Cameron (Mahershala Ali) verschweigt seiner Frau Poppy (Naomie Harris), dass er unheilbar krank ist. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Kimberley French/Apple TV+/dpa)

Mahershala Ali hat mit 47 schon zwei Oscars als bester Nebendarsteller gewonnen. Die erste Trophäe holte der US-Star 2017 mit seiner Nebenrolle in dem Drama «Moonlight», als Drogenhändler und Ersatzvater für einen schwarzen Heranwachsenden.

Zwei Jahre später glänzte er in dem Rassismusdrama «Green Book – Eine besondere Freundschaft» als Pianist, der in den 1960er Jahren mit einem weißen Chauffeur (Viggo Mortensen) durch die US-Südstaaten reist.

Nun endlich eine verdiente Hauptrolle, und das gleich doppelt. Das futuristische Drama «Schwangengesang» (Originaltitel: «Swan Song») auf Apple TV+ spielt in der nahen Zukunft. Ali verkörpert den Familienvater Cameron Turner und dessen Klon Jack, der in einem abgeschiedenen Labor von der Ärztin Dr. Jo Scott (Glenn Close) und ihrem Team geschaffen wurde. Die Golden-Globe-Jury würdigte die emotionale Tour de Force des Schauspielers kürzlich mit einer Nominierung als bester Drama-Hauptdarsteller.

Packendes Gefühlsdrama in einer Zukunftswelt

«Schwangengesang» mag in einer Zukunftswelt spielen, mit selbstfahrenden Autos, Robotern, die in Zügen Essen verkaufen, und Forschern, die an echt aussehenden Klonen basteln. Doch die Science-Fiction-Bilderwelt ist nur Hintergrund-Kulisse für ein packendes Gefühlsdrama mit der Kernfrage, wie weit man gehen soll, um nahe stehende Menschen vor Leid zu bewahren.

Cameron ist unheilbar krank, doch das verschweigt er seiner schwangeren Ehefrau Poppy, gespielt von James-Bond-Star Naomie Harris (45), und dem zehnjährigen Sohn. Er darf seiner Familie nicht die Wahrheit sagen, wenn er sich auf das experimentelle Klonen einlässt und mit Jack alias Cameron eine perfekte Kopie von sich der Nachwelt hinterlässt – und ihr auf diese Weise Abschiednehmen und Trauer erspart.

«Es geht um Liebe, Familie und das Dilemma, was mit deinen Liebsten passiert, wenn man für sie nicht mehr da sein kann», erzählt Ali im dpa-Interview. Für die britische Schauspielerin Harris ist es ein «unglaublich nachdenklich machender» Film.

Harris, die in «No Time to Die» die Rolle der Bond-Sekretärin Miss Moneypenny und neben Ali in «Moonlight» eine drogensüchtige Mutter spielte, hält große Stücke auf Benjamin Cleary, der mit «Schwanengesang» sein Spielfilmregiedebüt gab.

Leben, Familie, Freunde, Tod

Der irische Nachwuchs-Regisseur kam in Hollywood bereits zu Oscar-Ehren. Für seinen Kurzfilm «Stutterer», wurde er 2016 mit einem Oscar ausgezeichnet. Das Drehbuch für «Schwanengesang» stammt aus seiner Feder, beeinflusst von dem Tod von drei Freunden, als er 19, 20 und 21 Jahre alt war. «Über Jahre hinweg lebte ich ständig mit dem Gedanken, dass noch mehr liebste Menschen sterben, oder wie es meiner Familie ergehen würde, wenn ich sterben würde», erzählt Cleary.

Anfangs hatte er keine schwarze Familie im Auge, doch als Oscar-Preisträger Ali als Hauptdarsteller und Produzent an Bord kam, schrieb Cleary das Skript kurzerhand um. «Dies ist eine universelle Geschichte. Jeder muss sich mit Trauer, Verlust und all den anderen Elementen von Liebe, Familie und Beziehungen auseinandersetzten», meint der Regisseur.

Für Ali war es eine seltene und willkommene Gelegenheit, einen liebevollen Vater in einer intakten Familie zu spielen. In Hollywood-Geschichten würde diese Darstellung mit Schwarzen viel zu selten vorkommen. Er habe mehrmals Vaterfiguren gespielt, aber oft nur als Mentor von Kindern aus kaputten Verhältnissen.

Ali verkörpert den todkranken, von Zweifeln geplagten Vater und dessen Klon mit packender Intensität. In einer Szene treffen sie in dem Versuchslabor aufeinander, als Camerons gesamte Lebenserinnerungen, auch die aus seiner frühesten Kindheit, auf Jack übertragen werden. Der Film hat visuell beeindruckende Sci-Fi-Szenen, doch die Gefühlswelt der Charaktere steht immer im Mittelpunkt. «Keine Ahnung, was die richtige Entscheidung ist», sinniert Cameron im Gespräch mit Kate, gespielt von Rapperin Awkwafina («The Farewell»), ebenfalls eine kranke Patientin im Klon-Labor.

«Als Regisseur hofft man, dass nach dem Film, wenn die Lichter wieder angehen, die Gespräche beginnen», sagt Cleary. «Schwanengesang» bietet jede Menge Gesprächsstoff und einen weiteren Oscar-würdigen Auftritt von Mahershala Ali.

Von Barbara Munker, dpa

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