Der Kanzler betonte in diesen Zeiten die Wichtigkeit der gebündelten Kräfte von Wirtschaft, Gewerkschaften und Staat. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Bernd von Jutrczenka/dpa)

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat sich optimistisch gezeigt, dass die Energiepreise in Deutschland absehbar sinken. Eine Expertenkommission soll bis Oktober Vorschläge zu den Kosten für Wärme und zum Gaspreis machen, wie Scholz nach dem zweiten Treffen der konzertierten Aktion mit Gewerkschaften und Arbeitgebern am Donnerstag in Berlin ankündigte. Als «schnell umsetzbar» stufte Scholz die von der Koalition bereits geplante Strompreisbremse ein.

Zur Entlastung der Beschäftigten sollen unter anderem steuer- und abgabenfreie Zahlungen der Arbeitgeber dienen. Solche steuerfreien Prämien hatten die Koalitionsspitzen als Teil des dritten Entlastungspakets wegen der hohen Energiepreise vereinbart. Der Bund will demnach auf Steuern und Abgaben verzichten, wenn Unternehmen zusätzliche Zahlungen an ihre Beschäftigten bis zu 3000 Euro leisten.

Einmalzahlungen als Angebot

«Das ist ein Angebot», betonte Scholz, «natürlich werden Tarifverhandlungen nicht im Kanzleramt geführt». Zugleich machte der Kanzler deutlich, dass er eine breite Inanspruchnahme erwartet: «Trotzdem ist das eine große Hilfe, wenn das überall in Deutschland und an vielen Stellen stattfindet.»

Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger und die Chefin des Deutschen Gewerkschaftsbundes, Yasmin Fahimi, ließen offen, wie stark das Instrument genutzt werden soll. «Dazu werden wir mit den Arbeitgebern ins Gespräch kommen und praxisgerechte Lösungen finden», sagte Fahimi. Dulger sagte, durch Einmalzahlungen komme «mehr Geld in den Geldbeuteln der Beschäftigten an». Allerdings machte er auf Grenzen aufmerksam: Nicht alle Unternehmen könnten diese Einmalzahlungen leisten: «Viele Betriebe stehen gerade am wirtschaftlichen Abgrund.» Deshalb sei es richtig, dass Einmalzahlungen freiwillig blieben.

Bremse beim Strompreis

Optimistisch zeigte sich Scholz bei den Plänen für einen abgebremsten Strompreis. «Dieser Vorschlag ist auch deshalb jetzt schnell umsetzbar, weil ja die Vorschläge der Europäischen Kommission ziemlich identisch sind mit dem, was wir in Deutschland entwickelt haben.» SPD, Grüne und FDP hatten vereinbart, dass Privathaushalte die Strommenge für einen Basisverbrauch zu einem vergünstigten Preis erhalten – ebenso wie kleine und mittlere Unternehmen. Finanziert werden soll die Preisbremse mit Einnahmen aus einer Erlösobergrenze für Energieunternehmen. Am Mittwoch hatte die EU-Kommission einen Gesetzesvorschlag präsentiert, nach dem Energiefirmen einen Teil ihrer zuletzt stark gestiegenen Gewinne abgeben sollen.

Wärme- und Gaskosten

Ebenfalls bereits vereinbart hatten die Koalitionsspitzen, dass eine Kommission sich Gedanken über Preisdämpfungsmodelle für Wärme macht. Scholz kündigte an, dass das Gremium «sehr schnell», nämlich noch im Oktober, Ergebnisse vorlegt. So solle es genügend Expertenwissen geben, «dass die Preise entsprechend wieder sinken können», sagte er. In dieser Runde sollen laut Scholz auch Teilnehmer der konzertierten Aktion mitwirken. Die Leitung der Kommission sollen die «Wirtschaftsweise» Veronika Grimm, der Chef der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie, Michael Vassiliadis, sowie der Präsident des Industrieverbands BDI, Siegfried Russwurm, übernehmen.

Der Kanzler bekräftigte, dass alles unternommen werde, um neue Energiequellen unabhängig vom russischen Gas zu erschließen. «Wir werden auch das Preisproblem in den Griff bekommen und das gemeinsam angehen», sagte er.

Weitere Schritte

Die konzertierte Aktion soll im November erneut zusammenkommen, wie Scholz ankündigte. Der Bevölkerung sagte der Kanzler erneut die Unterstützung der Regierung zu: «Mir ist wichtig, es noch einmal deutlich zu sagen: Die Bundesregierung lässt niemanden mit der Last allein. You’ll never walk alone. Dieses Versprechen gilt.»

DGB-Chefin Fahimi zeigte sich nach dem Treffen zufrieden über die Beratungen, mahnte aber «weitere kurzfristige Maßnahmen in diesem Jahr» zur Entlastung der Bevölkerung an, etwa die Auszahlung einer weiteren Energiepreispauschale.

Dulger forderte, kurzfristig das Energieangebot zu verbreitern, um die hohen Energiekosten als Ursache der Inflation in den Griff zu bekommen. Der Arbeitgeberpräsident forderte dazu auch einen verlängerten Betrieb von Kernkraftwerken («Streckbetrieb»).

Von Basil Wegener, Fatima Abbas, Theresa Münch und Jörg Ratzsch, dpa

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