In Deutschland müssen seit Februar auch für unverpacktes Fleisch von Schweinen, Schafen, Ziegen und Geflügel das Aufzucht- und das Schlachtland auf Schildern angegeben werden. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jens Kalaene/dpa)

Bundesagrarminister Cem Özdemir hat bei einem Treffen mit seinen EU-Amtskollegen Druck für mehr Herkunftsangaben bei Lebensmitteln gemacht. Unterstützt von Österreich, Frankreich und anderen Staaten forderte der Grünen-Politiker, dass bei deutlich mehr Lebensmitteln als bislang kenntlich gemacht werden muss, wo sie produziert wurden. Es brauche diese Ausweitung, damit Verbraucher kompetente Kaufentscheidung treffen könnten, sagte Özdemir.

Der 58-Jährige kritisierte zudem die EU-Kommission, die entgegen ihrer Zusagen noch keine Vorschläge für eine bessere Kennzeichnung von Lebensmittel vorgelegt habe. «Wir werden da jedenfalls weiterhin Druck machen», kündigte er an. Das Herkunftsland muss bereits bei vielen Lebensmittel angegeben werden, etwa bei frischem Obst und Gemüse.

In Deutschland müssen seit Februar auch für unverpacktes Fleisch von Schweinen, Schafen, Ziegen und Geflügel das Aufzucht- und das Schlachtland auf Schildern angegeben werden. 

Özdemir will am liebsten Kennzeichnung «überall»

«Wir können überall nur dort aktiv werden, wo Brüssel erklärt hat, dass es selber nichts macht», erläuterte Özdemir am Freitag seinen nationalen Alleingang. Am liebsten wäre ihm «überall» eine Kennzeichnung einzuführen, damit Bürgerinnen und Bürger erkennen könnten, ob ein Produkt aus der Heimat komme, sagte er auf Nachfrage.

Kritik an Deutschlands Vorstoß kam unter anderem aus Dänemark. Eine verbindliche Ursprungskennzeichnung führe möglicherweise zu mehr Lebensmittelabfällen. Zudem könne das Vorhaben auch zu zusätzlicher Verwaltungsbelastung und höheren Preisen führen, sagte der dänische Agrarminister Jacob Jensen. 

Parallel zu dem Treffen protestierten europäische Milchbauern für bessere Einkommen. Unter dem Motto «Ein faires Einkommen für die Landwirte jetzt!» richteten die Demonstrantinnen und Demonstranten ihre Forderungen an die tagenden EU-Agrarminister, an die Europäische Kommission und das Europaparlament, wie der Verband European Milk Board (EMB) mitteilte. Die Dachorganisation europäischer Milchbauern aus mehr als 15 Ländern hatte den Protest organisiert.

Friedlicher Protest mit Kuhfiguren

Die Demonstranten kamen mit großen Kuhfiguren in ihren jeweiligen Landesfarben. Dies sollte die Vielfalt der Bewegung symbolisieren. Im Gegensatz zu früheren Bauernprotesten in der belgischen Hauptstadt blieben die Landwirte friedlich.

Während des Treffens machte sich Özdemir zu Fuß auf den Weg zu den Demonstrantinnen und Demonstranten. In seiner Rede sagte Özdemir unter anderem: «Hören Sie nicht und hört nicht auf diejenigen, die Ihnen sagen, dass der Kampf gegen die Klimakrise, der Kampf gegen das Artensterben, ein Nachteil sei für die Interessen der deutschen Landwirtschaft.» Zudem kritisierte er die stark auf Subventionen ausgerichtete EU-Agrarpolitik. Dies habe zu der Situation geführt, in der sich Milchbauern jetzt befänden. Die rund 30 Teilnehmer äußerten immer wieder Zustimmung zu den Aussagen des Ministers.

Forderung nach Ausnahmen für Schutzstatus von Wölfen

Österreich brachte bei dem Treffen zudem das Thema Wolf auf die Tagesordnung. Dass sich geschützte Raubtiere, wie etwa der Wolf, wieder vermehrt in der EU ansiedeln, habe zu Problemen in der Land- und Forstwirtschaft geführt, heißt es in einem Papier Österreichs. Wien fordert unter anderem, dass es Ausnahmen von Schutzregelungen für besonders betroffene Gebiete wie die Alpenregion gibt, in denen extensive Landwirtschaft traditionell eine wichtige Rolle spielt. Nach Angaben des österreichischen Landwirtschaftsministeriums sieht auch eine qualifizierte Mehrheit der EU-Staaten Handlungsbedarf. 

Özdemir signalisierte Verständnis für das Vorhaben Österreichs. «Es ist schön, dass der Wolf wieder da ist, aber in der Landwirtschaft hat er einfach schlicht und ergreifend meines Erachtens nichts verloren», so der Minister. Seine Fantasie reiche nicht aus, um sich einen vernünftigen Schutz vor Wölfen etwa an Deichen oder Almen vorzustellen. «Wollen wir da jetzt ernsthaft überall Zäune einziehen? Da langt man sich ja an Kopf», sagte Özdemir. Dies habe auch Konsequenzen für Naturschutz, wenn in diesen Regionen zahlreiche Zäune gebaut würden. 

Lob für die Haltung kommt vom Koalitionspartner. Die Bundestagsabgeordnete Ulrike Harzer bezeichnete diese als immensen Fortschritt. «Im Interesse der Landwirte und Tierhalter ist es nun dringend notwendig, auch seine zuständige grüne Umweltministerkollegin Steffi Lemke zu überzeugen einem Absenken des Schutzstatus auf geschützt zuzustimmen», sagte die FDP-Politikerin.

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