Die deutsche Reisewirtschaft sieht sich nach den harten Corona-Jahren auf Kurs zum Rekordumsatz des Vor-Pandemie-Jahres 2019. «Die Talsohle aus dem Jahr 2021 ist endgültig durchschritten», sagte der Präsident des Deutschen Reiseverbandes DRV, Norbert Fiebig, am Montag anlässlich der Internationalen Tourismus-Börse (ITB) in Berlin. «Unsere Erwartung ist, auf dem Umsatzniveau des Rekordjahres 2019 – also Vor-Corona – abzuschließen.» Trotz der hohen Inflation sei das Bedürfnis der Menschen nach Urlaubsreisen groß.
In den vor der Pandemie traditionell buchungsstarken Monaten Januar und Februar zog die Nachfrage nach Veranstalterreisen dem DRV zufolge in diesem Jahr stark an. Die Neubuchungseingänge in Reisebüros und auf Online-Reiseportalen hätten fast durchgängig die Vergleichswochen des Vor-Corona-Jahres übertroffen. «Wir sehen eine Trendumkehr: Die Urlaubswilligen buchen wieder deutlich früher und nutzen die aktuellen Frühbucherermäßigungen der Reiseanbieter», berichtete der DRV-Präsident. «Die Reisewirtschaft ist bereit, 2023 durchzustarten.» Dafür brauche die Branche aber einen stabilen, störungsfreien Flugverkehr, mahnte Fiebig.
Im vergangenen Jahr hatte die sprunghaft gestiegene Nachfrage nach Flugreisen nach der Aufhebung der meisten Corona-Beschränkungen die Luftverkehrsbranche an ihre Grenzen gebracht. Die Folgen an deutschen Flughäfen waren Verspätungen und Ausfälle sowie lange Wartezeiten beispielsweise an Gepäckausgaben und Sicherheitskontrollen.
Reisemesse ITB steht nur noch Fachbesuchern offen
Im Tourismusjahr 2021/2022 (1. November 2021 bis 31. Oktober 2022) buchten Urlauber den Angaben zufolge Pauschalreisen im Wert von 25,9 Milliarden Euro, gegenüber dem Vorjahr war das ein Anstieg um 148 Prozent. Damit nähere sich der Wert der Pauschal- und Bausteinreisen der Veranstalter wieder den Vor-Corona-Ständen an. «Die Pauschalreise ist zurück», sagte Fiebig.
Insgesamt stiegen die Ausgaben der Bundesbürger für vorab gebuchte Leistungen von 28,8 Milliarden Euro im Reisejahr 2020/2021 auf nun 58,6 Milliarden Euro. Sie lagen damit zum Vor-Corona-Wert noch 15,7 Prozent im Minus. Erfasst werden dafür Urlaubs- und Privatreisen ab mindestens einer Übernachtung, die vor Reiseantritt gebucht wurden.
Erstmals seit Beginn der Pandemie trifft sich die Reisebranche in diesem Jahr wieder in Berlin auf der ITB. Im Gegensatz zu den Vor-Corona-Jahren steht die Reisemesse (7. bis 9. März) nun aber nur noch Fachbesuchern offen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will die ITB am Montagabend (18.00 Uhr) offiziell eröffnen.
DER-Touristik-Manager: Die Reiselust ist zurück
Nach dem Comeback des Tourismus müssen sich Last-Minute-Schnäppchenjäger in diesem Jahr nach Einschätzung von DER-Touristik-Manager Ingo Burmester auf schwierigere Zeiten einstellen. «Hoteliers und Airlines sind zögerlich geworden bei Last-Minute-Schnäppchen», sagte der Zentraleuropa-Chef des zweitgrößten deutschen Reisekonzerns der Deutschen Presse-Agentur.
Reisende müssen sich angesichts der stark gestiegenen Inflation auf höhere Preise einstellen. «In der Summe entsprechen die Preissteigerungen in etwa dem Anstieg der Verbraucherpreise», sagte Burmester. «Günstigere Preise, die wir bereits mit viel Vorlauf in der Vergangenheit beim Einkauf von Hotel- und Flugkapazitäten verhandelt haben, geben wir selbstverständlich an die Kunden weiter.»
Der Reiseveranstalter rechnet damit, das Niveau der Zeit vor der Coronakrise in diesem Jahr auf dem deutschen Markt klar zu übertreffen. «Wir gehen davon aus, dass das Reisejahr 2022/2023 beim Buchungsumsatz spürbar über dem Niveau vor der Pandemie liegen wird, mindestens im hohen einstelligen Prozentbereich», sagte Burmester. Die Hauptmarke Dertour und ihre Schwestermarken ITS und Meiers Weltreisen verzeichneten seit Jahresbeginn eine starke Nachfrage mit Buchungsumsätzen über dem Vor-Corona-Niveau. «Die Reiselust ist wieder zurück.»