Mit der Besetzung will die Initiative «Tesla stoppen» eine Rodung des Waldstücks und eine Erweiterung des Tesla-Geländes verhindern. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Gollnow/dpa)

Die Umweltaktivisten im besetzten Wald nahe der Tesla-Fabrik in Grünheide bei Berlin haben sich auf einen wochenlangen Protest eingerichtet. «Je länger die Besetzung dauert, desto besser», sagte eine Sprecherin der Initiative «Tesla stoppen» am Freitag. Die Besetzung des Waldstücks aus Protest gegen die geplante Erweiterung des Tesla-Geländes begann in der Nacht zum Donnerstag. Die Initiative rief weitere Unterstützer auf, das Camp zu besuchen und noch Material wie Bauholz, Sägen, Kletterausrüstung und Hängematten mitzubringen. «Wir hoffen, dass noch mehr Leute vorbeikommen.» Auch politisch dürfte der Streit um Ausbaupläne Teslas anhalten.

Streit ums Fabrik-Abwasser

In der Kritik steht das US-Unternehmen von Elon Musk auch, weil er nach amtlichen Messungen bestimmte Abwasserwerte in Grünheide überschritten hat. Der zuständige Wasserverband Strausberg-Erkner kam deshalb am Freitag zu einer Sondersitzung zusammen. Das Ergebnis: Tesla muss derzeit nicht mit einem Stopp seiner Abwasser-Entsorgung rechnen. Die Verbandsversammlung kam aber nicht zu einer Einigung. Vielmehr sei eine Beschlussvorlage zu einem Entsorgungstopp vertagt worden, teilte der Vorsitzende der Verbandsversammlung, Henryk Pilz mit. Warum sie vertagt wurde, bleib zunächst unklar. Der Bürgermeister der Kleinstadt Erkner trat im Anschluss als Vorsitzender des Gremiums zurück.

Zuvor hatte der US-Elektroautobauer Tesla den Wasserverband vor einem Entsorgungsstopp gewarnt. «Ihnen ist bekannt, dass der Stopp einer Einleitung der Abwässer der Gigafactory zu einem Produktionsstopp der Gigafactory führen würde. Ein solcher Beschluss verursacht täglich einen Schaden in Millionenhöhe», hieß es in einem Schreiben des Unternehmens. Der Linksfraktionschef im Landtag, Sebastian Walter, kritisierte bei X: «Hier wird alles weggeräumt, was den Profiten von #tesla im Weg steht.» Tesla müsse sich endlich an Regeln halten.

Polizei hält sich am Protestcamp zurück – aber Strafverfahren eingeleitet  

Im Camp neben der E-Autofabrik kamen nach Angaben der Initiative um die 80 bis 100 Umweltaktivisten zusammen. Sie errichteten Baumhäuser in mehreren Metern Höhe, spannten Seile zwischen den Kieferbäumen und schlugen Zelte auf. Die Protestinitiative will die Rodung des Waldes für eine Tesla-Erweiterung verhindern. Etliche der Umweltaktivisten, die ihre Gesichter teils nicht zeigten, waren auch bei Protestaktionen im Hambacher Forst oder im Braunkohle-Dorf Lützerath dabei.

Der E-Autobauer plant, neben dem 300 Hektar großen bestehenden Werksgelände einen Güterbahnhof, Lagerhallen und einen Betriebskindergarten zu errichten. Dafür sollen mehr als 100 Hektar Wald weichen. Erweiterungspläne von Tesla waren auch bei einem Bürgerentscheid in Grünheide vor einigen Tagen mehrheitlich abgelehnt worden. Die Gemeindevertretung entscheidet nun nach dem negativen Bürgervotum voraussichtlich im Mai über den Bebauungsplan.

 Die Polizei sieht keinen Anlass, das Zeltlager im Wald aufzulösen, beobachtet das Geschehen dort aber. «Man hat auch weiterhin ein Auge drauf», sagte ein Sprecher. Der Protest im Kiefernwald kann bis zum 15. März fortgesetzt werden, wie die Polizei entschieden hatte. Da die Versammlung aber nicht angemeldet gewesen sei, sei ein Strafverfahren wegen eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz eingeleitet worden, sagte ein Sprecher am Freitag.

Von der Initiative hieß es: «Wir sind gesprächsoffen, lassen uns aber nicht aus dem Wald verdrängen.» An diesem Samstagnachmittag ist in Grünheide ein Waldspaziergang aus Protest gegen Tesla geplant sowie ein Klavierkonzert im Wald. Tesla äußerte sich auf Nachfrage bislang nicht zu dem Protestcamp neben der Fabrik – auch die Gemeinde Grünheide nicht. 

Forderung an Brandenburgs Regierungschef

Die Bürgerinitiative Grünheide solidarisierte sich mit dem Protest und rief Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) dazu auf, das Camp zu besuchen und mit den Besetzern zu sprechen. Die Umweltschützer kritisieren neben der geplanten Rodung von Wald unter anderem auch den Abbau von Lithium für Batterien. Sie werfen Tesla eine Gefährdung des Trinkwassers vor und schlechten Arbeitsschutz. «Saubere Autos sind eine dreckige Lüge» und «Wasser ist ein Menschenrecht» war auf Plakaten zu lesen.

Ostbeauftragter: Protest bei Planung von Großprojekten auch mitdenken 

Mit Blick auf den Widerstand gegen Großfabriken wie Tesla rät der Ostbeauftragte der Bundesregierung, Carsten Schneider, den Unternehmen, bei den Menschen am Ort für sich zu werben. Aus Schneiders Sicht sind Industrieansiedlungen auch in Ostdeutschland kein Selbstläufer mehr. «Ich nehme da in Ostdeutschland eine Veränderung wahr», sagte der SPD-Politiker der Deutschen Presse-Agentur. «Früher wurde praktisch jedes Großprojekt begrüßt, solange es nur Arbeitsplätze brachte. Jetzt gibt es vereinzelt auch mal Widerstände. Das muss man bei der Planung künftig mitdenken.»

Kritik an Kommunikation von Tesla

Die Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg (UVB) rieten dem Autobauer zu einer offensiveren Kommunikation und Informationspolitik. «Es ist eine ein bisschen ungewöhnliche Strategie, mit niemandem zu sprechen, außer mit den zuständigen Stellen», sagte der UVB-Hauptgeschäftsführer Alexander Schirp am Freitag im RBB-Inforadio. «Da ist sehr viel Luft nach oben, weil man ja Botschaften senden kann, die auch die Kraft haben zu überzeugen», meinte Schirp. So sei kaum bekannt, dass Tesla für das Werk «keinen einzigen Euro Fördergeld» vereinnahmt habe. 1200 der 12.000 Beschäftigten – also ein Zehntel – seien aus der Arbeitslosigkeit heraus eingestellt worden.

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