Ein Laden in London wirbt für den um Mitternacht startenden Verkauf von Prinz Harrys Memoiren mit dem Titel «Spare», zu Deutsch: «Reserve» (Urheber/Quelle/Verbreiter: Kirsty Wigglesworth/AP/dpa)

Er schnupfte mehrmals Kokain, erlebte sein erstes Mal mit einer älteren Frau und geriet handfest mit Bruder William aneinander: Nach Bekanntwerden zahlreicher Details können Royal-Fans nun alle Anekdoten aus Prinz Harrys Autobiografie selbst nachlesen. «Reserve», wie der deutsche Titel des Buchs lautet, erschien in der Nacht zum Dienstag. In London öffneten einige Buchläden eigens schon um Mitternacht für den Verkauf.

Bereits seit Tagen zitieren vor allem britische Medien aus «Reserve». Das Buch unterliegt eigentlich einer strengen Sperrfrist, war aber am vergangenen Donnerstag versehentlich vorübergehend in Spanien zu kaufen gewesen.

«Mein geliebter Bruder, mein Erzfeind»

Das über 500 Seiten starke Buch hat Harry mit einer Widmung versehen: «Für Meg und Archie und Lili… und natürlich für meine Mutter». Zu Beginn beschreibt Harry eine Begegnung mit seinem Vater und seinem Bruder William nach der Beerdigung von Prinz Philip im April 2021. Er habe damals um dieses «geheime Treffen» gebeten, um einen Ausweg aus dem schweren Familienzerwürfnis zu finden.

Doch der Streit bei dem gemeinsamen Spaziergang sei «so hitzig» geworden, dass König Charles III. – damals noch Thronfolger – seine Söhne gebeten habe: «Bitte, Jungs – macht mir meine letzten Jahre nicht zur Hölle», schreibt Harry in dem Buch. Und er stellt sich die Frage: «Mein geliebter Bruder, mein Erzfeind, wie hatte das geschehen können?»

In mehreren Interviews mit britischen und US-TV-Sendern hat Harry seinen Familienmitgliedern und dem Hofpersonal schwere Vorwürfe gemacht. Sie hätten die Stimmung gegen ihn und seine Ehefrau Herzogin Meghan angeheizt, indem sie der britischen Boulevardpresse Informationen gegen das Paar zugesteckt hätten. Im US-Sender ABC forderte der 38-Jährige, vor einer möglichen Versöhnung müsse die Royal Family Verantwortung übernehmen. Eine Rückkehr in die erste Reihe der königlichen Familie schloss er grundsätzlich aus. Ein solcher Schritt sei «unüberlebbar», sagte Harry. «Das ist wirklich traurig, denn das zerstört im Wesentlichen die Beziehung zwischen uns.»

Königshaus schweigt bislang

Harry und seine Ehefrau Herzogin Meghan (41) hatten ihre royalen Pflichten bereits vor längerer Zeit aufgegeben und wohnen mit den Kindern Archie (3) und Lilibet (1) in Kalifornien.

In dem Buch spricht Harry viel über die schwierige Beziehung zu Prinz William und die Entfremdung zwischen ihm und dem aktuellen Thronfolger. Ihre Mutter, die 1997 tödlich verunglückte Prinzessin Diana, wäre traurig, wenn sie den Streit zwischen den Brüdern erleben müsste, sagte Harry im Gespräch mit ABC.

Zuvor hatte er im Interview des britischen Senders ITV der Royal Family vorgeworfen, seine Ehefrau Meghan nicht gegen die britischen Medien verteidigt zu haben. William und dessen Ehefrau Prinzessin Kate hätten Meghan nicht willkommen geheißen. Grund seien teils rassistische Vorurteile der britischen Boulevardpresse gegen die geschiedene Ex-Schauspielerin gewesen. Das Königshaus schweigt bislang zu den Anschuldigungen. Harry zufolge hat er derzeit keinen Kontakt zu Bruder William oder Vater König Charles III.

Über Elizabeth II.: «Sie wusste, was los war»

Der Herzog von Sussex kritisierte auch seine Stiefmutter Queen Camilla heftig. Camillas Bedürfnis, ihr Image aufzubessern sowie ihre Bereitschaft, Beziehungen zur britischen Presse aufzubauen, machten sie gefährlich, behauptete er im Gespräch mit ABC. Zugleich nahm er Camilla in Schutz. Sie sei «keine böse Stiefmutter», sagte Harry und betonte, er liebe alle Familienmitglieder sehr.

Zu seiner Großmutter Queen Elizabeth II., die im September gestorben war, habe er eine sehr gute Beziehung gehabt, sagte er. «Sie wusste, was los war. Sie wusste, wie schwer es war. Sie sagte mir nie, dass sie sauer war. Ich glaube, sie war traurig, dass es so weit kam», erzählte Harry über seinen Auszug aus dem Königshaus.

Im englischen Original lautet der provokative Titel des Buches «Spare». Das Wort spielt auf die Redewendung «the heir and the spare» an – also «der Erbe und der Ersatz». In diesem Fall wäre Prinz William (40) als Thronfolger der Erbe, sein jüngerer Bruder Harry der Ersatz, der höchstens beim Tod des Älteren zum Zuge kommen könnte.

Harry soll für die Biografie, die er gemeinsam mit dem Ghostwriter J.R. Moehringer verfasst hat, eine Vorauszahlung von umgerechnet 20 Millionen Euro erhalten haben. Er hat angekündigt, einen Teil der Erlöse zu spenden. Nach Angaben in dem Buch hat der Herzog von Sussex bereits 1,5 Millionen Dollar (1,4 Mio Euro) an die von ihm mitgegründete Organisation Sentebale gestiftet, die an Aids erkrankte Kinder und Aidswaisen im südlichen Afrika unterstützt.

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