Der Australier Daniel Ricciardo feiert seinen Rennerfolg mit geballter Faust bei der Siegerehrung. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Luca Bruno/AP/dpa)

Sensationssieger Daniel Ricciardo genoss den italienischen Schaumwein aus seinem verschwitzten Rennschuh und reichte ihn auch noch genüsslich seinem Teamkollegen Lando Norris.

Als das triumphale McLaren-Duo schon in die rauschende Monza-Party startete, versuchten Max Verstappen und Lewis Hamilton noch immer, die Schuldfrage nach dem irren und nächsten folgenreichen Crash im giftigen Titelduell um die Formel-1-Krone zu klären.

«Du brauchst immer zwei Leute in einer Kurve, die zusammenarbeiten. Das hat er nicht gemacht», klagte Verstappen. «Er wusste, was passieren würde, aber er hat nicht zurückgesteckt», betonte Hamilton, dem der Nacken schmerzte: «Ich weiß nicht, was ich sonst noch sagen soll.»

Die Bilder sprachen für sich nach der neuesten Eskalationsstufe des Titelkampfs, der immer mehr an die Hassduelle früherer Zeiten von Ayrton Senna und Alain Prost erinnert. Hamiltons schwarzer Mercedes steckte im Kiesbett fest, Verstappens Red Bull lag obendrauf, beide Autos ineinander verkeilt. Man müsse aufpassen, dass «taktische Fouls nicht passieren», betonte Mercedes-Teamchef Toto Wolff vielsagend mit Verweis auf die Entwicklung des WM-Rennens zwischen dem siebenmaligen Weltmeister Hamilton und dessen Herausforderer Verstappen, die beide danach zu den Rennkommissaren mussten.

Und die sprachen nach rund zwei Stunden ein klares Urteil: Verstappen muss in zwei Wochen beim Rennen in Russland in der Startaufstellung drei Positionen nach hinten.

Verstappen behauptet WM-Spitze

Der Niederländer hatte durch den unerwarteten Ausgang des Großen Preises von Italien den Fünf-Punkte-Vorsprung auf Hamilton behauptet, mit dem er von der Pole Position aus in den 14. Saisonlauf gestartet war. «Dass beide ausscheiden, kann man nicht planen», betonte Red Bulls Motorsportchef Helmut Marko und meinte: «Max Absicht zu unterstellen, ist Blödsinn.»

Zwei Monate erst liegt die heftige Kollision von Silverstone zurück. Damals hatte Hamilton weiterfahren und noch den Sieg bei seinem Heimrennen feiern können, während Verstappen nach dem heftigen Einschlag in die Streckenbegrenzung ins Krankenhaus musste.

Diesmal kam es in Runde 26 wieder zum Crash. Hamilton kehrte nach einem leicht verpatzten Reifenwechsel zurück auf die Strecke auf dem Autodromo Nazionale di Monza. Der führende Ricciardo zog vorbei. Verstappen, dessen Boxenstopp zuvor noch deutlich schlechter ausgefallen war, versuchte, den Briten auch noch zu passieren. «Es ist unsere Schuld, dass er überhaupt in die Nähe von Hamilton gekommen ist», betonte Berater Marko mit Blick auf den viel zu langen Boxenstopp von 11,1 Sekunden.

In der Schikane war Verstappen auf die Randsteine gekommen, zudem berührten sich die Hinterräder, der Red Bull hob spektakulär ab und krachte auf den Mercedes. Der Sicherheitsbügel Halo verhinderte Schlimmeres. «Ich bin so dankbar, dass ich hier sitze», betonte Hamilton bei einer digitalen Medienrunde, er stehe aber noch unter Schock.

Doppelte McLaren-Freude

Die großen Gewinner des Dramas von Monza hießen Ricciardo und Norris, die vor dem von ganz hinten gestarteten Mercedes-Fahrer Valtteri Bottas im Königlichen Park abgewunken wurden. «Das war ein Super-Tag. Er wird eine Super-Feier», prophezeite Teamchef Seidl, der McLaren zum ersten Sieg seit November 2012 geführt hat.

Als es soweit war, fasste sich Seidl am Kommandostand kurz an den Kopf, seine Mitarbeiter jubelten an der Boxenmauer dem Erfolgs-Duo in den orangen Autos frenetisch zu. Dieser Sieg bedeute ihm alles, betonte Ricciardo. Der 32 Jahre alte Australier hatte davor zuletzt im Mai 2018 in Monaco gewonnen, in Italien feierte er seinen achten Grand-Prix-Erfolg.

Auch die Rennfreigabe nach der Safety-Car-Phase durch den Unfall von Verstappen und Hamilton meisterte Ricciardo. Von Teamkollege Norris bekam er Geleitschutz. Zur Belohnung gab es für den 21 Jahre jungen Briten den Schluck Schaumwein aus Ricciardos Schuh. «Ich hoffe, zum letzten Mal, ich kann das keinem empfehlen», sagte Norris mit einem Lachen.

Für das deutsche Duo gab es an dem Wochenende in der Lombardei, an dem zum zweiten Mal in diesem Jahr am Samstag in einem Sprintrennen die Startformation ausgefahren worden war, nicht viel zu holen. Als Zwölfter blieb Sebastian Vettel im Aston Martin erneut ohne Punkte. Und Mick Schumacher wurde schon wieder von seinem Haas-Kollegen Nikita Masepin in eine Kollision verwickelt. Der 22 Jahre alte Sohn von Rekordweltmeister Michael Schumacher beendete das denkwürdige Rennen auf Rang 15.

Von Jens Marx und Christian Hollmann, dpa

Von