Der Hamburger Online-Händler Otto rechnet im Weihnachtsgeschäft trotz weltweiter Logistikprobleme kaum mit Lieferengpässen.
«Für das Weihnachtsfest wird es eine weitestgehend gute Versorgung geben, weil diese Ware schon lange hier ist», sagte der Vorsitzende des Otto-Bereichsvorstands, Marc Opelt, der Deutschen Presse-Agentur. Er schließe zwar nicht aus, dass zu Weihnachten bei insgesamt 7,8 Millionen aktiven Posten das eine oder andere fehle. Mit größeren Schwierigkeiten rechne er aber – wenn überhaupt – erst im Frühling. «Alles, was an Ware bei uns schon im Lager ist, können wir auch verkaufen. Aber alles, was noch kommt, kann unter Umständen schwierig werden.»
Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt der Bundesverband E-Commerce und Versandhandel Deutschland (BEVH). Die meisten Onlinehändler hätten ihre Lager längst gefüllt, sagte ein Sprecher. «Das erklärt, warum die Versorgung für das Weihnachtsgeschäft mit Ausnahme absoluter Trendartikel weiterhin sichergestellt erscheint.» Mehr als 90 Prozent der Online-Händler hätten zwar Engpässe, aber nur gut 20 Prozent befürchteten, in erheblichem Umfang die Nachfrage nicht bedienen zu können. So seien Spielkonsolen zwar weltweit über alle Handelskanäle teils schwer zu erhalten. «Allerdings könnten die globalen Prozesse im E-Commerce auch dann noch Waren zugänglich machen, wenn im lokalen Umfeld Artikel nicht mehr verfügbar sind.»
Wegen der Unwägbarkeiten wollte Opelt keine Umsatzprognose für das bei Otto jeweils bis März laufende Geschäftsjahr abgeben. «Im Moment sind wir sehr zufrieden mit den Geschäften.» Unter anderem habe sich die Kundschaft deutlich verjüngt. So betrug das Wachstum laut Opelt in den vergangenen 365 Tagen bei den 25- bis 34-Jährigen rund ein Viertel, bei den 18- bis 24-Jährigen war es sogar rund ein Drittel. Im Geschäftsjahr 2020/2021 hatte die zur Otto-Gruppe gehörende Otto GmbH & Co. KG ihren Umsatz um 30 Prozent auf 4,5 Milliarden Euro gesteigert.
Opelt verteidigte das Online-Angebot etwa von Fernsehern, Waschmaschinen und Kühlschränken mit einer teils schlechten Energieeffizienz. Die Kundinnen und Kunden sollten aus einer möglichst großen Palette aussuchen können. Allerdings weise Otto inzwischen nicht nur den Energieverbrauch, sondern teils auch die CO2-Bilanz der Geräte aus. Zudem werde nachhaltig produzierte Mode auffällig gekennzeichnet. «Wir versuchen alle Informationen so transparent zu machen, dass die Kundinnen und Kunden eine fundierte Entscheidung treffen können.» Ziel sei, immer mehr nachhaltige Ware zu verkaufen. Schon jetzt sei zumindest festzustellen, dass «die günstigeren Geräte nicht unbedingt die sind, die in großen Stückzahlen gekauft werden».
Opelt appellierte an Kunden, Produkte möglichst so auszusuchen, dass Retouren gar nicht erst anfallen – also nicht etwa Turnschuhe in drei verschiedenen Größen zu bestellen, um sich dann das passende Paar auszusuchen und den Rest zurückzuschicken. Am kostenlosen Rückversand halte Otto aber trotz gesetzlich anderer Möglichkeiten fest.
Natürlich könnte man den Kunden die Rückgabe der Ware möglichst schwermachen, sagte Opelt. Dann gebe vielleicht der eine oder andere auf. «Aber dann hat die Kundin ein Produkt, was ihr im Zweifel nicht passt oder nicht gefällt.» Außerdem werfe das kein gutes Licht auf den Verkäufer. Eine große Umweltbelastung durch Retouren-Fahrten des konzerneigenen Logistikunternehmens Hermes sieht Opelt nicht. «Die Zusteller sind sowieso unterwegs und nehmen die Rücksendungen dann gleich mit.»
Zur Menge der zurückgeschickten Ware äußerte sich der Online-Händler nicht und verwies nur darauf, dass es im vergangenen Geschäftsjahr sechs Prozent weniger gewesen sei. Am meisten würden Textilien und am wenigsten Möbel und Elektrogroßgeräte zurückgeschickt. Der Branchenverband BEVH geht davon aus, dass 2018 – also vor der Pandemie – 280 Millionen Pakete und 487 Millionen Artikel an die Händler zurückgeschickt wurden. Das entspreche jedem sechsten ausgelieferten Paket und jedem achten bestellten Artikel.