Das Museum «Fridericianum» in Kassel ist einer der Ausstellungsorte der documenta fifteen. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Andreas Arnold/dpa)

Die jüngsten Diskussionen um Antisemitismus-Vorwürfe gegen die documenta fifteen in Kassel nehmen einen schärferen Ton an. Während sich die Findungskommission für die Künstlerische Leitung der Weltkunstschau hinter das indonesische Kuratorenkollektiv Ruangrupa und die teilnehmenden Künstlerinnen und Künstler stellt, hagelt es erneut Kritik vom hessischen Antisemitismusbeauftragten.

«Der von Medien und Politiker*innen auf das gesamte Team der documenta fifteen ausgeübte Druck ist unerträglich geworden», teilte die achtköpfige Findungskommission am Donnerstag mit. Das Gremium, zu dem unter anderem der belgische Kunsthistoriker Philippe Pirotte, der britsche Museumsdirektor Charles Esche sowie die Gründungsdirektorin des Centre for Contemporary Art in Singapur, Ute Meta Bauer, zählen, wolle mit seiner Stellungnahme dessen harte Arbeit und außerordentliches Engagement verteidigen.

«Wir lehnen Antisemitismus ebenso ab wie dessen derzeitige Instrumentalisierung, die der Abwehr von Kritik am Staat Israel und seiner derzeitigen Besetzungspolitik palästinensischer Gebiete dient», betonte das Gremium. Gleichzeitig begrüße es «den Pluralismus der documenta fifteen und die Möglichkeit, erstmals eine solche Vielfalt künstlerischer Stimmen aus der gesamten Welt zu hören».

Vielfalt künstlerischer Stimmen

«Wir lehnen Antisemitismus ebenso ab wie dessen derzeitige Instrumentalisierung, die der Abwehr von Kritik am Staat Israel und seiner derzeitigen Besetzungspolitik palästinensischer Gebiete dient», betonte das Gremium. Gleichzeitig begrüße es «den Pluralismus der documenta fifteen und die Möglichkeit, erstmals eine solche Vielfalt künstlerischer Stimmen aus der gesamten Welt zu hören».

Die Künstlerischen Leitungen der documenta werden alle fünf Jahre von der Findungskommission bestimmt. Für die 15. Ausgabe fiel mit Ruangrupa erstmals die Wahl auf ein Künstlerkollektiv statt auf eine Einzelperson. Die Künstlergruppe will nach eigenem Bekunden dem «globalen Süden» eine Stimme geben.

«Wir verteidigen das Recht der Künstler*innen, politische Formeln und festgefahrene Denkmuster zu untersuchen, bloßzulegen und zu kritisieren. Dieses Recht sollte auch von jenen wertgeschätzt werden, die Ausstellungen wie die documenta fifteen ermöglichen», erklärte nun die Findungskommission. Wie auch schon während der gesamten Phase der Entwicklung und Realisierung der Ausstellung stehe man ungebrochen hinter der Entscheidung, Ruangrupa für die Künstlerische Leitung ausgewählt zu haben.

Expertengremium für die Antisemitismus-Vorwürfe

Die documenta fifteen wird schon seit Monaten von Antisemitismus-Vorwürfen begleitet. Zu deren Aufarbeitung hatten die Gesellschafter der Schau, die Stadt Kassel und das Land Hessen, ein Expertengremium berufen. Dieser Beirat sowie die Gesellschafter hatten sich zuletzt dafür ausgesprochen, einen umstrittenen propalästinensischen Propagandafilme nicht mehr zu zeigen, zumindest bis eine angemessene Kontextualisierung vorgenommen werde.

Ruangrupa sowie die Geschäftsführung der documenta hatten diese Forderungen zurückgewiesen. Ruangrupa warf dem Expertengremium zudem Rassismus und Zensur vor.

Scharfe Kritik vom Antisemitismusbeauftragten

Hessens Antisemitismusbeauftragter Uwe Becker hingegen kritisierte die Kuratoren und die Geschäftsführung der documenta scharf. Sie schienen sich der Dimension ihres Fehlverhaltens nicht bewusst zu sein, sagte er laut Pressemitteilung. Das Expertengremium der documenta sei ganz unmissverständlich zu der sehr klaren Bewertung gekommen, dass die umstrittene Filmreihe mit den Kommentaren der Künstlerinnen und Künstler terrorismusverherrlichende Propaganda sei und sofort gestoppt werden müsse.

Wenn sich die Ausstellungsleitung noch immer weigere, dieser inzwischen auch von den Gesellschaftern erhobenen Forderung nachzukommen, «dann lässt sie vorsätzlich die öffentliche Verbreitung von Terrorismusverherrlichung zu», erklärte Becker. Er könne sie nur davor warnen, dies auch nur einen Tag länger fortzusetzen, da sie sich damit möglicherweise strafrechtlich relevant verhalte.

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