Deutschlands Rekord-Olympiasiegerin Natalie Geisenberger sank im Eiskanal von Yanqing vor Freude auf die Knie, Tobias Wendl und Tobias Arlt feierten nach ihrem grandiosen Finale im Rodel-Krimi mit der Deutschland-Fahne auf dem Schlitten.
Mit dem Mini-Vorsprung von 0,080 Sekunden vor Österreich krönten die deutschen Rodler ihren Goldrausch bei den Winterspielen in China mit dem vierten Triumph im vierten Rennen. Geisenberger stieg mit insgesamt sechs Olympiasiegen und einer Bronzemedaille zur erfolgreichsten deutschen Sportlerin bei Winterspielen auf.
«Ein großer Tag, ein großes Team. Das mit dem Rekord kommt vielleicht, wenn ich älter bin. Jetzt genieße ich einfach den Moment», sagte Geisenberger, die auf Einzel-Olympiasieger Johannes Ludwig mit Rückstand übergeben hatte. Auch als Wendl/Arlt in die Bahn gingen, betrug das Defizit zu Österreich noch rund eine Zehntelsekunde.
«Werden uns ein paar Bierchen aufmachen»
Am Ende stand der Bahnrekord von 3:03,406 Minuten. «Wir sind dann einfach los und hatten Spaß in der Bahn. Es ist verrückt», sagte Arlt und sein Partner Wendl ergänzte: «Das sechste Gold ist einfach fantastisch. Wir haben verdient gewonnen und werden feiern. Die große Party kommt dann in Deutschland.» Mit seinem sechsten Erfolg überholte das Duo aus Berchtesgaden und Königssee ebenfalls die fünfmalige Olympiasiegerin Claudia Pechstein. Zu Geisenbergers Bilanz fehlt den Tobis, wie sie nur genannt werden, eine weitere Medaille.
«Gestern war schon unglaublich. Aber das ist das I-Tüpfelchen auf einer grandiosen Vorstellung meines Teams. Das gesamte Team hat es hervorragend gemacht», sagte Cheftrainer Norbert Loch im ZDF. «Die Tobis haben am Ende gezeigt, dass sie berechtigt Olympiasieger geworden sind und die Teamstaffel gerockt haben. Wir werden uns ein paar Bierchen aufmachen. Das haben wir uns verdient.»
Deutsche Staffel mit Gold-Abo im Team-Wettbewerb
Seit der Einführung des Team-Wettbewerbs 2014 gewann immer nur die deutsche Staffel – immer mit der Rodel-Queen Geisenberger sowie den Doppel-Tobis. Bei der Premiere in Sotschi jubelte noch Felix Loch mit. In Pyeongchang und nun in China war der Thüringer Ludwig der bessere Einsitzer. Mit vier Gold- und zwei Silbermedaillen übertraf das deutsche Team sogar die bisher beste Olympiabilanz von Sotschi 2014.
Cheftrainer Loch war weniger vom Edelmetall, als vielmehr von den Leistungen seiner Schützlinge beeindruckt. «Ich bin kein Medaillenzähler, ich bin fokussiert auf den Höhepunkt, das haben wir hervorragend gemacht. Das zählt für mich. Ich bin unheimlich stolz auf die Truppe, dass alle komplett performt haben», sagte Loch, der auch den letzten Lauf der zuvor gestürzten Julia Taubitz lobte. Eine perfekte Gold-Bilanz mit allen Siegen in allen Wettbewerben hatte es zuletzt in Sotschi 2014 gegeben. «Natürlich passieren bei insgesamt acht Schlitten auch mal Fahrfehler», doch wenn man das prozentual aufrechne, patzte die Konkurrenz deutlich mehr.
Loch betont Bedeutung der Bahn am Königssee
Obwohl viele Oldies wie Geisenberger, Ludwig sowie beide Doppel ihre Zukunft noch offen lassen, weiß Loch, dass die nächste Generation mit der silbernen Anna Berreiter, Max Langenhan (Sechster) und vielen Talenten bereit ist. Bei der Heim-WM 2023 in Oberhof sollen sie Erfolge liefern.
Zukunftsängste hat er eher hinsichtlich der Bahn am Königssee, die im Juli 2021 bei einem Unwetter im oberen Teil teilweise zerstört wurde. «Ich hoffe, dass viele gesehen haben, was es bedeutet, Nachwuchs und Kinder zum Sport zu holen. Dafür brauchen wir Sportstätten, Übungsleiter und Trainer, das sind die, die die Drecksarbeit am Anfang machen. Wenn uns dann so eine Bahn, so eine Sportstätte wegbrechen würde, würde uns sehr viel wegbrechen.»
Auf der ältesten Kunsteisbahn der Welt werden laut Loch nicht nur Olympiasieger geformt, «sondern wir müssen unseren Kindern und Jugendlichen eine Zukunft geben, das ist für mich ein ganz entscheidender Punkt. Unter diesem Gesichtspunkt sollte man es sehen. Und traditionell muss die älteste Kunsteisbahn der Welt wieder in Betrieb genommen werden», forderte Loch.