Peter Wright lehnte seinen Kopf ungläubig an die Darts-Scheibe, dann kämpfte der gerührte schottische Weltmeister mit seinen Emotionen.
Der 51 Jahre alte Routinier mit dem Spitznamen «Snakebite» hat den Engländer Michael Smith mit 7:5 bezwungen und sich damit nach 2020 erneut den größten Titel des Jahres gesichert. Finalverlierer Smith konnte die Szenerie kaum mit ansehen, mit Tränen in den Augen wendete er sich unmittelbar nach der schmerzlichen Niederlage ab.
500.000 Pfund Preisgeld
Wright hingegen ist wieder ganz oben und streckte die begehrte Trophäe mit Wucht in die Höhe. «Ich bin überglücklich. Ich habe es geschafft», sagte der stets bunt gekleidete und frisierte Wright, der in London ein Preisgeld von 500.000 Pfund (rund 595.000 Euro) und die etwa 25 Kilogramm schwere Sid Waddell Trophy eroberte. In der Weltrangliste bleibt Wright zwar die Nummer zwei, rückt aber ganz nah an Primus Gerwyn Price aus Wales heran und könnte bald erstmals selbst Ranglistenerster werden.
In den vergangenen zwölf Monaten hat Wright mehr als doppelt so viel Preisgeld eingespielt als alle Widersacher. Das schottische Unikat hatte zuvor auch das World Matchplay als zweitwichtigstes Turnier der Welt sowie die Team-WM gemeinsam mit John Henderson für sich entschieden. Die kniffligste WM-Partie vor dem Finale war wohl das Viertelfinale gegen Englands Callan Rydz, als Wright mit größter Mühe mit 5:4 siegte.
Smith muss weiter warten
Für «Bully Boy» Smith ging auch das zweite WM-Endspiel nach 2019 verloren – damals unterlag er dem Niederländer Michael van Gerwen mit 3:7. Der 31 Jahre alte Smith hatte zuvor bei dieser WM geglänzt und mit seinen Topleistungen die beiden Favoriten Price und Jonny Clayton (ebenfalls Wales) aus dem Turnier genommen.
Smith wartet noch immer auf seinen ersten großen Major-Titel und hat schon viele wichtige Endspiele verloren. Dass das Publikum im vollbesetzten Alexandra Palace zu ihm hielt, reichte dem Lokalmatador am Ende auch nicht. «Michael wird bald dran sein», versprach Wright im folgenden Interview – die Fans feierten und besangen derweil Verlierer Smith. Dieser sagte: «Ich werde mich bereit machen für den nächsten Anlauf.»
Finale begann mit einigen Patzern
Das Finale eines hochklassigen Turniers, das neben einigen Weltklasse-Matches auch vom Corona-Chaos und daraus folgenden Spielabsagen geprägt war, startete mit vielen Fehlern. Gleich im ersten Satz warfen Wright und Smith aberwitzig viele Pfeile am Doppel vorbei. Zwischenzeitlich hatten beide Weltklasseakteure eine Quote im einstelligen Prozentbereich. Smith wirkte allgemein fahrig und leistete sich zunächst einige Fehler.
Ab dem dritten Satz wurde das Match deutlich hochwertiger. Smith traf die Triple-Felder plötzlich wie in den vorherigen Runden und hatte bereits nach vier gespielten Sätzen elf Aufnahmen mit der Höchstpunktzahl von 180. Routinier Wright hingegen wechselte mal wieder während der Begegnung die Darts, ließ aber zu Beginn deutlich mehr Chancen liegen als tags zuvor beim 6:4 gegen Landsmann Gary Anderson.
Je länger das Spiel dauerte, desto spannender wurde es. Der leichte Finalaußenseiter Smith machte aus einem 0:2-Rückstand eine 4:3-Führung und wirkte von Satz zu Satz sicherer. Danach steigerte sich Wright wieder. Es entwickelte sich ein Duell auf Augenhöhe und das spannendste WM-Finale seit Jahren. Am Ende waren es weit über 35 Aufnahmen mit dem Maximum von 180 Zählern.