Ein Tränchen wird schon fließen: Thomas Hermanns zieht einen Schlussstrich. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Jens Kalaene/dpa)

Entertainer Thomas Hermanns, der in wenigen Monaten seinen 60. Geburtstag feiert, hört als Moderator des «Quatsch Comedy Clubs» auf. Er wolle das Mikrofon nach 30 Jahren weiterreichen, bleibt aber hinter den Kulissen aktiv.

Die Jubiläumsshow, die am Montag (12.12.) in Berlin aufgezeichnet wird, strahlt ProSieben zwei Tage vor Silvester aus (29.12.). Im dpa-Interview erinnert sich Hermanns an die Tops und Flops seiner «Quatsch»-Zeit.

Frage: Sie sagen, Comedy sei immer auch ein jüngeres Thema und dass Sie die Zeit nicht überziehen wollen. Gilt das auch fürs Showgeschäft generell? Thomas Gottschalk sitzt ja auch noch auf der «Wetten, dass..?»-Couch…

Antwort: Ja, das stimmt. Aber generell für das Showgeschäft gilt das aus meiner Sicht nicht. Ich fange ja im Januar mit der «Glücksrad»-Moderation an. Also ich werde dem Showgeschäft erhalten bleiben. Aber spezifisch bei der Stand-up-Comedy mache ich jetzt mal einen Haken dran. Die Vorstellung, noch mit 70 Jahren das Fundstück der Woche zu präsentieren oder Chris Tall anzusagen, ist für mich keine Option.

Frage: Erreichen ältere Comedians aus Ihrer Sicht den Humor der Jüngeren noch?

Antwort: Ich glaube, beim Stand-up gibt es keine Altersgrenze und wir sehen vor allem in Amerika, dass man das noch bis ins hohe Alter machen kann. Wir beim «Quatsch Comedy Club» glauben bei den Performern an das Drei-Generationen-Prinzip und der Austausch klappt ganz gut. Als Moderator gilt aber: Man sollte aufhören, wenn es am schönsten ist.

Frage: Es gibt ältere Comedians, die gern in ihren Shows die junge, Generation kritisieren und auch Applaus dafür bekommen. Ist das aus Ihrer Sicht lustig?

Antwort: Also motzen finde ich per se nie lustig. Dennoch ist Stand-up etwas sehr Persönliches. Und wenn ihnen das auf dem Herzen liegt und sie darüber in irgendeiner Form Gags machen, dann finde ich das völlig in Ordnung. Aber man sollte nicht zuviel Gewicht auf diesen sogenannten Generationenkonflikt legen.

Frage: Wer war für Sie in den 30 Jahren die größte Überraschung?

Antwort: Den schnellsten Aufstieg hatte sicher Cindy (aus Marzahn), das erinnerte ja schon an einen Hollywood-Film. Sie schaffte es vom Talentabend bei uns zum ausverkauften Stadion in zwei Jahren. Wir haben schon öfter schnelle Karrieren erlebt, aber das Tempo gab es vorher nicht.

Frage: Gab es auch Enttäuschungen?

Antwort: Als Comedy irgendwann zur Industrie wurde, gab es schon einige, die dachten, sie machen jetzt mal Stand-up und werden direkt Millionär. Eine absurde Vorstellung. Dieser «Popstar-Zeitraum» in den 2000er Jahren hat nicht jedem Performer genützt, aber ich sage natürlich keine Namen. Die neue Generation ist wieder fleißig, mag wirklich Stand-up-Comedy und will nicht in einem halben Jahr Millionär und Fernsehstar werden.

Frage: Mit welchen Gefühlen gehen Sie denn in die letzte Show? Sind Sie ein emotionaler Typ?

Antwort: Das weiß man vorher ja immer nicht. Ich bin schon nah am Wasser gebaut. Bei Filmen kommt es auch immer auf die Musik an. Wenn die Musik die richtigen Streicher hat, sitze ich schluchzend auf dem Sofa. Als Produzent muss ich also einen Soundtrack wählen, der Gefühle zulässt. Ich finde auch, man sollte echte Gefühle zulassen, das passiert im Fernsehen viel zu selten. Ich denke, es wird schon ein Tränchen fließen und das ist auch prima so.

Frage: Haben Sie sich denn vorab überlegt, was Ihre letzten Worte auf der Bühne sein werden?

Antwort: Ja, unbedingt. Ich bin ein Perfektionist und will alles ganz genau machen. Ich habe mir schon zehn verschiedene Schlussworte ausgedacht und werde dann am Abend entscheiden, was wirklich zu meinem Gefühl passt. Denn wenn das Gefühl vorher nicht planbar ist, kann ich mir schlecht einen Satz vorschreiben. Da hoffe ich doch auf meinen Bauch, dass ich das richtige Schlusswort aus den zehn treffe, die ich vorgetextet habe.

Frage: Jetzt werden sie in Kürze 60 Jahre alt. Ist der Abschied von der Quatsch-Bühne auch darauf zurückzuführen oder ist das Zufall?

Antwort: Weniger die 60, viel mehr die 30 vom Club. Das ist schon echt irre, was aus dieser kleinen Idee von 1992 geworden ist. Das ist ein guter Moment, das Steuer abzugeben an jemand anderen.

Frage: Und an wen?

Antwort: Das werde ich jetzt natürlich noch nicht sagen. Es wird an dem Abend auch keine Staffelübergabe geben. Außer es übermannt mich so sehr, dass ich einfach einen Namen in die Welt schreie. Mal gucken.

Frage: Können Sie denn ein Comeback auf der Clubbühne ausschließen?

Antwort: Na ja, ich mache ja noch viele Fernsehshows und Musicals. Das Gute ist, dass ich mich jeden Abend in den Club stellen und ungefragt Gläser polieren oder Selfies mit dem Publikum machen könnte. Also wenn ich Sehnsucht habe, stelle ich mich ins Live-Theater. Welcher Fernsehmoderator hat schon den Luxus, mit einer U-Bahn-Fahrt wieder mitten im Gefühl zu sein?

Interview: Thomas Bremser, dpa

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