Das Logo der Internet-Videoplattform Youtube. (Archivbild) (Urheber/Quelle/Verbreiter: Monika Skolimowska/dpa-Zentralbild/dpa)

Die Sperrung von Video-Kanälen des russischen Staatssenders RT durch das US-Unternehmen Youtube werden zu einer neuen Belastungsprobe der ohnehin schon angeschlagenen deutsch-russischen Beziehungen.

Das Außenministerium in Moskau drohte am Mittwoch mit Konsequenzen für in Russland arbeitende deutsche Medien. Die Bundesregierung stellte klar, dass sie nichts mit der Sperrung der Videokanäle zu tun habe und das eine Entscheidung des US-Unternehmens gewesen sei.

Die Videoplattform, die zum Konzern Google gehört, entfernte am Dienstag wegen Verstoßes gegen Richtlinien zwei deutschsprachige Videokanäle des russischen Staatsmediums RT. Als Reaktion drohte Russland damit, Youtube in letzter Konsequenz teilweise oder ganz zu sperren, wenn der Schritt nicht rückgängig gemacht werden sollte.

Der deutschsprachige Ableger RT DE bietet Online-Berichte und Videos an. Verbreitet werden die Inhalte über die Webseite und soziale Medien wie Facebook, Instagram und bislang Youtube. RT steht im Westen als Propagandainstrument des Kremls in der Kritik. Zentraler Vorwurf: Der Sender verbreite im Auftrag des russischen Staates Verschwörungstheorien und Desinformationen. RT wehrt sich gegen diese Darstellung.

Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte am Mittwoch der Staatsagentur Tass zufolge zu der Sperrung, es gebe klare Anzeichen, dass Gesetze der Russischen Föderation verletzt worden seien. Es gebe sogar Anzeichen einer sehr groben Verletzung, «weil dies mit Zensur zu tun hat, mit der Behinderung der Verbreitung von Informationen durch die Medien».

Die Medienaufsicht Roskomnadsor hatte zuvor mit einer Blockade von Youtube in Russland gedroht, sollte die Sperrung der zwei Kanäle nicht aufgehoben werden. Der Kreml unterstützte ausdrücklich das Vorgehen der Medienaufsicht. Die Organisation Reporter ohne Grenzen betonte, die Ankündigung der Medienaufsichtsbehörde füge sich leider in das Bild der zunehmenden Internetzensur in Russland ein.

Die Sperrung der beiden Youtube-Kanäle erfolgt in einer Zeit, in der RT DE eigentlich in Deutschland expandieren will. Es ist ein deutschsprachiges TV-Programm geplant. Eigentlich soll es laut früheren Planungen in Dezember losgehen. Dafür soll auch ein neuer Standort in Berlin mit TV-Studios entstehen. Es fehlt für den Start aber eine Voraussetzung: eine Rundfunklizenz.

Bundesweite TV-Programme dürfen nur mit dieser Lizenz, die die Landesmedienanstalten als Medienregulierer für den privaten Rundfunk ausstellen, ausstrahlen. RT war mit einem Versuch, über Luxemburg eine Lizenz zu bekommen, vor einiger Zeit gescheitert. Bisher ist kein RT-Antrag bei den deutschen Medienregulierern eingegangen, wie eine Sprecherin der Medienanstalt Berlin-Brandenburg auf dpa-Anfrage mitteilte.

Auswirkung auf deutsche Medien?

Die Chefredakteurin von RT mit Sitz in Moskau, Margarita Simonjan, brachte die Sperrung direkt auch mit Deutschland in Verbindung. Bei Twitter kritisierte sie Youtube scharf und sprach von einem «Medienkrieg», den Deutschland Russland erklärt habe. Sie erklärte allerdings nicht, was Berlin mit der Entscheidung des US-Unternehmens zu tun hat. Es ist nicht das erste Mal, dass es Spannungen wegen RT gibt.

Die russischen Behörden hatten zudem im Zusammenhang mit der Parlamentswahl im eigenen Land Druck auf große IT-Konzerne wie Google und Apple ausgeübt und etwa die Protestwahl-App des Kremlgegners Alexej Nawalny kurz vor der Wahl aus ihren russischen Stores gelöscht. Der Oppositionelle warf den Verantwortlichen in den Konzernen daraufhin vor, sie hätten sich zu Handlangern von Präsident Wladimir Putin gemacht.

Die Chefredakteurin brachte auch ins Spiel, dass nun gegen deutsche Medien in Russland vorgegangen werden sollte. Sie forderte ein Verbot der Deutschen Welle in Russland. Zudem sollten die Büros der öffentlich-rechtlichen Sender von ARD und ZDF geschlossen werden.

Das Außenministerium in Moskau sprach von einem «beispiellosen Informationsangriff» und drohte mit Gegenmaßnahmen gegen deutsche Journalisten in Russland, ohne aber konkret zu werden. Solche Schritte seien nicht nur angemessen, sie seien auch notwendig.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) forderte, es müsse sichergestellt werden, dass deutsche Medien weiterhin frei aus Russland berichten könnten.

Ein Sprecher der Deutschen Welle teilte der dpa mit: «Warum hier deutsche Medien ins Spiel gebracht werden, kann ich nicht nachvollziehen. Es geht doch eigentlich um einen Vorgang zwischen einem russischen Medium und einer amerikanischen Internetplattform.»

Regierungssprecher Steffen Seibert stellte in Berlin klar: «Es ist keine Entscheidung der Bundesregierung.» Er ergänzte: «Weil es da anderslautende Erzählungen gerade auf russischen Kanälen gibt, will ich ganz glasklar sagen: Das ist eine Entscheidung von Youtube.» Die Bundesregierung oder Vertreter der Regierung hätten mit der Entscheidung nichts zu tun. «Wer das also behauptet, der bastelt sich eine Verschwörungstheorie zurecht.»

Seibert betonte, wer Gegenschläge gegen deutsche Medien, die in Russland arbeiten, fordere oder davon spreche, «der zeigt aus unserer Sicht kein gutes Verhältnis zur Pressefreiheit».

Als Grund für die Sperrung und Entfernung der beiden Kanäle führte Youtube einen Verstoß gegen Richtlinien an: Unlängst sei RT DE darauf aufmerksam gemacht worden, dass das Staatsmedium gegen die Richtlinie zur Missinformation im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie verstoßen habe. In einem gewissen Zeitraum hätte RT DE dann keine Videos mehr auf seinem Youtube-Kanal hochladen dürfen. Nach Youtube-Angaben wurde dann der zweite Kanal genutzt. Das US-Unternehmen sprach von einem Umgehungsversuch. Deshalb sei nun die Sperrung am frühen Dienstagabend erfolgt.

Von