Taco Dibbits, Generaldirektor des Rijksmuseums, spricht über die Ausstellung "Remember Me" (dt: Vergiss mich nicht), während das Porträt einer jungen Frau von Petrus Christus auf die Leinwand projiziert wird (Urheber/Quelle/Verbreiter: Peter Dejong/AP/dpa)

Mächtige Kaiser, extravagante Fürsten und wohlhabende Bürger: Sie ließen sich schon im 15. und 16. Jahrhundert gerne porträtieren.

«Die Mächtigen und Reichen Europas wollten nicht vergessen werden», sagte der Direktor des Amsterdamer Rijksmuseums, Taco Dibbits, am Dienstag bei der Präsentation der Ausstellung «Vergiss mich nicht».

Das Rijksmuseum zeigt ab 1. Oktober die umfangreiche Ausstellung europäischer Porträts der Renaissance aus internationalen Sammlungen. Mehr als 100 Spitzengemälde sind zu sehen von Malern wie Hans Holbein, Albrecht Dürer, Tizian und Paolo Veronese. Spitzenwerke wurden auch von Museen aus Basel, London, Madrid und Washington zur Verfügung gestellt.

Rund 1470 beginnt in Europa die erste Blüte der Porträtmalerei. Kaiser, Kaufleute und Künstler verband der tiefe Wunsch, nach dem Tod nicht vergessen zu werden. «Es ist die Angst vor der Vergänglichkeit», sagte Matthias Ubl, Konservator des Museums. Die Auftraggeber wollten, dass man sich an sie erinnert. Eltern wollten eine Erinnerung an ihre Kinder oder an die Familie.

Doch dahinter steckten auch andere Wünsche. So ein Porträt sollte auch Macht ausstrahlen, Ehrgeiz, Reichtum oder Gelehrtheit. Kaiser Karl V. ließ sich etwa von Tizian hoch zu Ross abbilden. Sein Sohn, Philipp II. zeigte sich in glänzender Rüstung von Kopf bis Fuß. Die Botschaft war deutlich: Hier steht ein Herrscher. Das wollten auch Kirchenfürsten und Kaufleute. Jan Mostaert malte das erste bekannte «Porträt eines afrikanischen Mannes» (1525-1530) und zeigt ihn als einen Herrn mit Autorität.

Genau wie damals wollten die Auftraggeber möglichst vorteilhaft aussehen. Daher bestimmten sie auch oft die Komposition. Kostbare Hermelinkragen, Edelsteine oder Waffen betonten die gesellschaftliche Position. Die Ausstellung handele «auch von Macht und Ehrgeiz, aber vor allem von Schönheit», sagte Museumsdirektor Dibbits.

«Schönheit war in jener Zeit vor allem Tugend», sagte der Konservator Ubl. Rätselhaft mit sittsamer Haube blickt die junge Frau auf dem Gemälde von Petrus Christus (ca. 1470). Das «Bildnis einer jungen Frau» aus der Berliner Gemäldegalerie ist einer der Höhepunkte der Ausstellung. Bei manchem Abbild fragt man sich, ob es tatsächlich mit der echten Person übereinstimmt. Ein unbekannter florentinischer Maler malte die «Dame in rot» (1440-1450) mit einem fast unendlich langen Hals und einer sehr hohen Stirn – die Hälfte des Kopfes war schlicht rasiert, elfenbeinfarbige Haut, rosige Wangen und kirschroter Mund.

Auch Paare ließen sich malen wie etwa der Reformator Martin Luther und Katharina von Bora von Lucas Cranach vermutlich um 1525. Ein Juwel ist das Doppelporträt des Bürgermeisterpaares von Basel, «Jakob Meyer zum Hasen und seine Frau Dorothea Kannengiesser» (1516) von Hans Holbein aus dem Kunstmuseum Basel.

Und schließlich die Selfies. Die Maler selbst porträtierten sich gerne. Sofonisba Anguissola, schon damals eine international berühmte Malerin, nutzte die Selbstporträts, so vermutet der Konservator, auch als Werbe-Mittel.

«Die Schönheit dieser Meisterwerke führt uns in eine andere Zeit», sagt der Konservator. Und sie zeigen einen ganz menschlichen Wunsch: Vergiss mich nicht!

Von Annette Birschel, dpa

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