Die Salzburger Festspiele wollen sich erneuern. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Barbara Gindl/apa/dpa)

Die Salzburger Festspiele öffnen sich im kommenden Jahr für neue Genres, Werke und Künstler. Mit der Bühnenadaption von Michael Hanekes oscarprämiertem Drama «Liebe» wendet sich das Festival dem Film zu, wie Schauspielchefin Bettina Hering am Freitag bekanntgab. Die Geschichte um ein isoliertes altes Ehepaar wird von Karin Henkel unter anderem mit Laiendarstellern inszeniert.

Schauspielerinnen und Schauspieler mit kognitiven Beeinträchtigungen vom Zürcher Theater Hora werden eine Version von Bertolt Brechts «Kaukasischem Kreidekreis» auf die Bühne bringen. Die Darsteller würden dabei ihre Sicht auf das «Kinderkriegen, Kinder haben und Kinder wünschen» thematisieren», so Hering.

Neuproduktion von «Nathan der Weise»

«Die Zeit ist aus den Fugen» – Dieses Motto gab Intendant Markus Hinterhäuser für die Saison 2023 aus, die vom 20. Juli bis Ende August 179 Aufführungen präsentiert. Die Stücke und Opern kreisen nicht nur um tagesaktuelle Themen wie Gewalt und Flucht, sondern auch um Toleranz, Familie und gesellschaftliche Entfremdung. «Ich bin nach wie vor fest davon überzeugt, dass es nur die großen Kunstwerke sind, die uns in die Lage bringen, irgendwie die Welt zu lesen und einen Reflexionsraum zu eröffnen», sagte Hinterhäuser.

Die zweite Theater-Uraufführung neben dem Haneke-Stück stammt aus der Feder der 1983 geborenen Salzburger Autorin Mareike Fallwickl. Ihr Roman «Die Wut, die bleibt», in der sich eine Frau in einem extremen Schritt der Mutterrolle entzieht, wird von Jorinde Dröse als Theaterstück inszeniert. Außerdem steht Ulrich Rasches Neuproduktion des Lessing-Klassikers «Nathan der Weise» auf dem Programm.

Im Zentrum des Festivals steht wie jedes Jahr Hugo von Hoffmannsthals «Jedermann». Die Titelrolle übernimmt zum ersten Mal der Burgtheaterdarsteller Michael Maertens. Valerie Pachner spielt die Buhlschaft.

Marthaler inszeniert Verdis «Falstaff»

Im Opernprogramm ergründet Regisseur Krzysztof Warlikowski menschliche Abgründe in Verdis «Macbeth». Salzburgs Festivalstar Asmik Grigorian wird dabei ihr Rollendebüt als Lady Macbeth geben. Verdis «Falstaff» in einer Inszenierung von Christoph Marthaler und Anna Viebrock widmet sich hingegen dem Hedonismus und der Weltflucht. Und nüchtern statt komisch soll es im «Figaro» zugehen, wie Regisseur Martin Kušej am Freitag ankündigte. «Es sind Einzelkämpfer, die auf der Suche sind nach dem schnellen Kick, nach der schnellen Erotik», sagte er über die Protagonisten der Mozart-Oper.

«Figaro» wird von dem 38-jährigen Raphaël Pichon dirigiert, der als Spezialist für historische Aufführungspraxis gilt. Bei Bohuslav Martinus moderner Oper «Die Griechische Passion» steht der 37-jährige Maxime Pascal am Pult, der 2014 in Salzburg als bester Nachwuchsdirigent ausgezeichnet wurde. «Das ist für uns wichtig, diesen Generationswechsel vorzunehmen», sagte Hinterhäuser. «Die Festspiele müssen in gewisser Weise auch perspektivisch denken.»

Das Festival hält aber auch an etablierten Dirigenten wie Teodor Currentzis fest. Der Künstler, der wegen seines Schweigens zum Ukraine-Krieg kritisiert worden war, tritt jedoch nicht mit seinem russischen Orchester MusicAeterna auf, sondern mit seinem neuen internationalen Ensemble Utopia.

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