Zwei nackte Frauenkörper sitzen mit verhüllten Gesichtern wie Deko-Objekte im Raum. Ein ausgeschnittenes Foto einer afrikanischen Maske, vermenschlicht mit einem nackten Frauenkörper und Augen, schielt mit kritischem Seitenblick auf eine schwarze Prinzessin.
Die Collagen der südafrikanischen Künstlerin Teresa Kutala Firmino werfen den Blick zurück auf das Publikum und hinterfragen kritisch ihren Platz in der Welt – und auch in Museen.
Die Auswirkungen des Kolonialismus sind zentrales Thema zahlreicher afrikanischer Werke, die gerade auf der Kunstmesse Kapstadt in Südafrika zu sehen waren. Reich an Symbolik, erforschen Künstler komplexe Themen wie kulturelles Erbe, Unterdrückung, historisches Unrecht und Identität – und klinken sich so in eine Debatte ein, die in Deutschland derzeit heiß diskutiert wird.
Afrikanische Perspektiven
«Museumskultur ist etwas sehr europäisches, und im Zusammenhang mit Afrika mit einer gewalttätigen Geschichte verbunden», sagt Firmino. Mit ihrer Kunst wolle sie heilen, indem sie afrikanische Geschichten aus anderer Perspektive nacherzähle, nicht der europäischen, erklärt die 29-Jährige.
In europäischen Museen sind bis heute Zehntausende afrikanische Kunstwerke ausgestellt, die einst während der Kolonialzeit geraubt wurden, in der auch Deutschland bis 1919 aktiv war. Somit befindet sich ein Großteil des afrikanischen Kulturerbes heute außerhalb Afrikas. Kritische Stimmen beanstanden, die Objekte würden hauptsächlich aus europäischer Perspektive inszeniert. Ihr Stellenwert in der afrikanischen Kunst- und Kulturgeschichte bleibe oft unbelichtet.
Deutschland und Frankreich arbeiten derzeit aktiv an der Restitution vieler dieser Werke. Vor fünf Jahren beschloss Präsident Emmanuel Macron, die Rückgabe wichtiger Kunstobjekte in die Wege zu leiten. In Deutschland gibt es ähnliche Pläne: Derzeit sind etwa 1100 kunstvolle Bronzen aus dem Palast des damaligen Königreichs Benin, das heute zum westafrikanischen Nigeria gehört, in rund 20 Museen zu finden. Die Bundesregierung will noch dieses Jahr substanzielle Rückgaben der größtenteils aus den britischen Plünderungen des Jahres 1897 stammenden Werke machen.
Emotionale Schäden
Doch kann Restitution historische Ungerechtigkeiten korrigieren? Die Debatte treibt nicht nur Europa um, sondern auch Afrika. Rückgaben allein seien nicht ausreichend, um den kulturellen und vor allem emotionalen Schaden zu begleichen, den der Raub angerichtet habe, meint die unabhängige Kunstberaterin Phillippa Duncan. Entlang der restituierten Werke müsse Raum für offene Debatten auf Augenhöhe geschaffen werden. «Wir brauchen mehr Dialog. Wir müssen unterschiedlichen Interpretationen und Ansichten Gehör verleihen; in Europa sowie hier in Afrika», so Duncan.
Firmino will mit ihrer Kunst genau solche Diskussionen anstoßen. Hierfür sammelt sie Bilder aus Zeitschriften, Zeitungen, historischen Dokumenten und sozialen Medien und platziert sie theatralisch in farbenfrohen, eingerahmten Bildern, die teils einer Bühne gleichen. In diesen eng begrenzten Innenräumen will sie Geschichte neu konstruieren, alternative Diskurse schaffen und so ihr eigenes Archiv afrikanischer Vergangenheit erstellen. «Wir heilen, indem wir unsere Geschichten nacherzählen», erklärt Firmino. Restitution sei dabei unabdinglich, damit Afrikaner afrikanische Kultur in Afrika erleben können.
Restitution allein genügt nicht
Für die südafrikanische Künstlerin Thania Petersen, 42, kann die Rückführung von Raubkunst allein keine Wunden heilen. «Nicht nur unsere Kunst wurde gestohlen, auch unsere kulturelle Identität», sagt Petersen, deren Werke sich mit tiefsitzender, historischer Ungerechtigkeit sowie deren heutigem Ausdruck als soziale Benachteiligung beschäftigen. «Wir werden immer überboten, sind immer unterlegen, weil wir aufgrund der kolonialen Vergangenheit noch immer nicht mit Europa gleichgestellt sind», sagt Petersen und beklagt das langsame Tempo der Wiedergutmachung.
Petersens Worte sind harsch und misstrauisch, aber leidenschaftlich und geprägt vom Wunsch nach einer gerechteren Welt. Sie betrachtet Restitutionen als «reine Gesten, oft eine Ausrede, um sich vor der echten Arbeit zu drücken. Weil De-Kolonialismus der letzte Schrei ist, macht jeder jetzt das Nötigste, um sich besser zu fühlen», glaubt sie. Es gehe Europäern vor allem darum, ihr Gesicht zu wahren, doch das Trauma säße zu tief, um es mit Rückgaben zu heilen. Es brauche viel mehr, sagt Petersen und wünscht sich eine Art «Kunststeuer für Afrika», die in Programme fließe, die Afrikanern auf psychologischer Ebene helfen, das emotionale Trauma der Kolonialzeit aufzuarbeiten.