Nach dem Einlenken des bisherigen Niedrigsteuerlandes Irland ist eine wichtige Hürde für eine globale Reform der Unternehmenssteuern genommen worden.
Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) hat am Freitag bei einem Treffen in Paris die technischen Gespräche nach jahrelangen Verhandlungen mit einer Einigung beendet. International tätige Firmen sollen demnach unabhängig von ihrem Sitz mindestens 15 Prozent Steuern zahlen, wie die OECD mitteilte. Die Regelung soll ab 2023 greifen. Von den 140 OECD-Mitgliedern schlossen sich lediglich Kenia, Nigeria, Pakistan und Sri Lanka bisher nicht an.
Die G20-Finanzminister hatten im Juli zwei Neuerungen beschlossen: International tätige Firmen sollen unabhängig von ihrem Sitz «mindestens» 15 Prozent Steuern zahlen. Zahlt ein Unternehmen mit seiner Tochterfirma im Ausland weniger Steuern, kann der Heimatstaat die Differenz einkassieren. Das soll verhindern, dass Gewinne in Steueroasen verlagert werden. Außerdem sollen große Unternehmen nicht mehr nur in ihrem Mutterland besteuert werden, sondern auch da, wo sie gute Geschäfte machen. Die OECD rechnet allein durch die Mindeststeuer mit 150 Milliarden Dollar (etwa 130 Mrd Euro) Steuer-Mehreinnahmen weltweit.
Scholz: Wichtiger Schritt zur Steuergerechtigkeit
«Wir sind heute einen weiteren wichtigen Schritt hin zu mehr Steuergerechtigkeit gegangen», sagte Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD). «Insbesondere die Zustimmung der Staaten der Europäischen Union ist ein großer Erfolg und wird dafür sorgen, dass die Reform rasch EU-weit umgesetzt werden kann.» EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen sprach von einem historischen Moment. «Dies ist ein wichtiger Schritt, um unser globales Steuersystem fairer zu machen.»
US-Finanzministerin Janet Yellen begrüßte die Einigung als eine Errungenschaft der Wirtschaftsdiplomatie, wie sie nur einmal in einer Generation vorkomme. «Wir haben unermüdliche Verhandlungen in Jahrzehnte gesteigerten Wohlstands verwandelt – sowohl für Amerika als auch für die Welt», sagte Yellen nach einer von ihrem Ministerium verbreiteten Mitteilung. Ihr französischer Kollege Bruno Le Maire sprach von einer wesentlichen Einigung für die Volkswirtschaften der Länder. «Diese Übereinkunft öffnet den Weg für eine Steuerrevolution.»
Auch bekannte Steueroasen wie die Cayman-Inseln sind nun an der Übereinkunft beteiligt. Ebenso Irland, das sich kurz vor der OECD-Einigung dem internationalen Druck beugte. Das Kabinett in Dublin beschloss am Donnerstagabend, den Steuersatz für Firmen mit einem Umsatz von mehr als 750 Millionen Euro von 12,5 auf 15 Prozent zu erhöhen. Irland, wo digitale Großkonzerne ihren Europa-Sitz haben, vermeidet damit weiteren Streit mit der G20-Gruppe der Top-Wirtschaftsmächte.
Donohoe: «Es ist die richtige Entscheidung»
Dublins Zusage wurde von der OECD vermittelt. Der irische Finanzminister Paschal Donohoe sagte, es handle sich um eine weitreichende Reform des weltweiten Steuerrahmenwerks. «Es ist die richtige Entscheidung. Es ist eine sensible und pragmatische Entscheidung.» In dem EU-Land sind Dutzende Unternehmen mit Hunderttausenden Beschäftigten von der Änderung betroffen, die vermutlich 2023 in Kraft treten wird. Die Regierung in Dublin schätzt ihre Einbußen aufgrund der Steuererhöhung auf 800 Millionen bis 2 Milliarden Euro pro Jahr. Neben Irland hatten sich aus der EU auch Estland und Ungarn bisher gegen die Reform gestemmt.
Auch in Estland gab es einen Schwenk, wie die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas am Donnerstagabend mitteilte. «Wir haben den ganzen Sommer intensive Verhandlungen geführt, um eine Situation zu erreichen, in der estnische Unternehmer so wenig wie möglich von dieser globalen Steuer betroffen sind», sagte Kallas.