Hulk (Mark Ruffalo) und She-Hulk (Tatiana Maslany) sind miteinander verwandt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marvel Studios/Marvel Studios/Disney+/dpa)

Bei der Menge an Marvel-Filmen und Marvel-Serien kann man leicht den Überblick verlieren. Das musste auch Tatiana Maslany, Hauptdarstellerin in «She-Hulk: Die Anwältin», feststellen. Sie ist froh, dass Marvel-Produzent Kevin Feige mit ihr nachsichtig war.

«Glücklicherweise hat er nicht verlangt, dass ich mir alles vorher anschaue», sagt Maslany im Interview der Deutschen Presse-Agentur in London und lacht. «Ich denke, ihm ist klar, dass es ein enormes Universum ist. Ich weiß, dass einige Leute es chronologisch von Anfang bis Ende gesehen haben. Ich bin noch nicht so weit gekommen.»

Achte Serie aus dem Marvel-Universum

«She-Hulk: Die Anwältin» startet am 18. August beim Streamingdienst Disney+ und ist die achte TV-Serie aus dem Marvel Cinematic Universe, das zudem bereits 29 Kinofilme umfasst, die alle mehr oder weniger untereinander verknüpft sind. «She-Hulk» hat direkte Verbindungen zu den «Hulk»-, «Avengers»- und «Doctor Strange»-Filmen und spielt quasi parallel zu «Shang-Chi and the Legend of the Ten Rings».

Die Anwältin Jennifer Walters alias Jen (Maslany) ist die Cousine von Avengers-Mitglied Bruce Banner (Mark Ruffalo), der bekanntlich zum grünen Hulk wird, wenn er wütend oder gestresst ist. Als Jen und Bruce bei einem Autounfall verletzt werden, mischt sich ihr Blut – und Jen wird fortan ebenfalls grün und kräftig. Immerhin bleibt sie als Hulk bei klarem Verstand.

Ohnehin sei sie als Frau darin geübt, ihre Wut zu kontrollieren. «Das mache ich die ganze Zeit», erklärt sie. «Wenn ich auf der Straße belästigt werde, wenn inkompetente Männer mir mein eigenes Fachgebiet erklären wollen. Ich mache das jeden Tag, sonst heißt es, ich wäre ‚emotional‘ oder ’schwierig‘.»

Mit feministischen Untertönen

Autorin Jessica Gao hat die Serie mit feministischen Kommentaren und Beobachtungen gespickt. Maslany will «She-Hulk» aber nicht vorrangig als feministische Serie bezeichnen. «Es gibt definitiv feministische Untertöne», sagt sie, «aber es ist keine Show, die versucht, dir zu sagen, wie du zu irgendwas stehen sollst. Es ist ja außerdem eine Komödie, also wird einem hier nichts vorgeschrieben. Es ist eher so, dass man auf Jens Seite ist, man wird in ihre Lage versetzt. Es ist feministisch in der Hinsicht, dass wir diese gewaltige Veränderung in ihrem Leben aus ihrer Perspektive erleben.»

Jen will keine Superheldin sein, sondern weiter in Los Angeles als Anwältin arbeiten. Doch als es bei einer Gerichtsverhandlung zu einem Zwischenfall kommt, greift sie als Hulk durch und wird zum Star, der von allen «She-Hulk» genannt wird. «Dieser Name bleibt hoffentlich nicht, er ist so dämlich», schimpft sie in einer Folge.

Auch Maslany hat gemischte Gefühle bei dem Namen, der nach einem «Hulk-Anhängsel» klinge. «Es ist so reduzierend», sagt sie und lacht. «Es ist ärgerlich, aber gleichzeitig liebe ich den Namen auch.» Die Serie spielt geschickt mit dieser Ambivalenz.

Wohin die Reise für Jennifer Walters alias She-Hulk in den neun Folgen geht, ist nach den ersten vier Episoden noch nicht abzusehen. In ihrem ersten Fall als Anwältin in Grün soll sie ausgerechnet Emil Blonsky alias Abomination (Tim Roth) vertreten, der einst ihren Cousin töten wollte (2008 in «Der unglaubliche Hulk», als Edward Norton die Rolle von Banner/Hulk spielte). Hat sich Blonsky tatsächlich gewandelt, wie er behauptet? Es bleibt spannend.

Wie datet man eigentlich als She-Hulk?

Die witzige Serie nimmt sich durchgehend selbst aufs Korn und überrascht mit originellen Gags, Gastauftritten und Randthemen. Haben Superheldinnen eine Krankenversicherung? Ist Captain America als Jungfrau gestorben? Und wie datet man eigentlich als She-Hulk? Wie in den Comics durchbricht die Hauptfigur mehrfach – vielleicht etwas zu häufig – die vierte Wand und spricht zum Publikum. Der subtile Humor ist lustiger als der weniger subtile, aber die Mischung stimmt.

Auch über Internet-Trolle, die sich über «She-Hulk» beschwerten, macht sich die Serie lustig. Schließlich handelt es sich mitnichten um ein «Produkt des Genderwahns» oder den «Genderwechsel» eines beliebten Superhelden. Das erste «She-Hulk»-Comic erschien vor über 40 Jahren, im Februar 1980, bei Marvel und sollte bereits mehrfach verfilmt werden. Umso erfreulicher, dass Autorin Gao nun eine gleichermaßen vorlagengetreue und zeitgemäße Adaption gelungen ist.

Einziger Kritikpunkt ist leider die Computer-Animation von She-Hulk, die mitunter zu künstlich aussieht. Das sorgte nach Veröffentlichung des Trailers schon im Internet für Fankritik. Bleibt zu hoffen, dass Marvel noch etwas nachgebessert hat. Denn die knapp 30-minütigen Folgen mit viel Liebe zum Detail sind wirklich unterhaltsam, kurzweilig und machen Lust auf mehr. Ein Marvel-Kenner muss man dafür übrigens nicht sein, aber es hilft.

PS: Eine Warnung: Wer die Kultserie «Die Sopranos» noch anschauen will, riskiert bei «She-Hulk: Die Anwältin» einige Spoiler. Denn eine der prominenten Figuren ist Fan der beliebten Mafia-Saga.

Von Philip Dethlefs, dpa

Von