Riad statt Ally Pally? Wie die Darts-WM rasant wächst
Luke Littler ist eines der Zugpferde der Darts-WM. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Zac Goodwin/PA Wire/dpa)

Bunt verkleiden, aus riesigen Bierhumpen trinken und lautstark Lieder singen: Die größte Darts-Party der Welt geht in die nächste Runde und dürfte auch in diesem Jahr ein Millionenpublikum vor den Fernseher locken. Wenn bei der WM in der Kultstätte Ally Pally wieder die Pfeile fliegen, haben die allermeisten Fans allerdings überhaupt keine Chance auf ein Ticket. 

Der Grund: Das Interesse an dem Event wächst stetig. Das als große Sause inszenierte WM-Turnier ruft immer größeres Zuschauerinteresse hervor – was auch an besonderen Protagonisten wie dem 17 Jahre jungen Senkrechtstarter Luke Littler liegt. In diesem Jahr gab es dem Weltverband PDC zufolge über 300.000 Anfragen für Karten. Alle WM-Tickets waren vergriffen, bevor der freie Verkauf ohne einen extra Zugang überhaupt beginnen konnte.

Buhlt Saudi-Arabien auch um Darts?

Die PDC wird sich angesichts des gewaltigen Interesses mit der Ally-Pally-Frage befassen müssen. Wie lange trägt die West Hall, die mit 3500 Zuschauern pro Session wie eine gemütliche Schulturnhalle wirkt, das Event noch? Darts-Boss Barry Hearn befeuert die Gerüchte und liebäugelt sogar mit einem spektakulären Wechsel des Premiumprodukts nach Saudi-Arabien mit der wachsenden Sportmetropole Riad.

«Ich habe mit den Saudis gesprochen, und sie waren sehr begeistert», sagte der langjährige Verbandschef im Sommer dem «Mirror». Der 76-Jährige erwägt auch einen Wechsel in die deutlich größere Great Hall, die sich ebenfalls im Alexandra Palace befindet. Erster Expansionsschritt dürfte im Dezember 2025 eine Aufstockung des Teilnehmerfeldes von 96 auf 128 werden. Das bedeutet: Vier zusätzliche Tage, acht zusätzliche Sessions, rund 25.000 Tickets mehr.

«Dienstagnachmittag wie Samstagabend»

Geschäftsführer Matthew Porter gilt dagegen als großer Fan der aktuellen Aufstellung und dem eher familiären Rahmen. «Das Schöne an dem Turnier ist, dass ein Dienstag um 14 Uhr genauso aussieht wie am Samstagabend um 21 Uhr. Das wollen wir nicht verlieren. Die Atmosphäre ist die gleiche über das ganze Turnier hinweg, das ist perfekt für uns», sagte Porter der Deutschen Presse-Agentur. 

Einen WM-Wechsel in die benachbarte Great Hall sieht der Funktionär auch deshalb kritisch, weil dort derzeit die Logistik des Turniers verortet ist. Dabei sind auch die Profis für Veränderungen offen. «Vielleicht müssen wir eines Tages in eine größere Arena wechseln. So läuft es nun mal. Mehr Fans und eine bessere Atmosphäre, das ist gut für den Sport. Die Menschen schauen am TV und denken: ‚Wow’», sagte Luke Humphries.

Außenseiter überzeugten zuletzt

Der englische Weltmeister und sein junger Landsmann Littler gelten als die beiden großen Favoriten auf die mehr als 20 Kilogramm schwere Sid-Waddell-Trophy, die am 3. Januar vergeben wird. Doch der Ausgang des Turniers ist so offen wie selten zuvor. Dass in Mike De Decker (Belgien) und Ritchie Edhouse (England) zuletzt zwei große Außenseiter die Titel beim World Grand Prix und der EM gewannen, zeugt davon.

Aus Deutschland kommen nicht nur ein Viertel der Fans in den Alexandra Palace, sondern erstmals auch sechs Teilnehmer. Als aussichtsreichste Anwärter auf einen Coup gelten der ehemalige WM-Halbfinalist Gabriel Clemens sowie Martin Schindler als deutsche Nummer eins.

Clemens hat viel zu verlieren

«Luke Littler, Luke Humphries, Michael van Gerwen – ich habe schon alle geschlagen, auch auf der großen Bühne», sagte Schindler, der eine starke Saison auf der European Tour hinter sich hat. Sein Minimalziel ist der erstmalige Einzug ins Achtelfinale.

Am meisten zu verlieren hat der 41 Jahre alte Clemens. Die 100.000 Pfund (rund 120.000 Euro) vom WM-Halbfinale 2023 fallen mit dieser WM aus der Rangliste. Clemens droht aus den Top 32 der Welt zu rutschen. «Ich spiele nicht schlechter als vor zwei Jahren, mir fehlt eigentlich nichts. Ich habe auch nichts verändert», sagte Clemens. Für den Saarländer, der in Runde eins ein Freilos hat, beginnt das Turnier am 19. Dezember.

Patrick Reichardt und Marc Niedzolka, dpa

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