Solarkonzern Meyer Burger: Am Standort Freiberg sind 500 Arbeitskräfte beschäftigt. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Sebastian Kahnert/dpa-Zentralbild/dpa)

Die Ankündigung kam nicht überraschend, trotzdem ist das Entsetzen groß: Meyer Burger, Hersteller von Solarmodulen, bereitet die Schließung seines Werks im sächsischen Freiberg vor. Wegen des sich verschlechternden europäischen Marktumfelds sei die Produktion in der Region nicht mehr rentabel, teilte das Schweizer Unternehmen mit. Sollten in der deutschen Fabrik die Lichter ausgehen, könnte die Abhängigkeit von chinesischen Herstellern im Solarbereich weiter wachsen. Die Landespolitik reagiert alarmiert – und fordert Unterstützung von der Bundesregierung.

Droht erneuter Solar-Kahlschlag?

Nach dem Kahlschlag in der Solarindustrie in den 2010er Jahren hatten in Sachsen und Sachsen-Anhalt wichtige Teile der Wertschöpfungskette überlebt. Doch nun stehen erneut Jobs auf der Kippe, 500 Menschen sind derzeit in Freiberg beschäftigt. Meyer Burger hat ein schrittweises Vorgehen angekündigt: Zunächst werde die Produktion in der ersten Märzhälfte eingestellt. Davon verspreche sich das Unternehmen erhebliche Einsparungen ab April. Die Schließung soll dann Ende April in Kraft treten.

Geschäftsführer Gunter Erfurt machte aber deutlich, dass noch nicht endgültig feststeht, ob es wirklich so weit kommt. Bis das Unternehmen Mitte März seine Jahreszahlen bekannt gibt, sei noch Zeit für eine Lösung auf politischer Ebene. «Es könnte also auf die allerletzte Sekunde klappen», so Erfurt. Er forderte eine höhere Förderung für Solaranlagen aus europäischer Herstellung. Bisher konnte sich die Bundesregierung jedoch nicht auf den sogenannten Resilienz-Bonus einigen.

Forderungen an den Bund

Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer sieht nun die Bundesregierung in der Verantwortung. «Es ist unerträglich, dass trotz Solar-Booms die deutsche Industrie so in Bedrängnis gerät», sagte der CDU-Politiker. Die Bundesregierung müsse beim rettenden Resilienz-Bonus einigen. Auch der sächsische Wirtschaftsminister Martin Dulig (SPD) erklärte, dem Bund blieben wenige Tage, um entsprechende Rahmenbedingungen zu schaffen, damit in Deutschland eine Produktion von Solarmodulen wieder wirtschaftlich möglich sei. Sachsens Energieminister Wolfram Günther (Grüne) sieht noch Chancen für eine Rettung. «Ich fordere die Verantwortlichen auf, umgehend zur Besinnung zu kommen.»

Bereits im Januar hatte Meyer Burger gewarnt, dass es bis Mitte Februar eine Entscheidung treffen werde, sofern keine ausreichenden Maßnahmen zur Herstellung fairer Wettbewerbsbedingungen in Europa, etwa durch Resilienzmaßnahmen, ergriffen werden.

Bundesregierung verhandelt mit Meyer Burger

Die Bundesregierung sei sich der schwierigen Lage der Solarindustrie bewusst und stehe weiterhin im «intensiven und vertrauensvollen Austausch» mit dem Unternehmen, teilte das Bundeswirtschaftsministerium mit. Man sei zudem bemüht, die Rahmenbedingungen für die Branche in Deutschland und Europa zu verbessern. Das Ministerium verwies auf den sogenannten «Net Zero Industry Act» der EU, der etwa die Solar- und Windkraftbranche stärken solle. Konkret gehe es um Ausschreibungen für erneuerbare Energien. In 30 Prozent aller Ausschreibungen müssten Kriterien wie Resilienz und Nachhaltigkeit belohnt werden.

Das Wirtschaftsministerium erklärte weiter, die Bundesregierung habe eine Exportkreditgarantie für die Produktion von Maschinen im Zusammenhang mit dem Aufbau der Solarmodulproduktion in den USA grundsätzlich zugesagt. Damit werde der Weiterbetrieb des Meyer-Burger-Standorts Hohenstein-Ernstthal in Sachsen ermöglicht. Dort werden Maschinen hergestellt, die auch für den Export bestimmt sind.

Wiederholt sich der Solar-Crash im Osten?

Die Solarindustrie war seit der Jahrtausendwende über etwa eineinhalb Jahrzehnte eine Boombranche und Jobmaschine gerade in Ostdeutschland – auch wegen massiver staatlicher Förderung des Solarabsatzes. In Thüringen, Sachsen und Sachsen-Anhalt arbeiteten nach früheren Angaben zeitweise etwa 14 000 Menschen bei Solarzellen- und Modulherstellern und weitere 2500 bei Photovoltaikausrüstern.

Dann kam der Crash, der sich ab 2013 über Jahre hin bis etwa 2018 erstreckte. Thüringen beispielsweise – einst Sitz des Börsenstars Ersol AG in Erfurt, einem großen Solarwerk von Bosch bei Arnstadt, vielen Solar-Mittelständlern und vorzeigbaren Forschungskapazitäten – ist inzwischen so gut wie ohne produzierende Solarindustrie. Und damit einer Branche, die für die Energiewende unverzichtbar ist. Der Niederhang begann auch damals mit dem Aufstieg chinesischer und anderer asiatischen Hersteller, die billiger produzierten und große Marktanteile eroberten. Nun droht der nächste Tiefschlag für die Region.

Von Daniel Josling, Marie-Helen Frech, Verena Schmitt-Roschmann und Simone Rothe, dpa

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