Gérard ist Junggeselle. Er liegt im Sterben und seine beiden besten Freunde wollen ihm eine letzte Freude bereiten: ein letztes Mal zu lieben. Sie wenden sich deshalb an eine Zuhälterin, die berührt von der Geschichte beschließt, sich persönlich um Gérard zu kümmern.
Mit «L’amour c’est mieux que la vie» (Liebe ist besser als das Leben) hat Claude Lelouch, der diesen Sonntag (30. Oktober) seinen 85. Geburtstag feiert, nicht nur seinen jüngsten und 50. Film geschaffen, sondern eine Art Testament.
In seinem Alter käme er der Ziellinie immer näher, sagte Lelouch. Da den letzten Worten eines Menschen viel Bedeutung beigemessen würde, sei er nun dabei, seine letzten Worte mit dem Kino zu sagen, erklärte der Regisseur, Produzent, Drehbuchautor und Schauspieler in einem Interview der Zeitung «La Voix du Nord».
Die Anfang des Jahres in den französischen Kinos erschienene Dramakomödie soll der erste Teil seiner letzten Trilogie sein. Damit will der Oscarpreisträger der Nachwelt einige Gewissheiten mit auf den Weg geben, insbesondere seinen sieben Kindern und acht Enkelkindern. «Wenn ich mit ihnen rede, hören sie mir nicht zu. Aber wenn ich einen Film mache, sehen sie ihn sich an.»
Was Lelouch ihnen und der Welt sagen will? Erstens: Ohne Liebe hat das Leben keinen Sinn. Lelouch war dreimal verheiratet; seine sieben Kinder stammen aus fünf verschiedenen Beziehungen. Zweitens: Freundschaften sind wichtig. Drittens: Es kommt nie so, wie man es will. Viertens: Geld zerstört die Welt.
Unverkennbarer Stil
Überzeugungen, die seit über 50 Jahre sein Kino prägen. Nur diesmal bringt er sie noch nachhaltiger zum Ausdruck. Wie er in dem Interview sagte, wolle er am Ende seines Rennens erfolgreich sein, denn die letzten Meter seien wichtig.
Nur wenige Filmemacher haben einen so unverkennbaren Stil geschaffen wie er: Geschichten von Männern und Frauen und ihren großen und kleinen Lügen, Hoffnungen und Intrigen, mal bittersüß, mal himmelhochjauchzend. Doch nicht nur seinem Thema bleibt er treu. Lelouch dreht auch immer wieder mit denselben Schauspielern wie Fanny Ardant, Anouk Aimée, Gérard Darmon und Robert Hossein.
Weiteres Markenzeichen: eine betont ästhetische Kameraeinstellung und seine Begeisterung, Filme zu drehen. Nicht zufällig heißt der vor wenigen Monaten erschienene Dokumentarfilm von Philippe Azoulay «Tourner pour vivre» – Drehen, um zu leben.
Der Regisseur wurde am 30. Oktober 1937 als Sohn eines jüdischen Textilkaufmanns in Paris geboren. Vor den Nazis floh die Familie nach Nizza, wo seine Mutter ihn in Kinosälen versteckt haben soll. Der Anfang einer langen Faszination und Begeisterung. Mit 17 gewann er einen ersten Preis, Ende der 1950er Jahre etablierte er sich in Frankreich mit Dokumentarfilmen und 1966 mit «Ein Mann und eine Frau» als international renommierter Regisseur.
Mit Filmen das Publikum rühren
Die Geschichte um einen verwitweten Rennfahrer brachte ihm gleich die zwei prestigereichsten Preise weltweit ein: eine Goldene Palme und den Oscar als Bester fremdsprachiger Film und als Bestes Originaldrehbuch. In seiner über 50-jährigen Karriere drehte er vor allem Liebesgeschichten und Krimis, denn letztere sind für ihn Liebesdramen: voller Lügen, Manipulationen und falscher Versprechungen.
Gleich ob «Lebe das Leben», «Ein glückliches Jahr», «Ein Mann sucht eine Frau», «Die Zeit des Verbrechens», «Alles für die Liebe» und «Die schönsten Jahre eines Lebens» – Lelouch weicht selten von seinem Prinzip ab, das Publikum zu rühren, oder wie er sagt: «Unter Tränen zu lächeln».
Sensibel, melancholisch und zutiefst menschlich: Sein Stil machte ihn für die internationale Fachkritik zum «Virtuosen des Edelkitschs», er selbst definiert sein Werk als «populäres Autorenkino». Für die heimische Fachpresse ist Lelouch der letzte Romantiker des französischen Kinos.