Aktuell laufen die Arbeiten für das Stahldach des Hauptgebäudes. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Helmut Fricke/dpa)

Im Süden des Frankfurter Flughafens scheint es auf den ersten Blick die Corona-Krise nie gegeben zu haben. 40 Kräne drehen sich über der Baustelle des derzeit größten privat finanzierten Infrastruktur-Projekts in Europa.

Der Betreiber Fraport baut mit einem Aufwand von 4 Milliarden Euro das dritte Passagier-Terminal, das im Endausbau rund 25 Millionen Passagiere fassen soll. Das entspricht dem Fluggastaufkommen des Flughafens Düsseldorf im Vorkrisenjahr 2019. Doch die ersten fertiggestellten Gebäude werden vorerst gar nicht gebraucht.

Jahrelang kannte die Entwicklung des größten Flughafens in Deutschland nur eine Richtung. Nicht erst seit dem Passagierrekord von 70,5 Millionen Menschen im Jahr 2019 wollten die Verantwortlichen einen weiteren Ausbau des Drehkreuzes mit einer zusätzlichen vierten Bahn und einem dritten Abfertigungskomplex.

Die Landebahn Nordwest ist seit 2011 in der Nutzung, und auch das neue Terminal steht in der zuvor heiß umkämpften Planfeststellung, die neben einem Nachtflugverbot auch mehr als 700.000 Flugbewegungen im Jahr vorsieht. Bei einem bisherigen Höchstwert von gut 500.000 Flugbewegungen ist die Kapazität des Drehkreuzes eher durch die Passagierabfertigung begrenzt, während Bahnensystem und Flugsicherung deutlich mehr Flugverkehr hergeben würden. Entsprechend hart bekämpfen die Initiativen der Ausbaugegner das Terminal 3.

Doch die Pandemie hat im internationalen Luftverkehr vieles verändert. Frankfurt erwartet im laufenden Jahr höchstens 25 Millionen Passagiere, eine Zahl, die selbst bei umfangreichsten Hygiene-Maßnahmen locker in den bestehenden Gebäuden abgewickelt werden kann. Das Vor-Corona-Niveau werde man voraussichtlich erst in den Jahren 2025/26 wieder sehen, sagt Fraport-Chef Stefan Schulte.

Just zu diesem Zeitpunkt soll nach mehreren Verschiebungen das Terminal 3 ans Netz gehen. Es hat die doppelte Brutto-Geschossfläche der Frankfurter EZB-Zentrale und verbraucht so viel Stahl wie 15 Pariser Eiffeltürme. Aktuell laufen die Arbeiten für das 18 Meter hohe Stahldach des Hauptgebäudes, das als Landmarke neben dem 69 Meter hohen Tower für die Vorfeldlotsen stehen wird. «Der Rohbau ist zu 70 bis 80 Prozent fertig», sagt Bauleiter Christian Bierend.

Das gilt aber nur für das Hauptgebäude und die zwei Flugsteige H und J. Der auf Druck der Billigflieger vorgezogene zweite Bauabschnitt mit dem Flugsteig G könnte eigentlich schon im nächsten Jahr ans Netz gehen, doch es besteht vorerst kein Bedarf. Die als Kunden gefragten Airlines halten sich in der Krise zurück, planen extrem kurzfristig und fliegen noch lange nicht auf Vorkrisenniveau.

Man werde den Flugsteig G in der ersten Jahreshälfte 2022 schlüsselfertig übernehmen und in den «ruhenden Betrieb» setzen, heißt es bei Fraport. Die tatsächliche Inbetriebnahme werde spätestens im Frühjahr 2026 zusammen mit dem übrigen Terminal erfolgen, könne bei Bedarf aber auch vorgezogen werden. Dafür bräuchte es dann aber eine Vorlaufzeit von etwa 12 Monaten, um die Abläufe mit Statisten zu überprüfen sowie die Läden zu vermieten und einzurichten. Zu den Kosten des ruhenden Betriebs will sich Fraport nicht äußern, geht aber von einer «niedrigen zweistelligen» Kopfzahl für das benötigte Personal im Geister-Terminal aus.

Viel Kritik gab es in der Rhein-Main-Region zudem an der verkehrlichen Anbindung des neuen Terminals. Dort ist zwar Platz für eine eigene Autobahnabfahrt, 10 Kilometer neue Straßen und eines der größten kommerziellen Parkhäuser Europas mit 8500 Stellplätzen. Eine S-Bahn wird es aber vorerst nicht geben, weil sie bislang über den Status einer Vorplanung nicht hinausgekommen ist.

Umsteiger aus den beiden bestehenden Terminals oder der Fernbahn erreichen die neuen Gebäude nur mit einer überirdisch geführten «Skyline-Bahn», die 5,6 Kilometer um die Start- und Landebahnen herumgeführt werden muss.

Von Christian Ebner, dpa

Von