieren an Vernunft und Solidarität mit den geimpften Anhängerinnen und Anhänger. «Das wäre ein Riesensignal, dass eine Identität zwischen Fans und Spielern herrscht», betonte Bayerns Landeschef Markus Söder am Freitag in München: «Denn die Fans im Stadion müssen viel auf sich nehmen und für die Fans sind die Fußballspieler da.»

Stars wie Joshua Kimmich, der Bedenken gegen die Impfung hat und am Freitag schon wieder nicht beim Training des FC Bayern wegen einer Selbstisolation mitmachen konnte, sollen als Impf-Beispiel im Kampf gegen die alarmierenden Rekordzahlen in der Corona-Pandemie vorangehen – wenn nicht aus Überzeugung halt unter Zwang. Wer sich nicht als genesen oder geimpft ausweisen kann, wäre dann raus.

«Zu Recht kann man vortragen, die Fußballer werden gut bezahlt, sind Vorbilder auch für junge Menschen. Ich finde, dann müssen sie sich auch benehmen wie Vorbilder», sagte Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst der «Bild» und untermauerte den Vorstoß der Länderchefs für ein Spielverbot für ungeimpfte Profis.

Was würde das bedeuten?

Probleme, einen Kader für den Spieltag zusammenzubekommen, dürfte wohl keine Mannschaft im deutschen Profi-Fußball haben. Die Quoten geimpfter oder genesener Spieler sind nach Angaben der Vereine sehr hoch, bei weitem höher als die generelle Impfquote in der Bundesrepublik.

Ein Argument, das den Vorstoß der politischen Entscheidungsträger der Bundesländer bremsen könnte. Zumindest hält es der Sport- und Arbeitsrechtler Martin Schimke für «schwer umsetzbar», weil es «unverhältnismäßig» sei, wie er der Deutschen Presse-Agentur sagte.

Offiziellen Angaben zufolge sind in der ersten und zweiten Liga knapp zehn Prozent der Profis nicht geimpft. In der Gesamtbevölkerung sind es rund 32 Prozent. Anders als beispielsweise im Pflegebereich kommen Fußballer in ihrer Berufsausübung eigentlich auch nicht mit vulnerablen Gruppen in Kontakt.

Für Beschäftigte in Krankenhäusern, Pflege- und Behindertenheimen sowie bei mobilen Pflegediensten hatten sich die Ministerpräsidentinnen und -ministerpräsidenten mit der geschäftsführenden Bundesregierung am Donnerstag darauf verständigt, dass die Länder sie zur Corona-Impfung verpflichten wollen. Dies gilt «einrichtungsbezogen» und bei Kontakt mit besonders gefährdeten Personen.

Eine Frage der Umsetzbarkeit

Appelle, sich impfen zu lassen, ob aus Schutz der eigenen Gesundheit, ob als Zeichen sozialen Handelns in einer Gemeinschaft, ob als Beitrag, um Intensivstationen nicht zu überlasten, gibt es seit Wochen, es gibt sie seit Monaten. Aber sie erreichen einen Teil der Bevölkerung einfach nicht.

Ob Fußball-Profis von ihrer Berufsausübung ausgeschlossen werden könnten, wenn sie sich nicht impfen lassen, ist eine rechtliche Frage. «Ich würde den Ländern raten, in das Prozessrisiko reinzugehen», sagte Verfassungsrechtler Hans Michael Heinig von der Georg-August-Universität Göttingen der Deutschen Presse-Agentur. Die Gesetzeslage sei jedoch etwas unklar.

Das eine ist Freizeitvergnügen – der Besuch eines Fußballspiels. Das andere ist Berufsausübung – am Fußballspiel unmittelbar teilnehmen. «Ob wir das umgesetzt kriegen, müssen wir jetzt prüfen», hatte CDU-Politiker Wüst am Donnerstag bereits mit Blick auf ein Spielverbot ungeimpfter Profis betont.

Zwischen Außenwirkung und Binneneffekten

«Das Thema mit den Fußballern ist immer das Lieblingsthema für alle, das interessiert dann am Ende mehr als die Politik selbst», wetterte Kölns Trainer Steffen Baumgart, selbst nach eigenen Angaben auch schon mit dem Booster versehen, am Freitag: «Ich glaube, dass wir ganz andere Baustellen haben.» Argumente, die auch nicht wegzudiskutieren sind.

«Man soll sich nichts vormachen und das nicht nur als Symbolpolitik sehen, weil es auch eine hohe Impfquote im Profifußball gibt, sondern weil auch diese Kontaktsportart damit umgehen muss, dass sie mit vielen Impfdurchbrüchen konfrontiert ist», betont aber der ehemalige Vorsitzende des Ethikrates, Peter Dabrock. Der Profifußball solle daher an dieser Stelle «die gebotene gesellschaftliche Verantwortung ergreifen».

Die Vorreiterrolle des Sports habe nicht nur eine symbolische Funktion, «sondern eine, die einen ganz realen medizinischen und damit auch gesellschaftlichen und ethischen Hintergrund hat», sagte der Theologie-Professor der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg.

Vorbildrolle, Verantwortung – es sind die Begriffe, die in der Diskussion um Impfungen für Fußballprofis sicherlich die größte Rolle spielen. Doch es geht auch schlicht darum, dass nicht geimpfte Spieler allein als Kontaktpersonen schneller ausfallen – wie bei Kimmich.

Dessen Trainer Julian Nagelsmann vom FC Bayern machte klar: «Ich habe schon den Anspruch, dass die Spieler, die nicht geimpft sind, das verstehen, dass die Gefahr als Ungeimpfter deutlich größer ist, mehr Spiele und Trainingseinheiten zu verpassen als als Geimpfter. Ich glaube nicht, dass ich das einem Spieler klarmachen muss.» Das sei offensichtlich und liege auf dem Präsentierteller.

«Ungeimpfte sind für uns, abgesehen von der Gesundheit, ein Risiko für den Spielbetrieb», betonte jüngst der Chef der Deutschen Eishockey Liga, Gernot Tripcke in der «Frankfurter Allgemeinen Zeitung». Jeder Ungeimpfte sei einfach ein zusätzliches Risiko für Infektionseinträge, erklärte Gesundheitsökonom Florian Kainzinger, der unter anderem die Profiligen im Fußball, Basketball und Eishockey bei der Entwicklung ihrer Hygienekonzepte beraten hatte, beim NDR. Impfungen unter Sportlerinnen und Sportlern, die es noch nicht sind, brächten also ganz nüchtern betracht auch mehr Planungssicherheit. Doch diese Diskussion ist und bleibt hochemotional.

Von Jens Marx, dpa

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