Zwei führende Wirtschaftsforschungsinstitute verbreiten für dieses Jahr mäßigen Konjunkturoptimismus: Deutschland droht in diesem Jahr trotz Ukraine-Kriegs kein Einbruch der Wirtschaftsleistung, auch die Arbeitslosigkeit soll weiter sinken.
Doch setzten sowohl das Münchner Ifo-Institut als auch das Kiel Institut für Weltwirtschaft (IfW) am Mittwoch ihre Inflationsprognosen hoch.
Ifo erwartet für dieses Jahr ein Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent, das IfW ist mit 2,1 Prozent vorsichtiger. Im vergangenen Jahr hatten beide Institute noch eine schnellere Erholung nach der Corona-Pandemie prophezeit, der Ukraine-Krieg bremst aber die Konjunktur. «Die deutsche Wirtschaft steht vor einer mühsamen Erholungsphase», sagte IfW-Vizepräsident Stephan Kooths.
Doch auch wenn der russische Angriff auf die Ukraine den Aufholeffekt bremst, bringt er das Wachstum nicht zum Erliegen. Nach zwei Corona-Jahren steht Deutschland aber nach wie vor schwächer da als vor Beginn der Pandemie. «Die Wirtschaftsleistung liegt derzeit noch immer ein Prozent unter dem Vor-Corona-Niveau von Ende 2019», sagte Ifo-Konjunkturchef Timo Wollmershäuser laut Mitteilung.
Ersparnisse in Milliardenhöhe
Es gibt also Aufholbedarf, für das kommende Jahr sagen beide Institute nach wie vor kräftiges Wachstum von über drei Prozent voraus: das IfW 3,3 Prozent, Ifo 3,7. Dabei gehen die Einschätzungen der Wirtschaftswissenschaftler in Nord und Süd auseinander: Ifo erhöhte seine Prognose für das nächste Jahr, das IfW setzte sie herunter.
Zur kräftigen Zunahme des Bruttoinlandsprodukts sollen maßgeblich die privaten Haushalte beitragen, die nach zwei Jahren coronabedingt gebremsten Konsums auf hohen Zusatzersparnissen in dreistelliger Milliardenhöhe sitzen und wieder mehr ausgeben könnten. Ein zweiter Faktor ist der hohe Auftragsbestand der Industrie.
Die Inflation wird nach Erwartung beider Institute so hoch ausfallen wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Auch in dieser Hinsicht ist München optimistischer als Kiel: Das Ifo-Institut erwartet mittlerweile eine Rate von 6,8 Prozent, das IfW sogar von 7,4 Prozent.
Zahl der Arbeitslosen sinkt
IfW-Vizepräsident Kooths machte für die Teuerung das Zusammenwirken mehrerer Faktoren verantwortlich: wegen Lieferengpässen eingeschränktes Angebot bei gleichzeitig hoher Nachfrage und zum Teil weiter steigenden Energiepreisen. «All das ist ein Cocktail, der die Preise mittlerweile so stark steigen lässt wie fast noch nie in der Nachkriegsgeschichte», sagte Kooths. Der Wissenschaftler warnte vor der Gefahr, dass die Geldentwertung sich verfestigt.
Beide Institute gehen aber weiter von einem arbeitnehmerfreundlichen Arbeitsmarkt aus: Laut Ifo-Institut könnte die Zahl der Arbeitslosen in diesem Jahr von 2,6 auf 2,3 Millionen sinken, die Arbeitslosenquote würde damit von 5,7 auf 5,0 Prozent zurückgehen. Das IfW erwartet eine unwesentlich höhere Quote von 5,1 Prozent. Wie immer stehen alle Prognosen unter Vorbehalt.