Als alle Zuschauer die Rod-Laver-Arena verlassen hatten, kam Alexander Zverev zurück. Aufschlag um Aufschlag hämmerte Deutschlands bester Tennisspieler nach seinem 6:4, 6:4, 6:0 gegen den Australier John Millman und seinem souveränen Drittrunden-Einzug in Melbourne ins Feld.
Von der linken Seite, von der rechten Seite und beobachtet von Bruder Mischa Zverev. Damit sich sein Wunsch erfüllt, bei den Australian Open erstmals bei einem Grand-Slam-Turnier zu triumphieren, will der 24-Jährige nichts unversucht lassen. Dafür trainiert er auch, wenn es auf Mitternacht zugeht, nach einem Match.
«Für mich ist es wichtig, mit einem guten Gefühl ins Bett zu gehen, und wenn ich dafür halt 20 Minuten länger auf dem Platz verbringen muss, ist das wichtiger», erklärte die Nummer drei der Welt in Melbourne: «Ich komme eh nicht vor 4.00 Uhr morgens ins Bett.»
Nächster Zverev-Gegner: Radu Albot aus Moldau
Am Donnerstag kann der große deutsche Hoffnungsträger ausschlafen. Erst am Freitag spielt er gegen Radu Albot aus Moldau um das Erreichen des Achtelfinals. Auch gegen den Qualifikanten und Weltranglisten-124. sollte er normalerweise nicht sein komplettes Potenzial abrufen müssen. Allerdings: Das bisher einzige Duell bei den US Open 2019 ging erst in fünf Sätzen an ihn.
«Ich habe gegen viele in der Zeit fünf Sätze gespielt. Das war so eins meiner Lieblingsthemen, so fünf Sätze zu spielen auf unnötige Art und Weise vielleicht», sagte der Melbourne-Halbfinalist von 2020 und fügte mit Blick auf Albot an: «Aber klar, er ist jemand, der gerade in Topform ist. Es wird ein spannendes Match.»
«Es war eine großartige Atmosphäre»
Gegen den Weltranglisten-89. Millman hatte Zverev keine Spannung aufkommen lassen. In knapp unter zwei Stunden beendete Zverev die Hoffnungen auf einen Coup des heimischen Teilnehmers. «Es war eine Steigerung zur ersten Runde. Die Grundlinienduelle haben mir gut gefallen, er ging flüssig durch den Schlag, gerade bei der Vorhand», urteilte Eurosport-Experte Boris Becker: «Der erste Aufschlag war bärenstark, über den zweiten reden wir nicht.»
In jedem Fall bewies Zverev seine mittlerweile gewonnene Fähigkeit, sich bei Grand-Slam-Turnieren in den ersten Runden nicht mehr wie in früheren Jahren aufzureiben. Auch von Anfeuerungsrufen für den australischen Außenseiter ließ er sich nicht irritieren. «Ich war darauf vorbereitet, dass jeder mich hassen wird nach dem Match», sagte Zverev schmunzelnd im Siegerinterview in der Rod-Laver-Arena und freute sich, dass trotz der Coronavirus-Pandemie Zuschauer zugelassen sind. «Es war eine großartige Atmosphäre, und ich hoffe, es wird noch lauter in den nächsten Matches.»
Zverev scherzte mit dem Publikum. Er habe für die Unterhaltung auch ein wenig übertrieben, verriet er später. Dass er nicht wisse, wo seine Goldmedaille von Tokio sei, stimme dann doch nicht so ganz. Sein Bruder habe sie für einen Termin mitgenommen. Das wertvolle Stück sei in verantwortungsbewussten Händen.
Nadal lobt besiegten Hanfmann
Der Olympiasieg ist für ihn der bislang größte Erfolg, in Melbourne kann er ihn toppen. Auf dem Weg dorthin könnte er es im Viertelfinale mit dem spanischen Weltklasse-Spieler Rafael Nadal zu tun bekommen, gegen den der Karlsruher Qualifikant Hanfmann 2:6, 3:6, 4:6 verlor. «Ich habe Sascha gefragt, wie ich ihn jetzt schlage, um ihn aus dem Weg zu räumen. Das hat nicht geklappt, Sascha muss das schon selber machen», sagte die Nummer 126 der Welt und stufte seinen ATP-Cup-Teamkollegen für dieses mögliche Duell als «ein bisschen favorisiert» ein. Hanfmann selbst bekam Lob von Nadal, dem 20-fachen Grand-Slam-Turniersieger: «Ich denke, sein Tennis-Level war heute viel höher als seine Ranglistenposition», sagte der Spanier.
Wie Hanfmann schieden der Schwarzwälder Dominik Koepfer (gegen Reilly Opelka aus den USA) und der Kölner Oscar Otte (gegen den Italiener Lorenzo Sonego) aus. Kevin Krawietz und Andreas Mies freuten sich hingegen, nach über einem Jahr wieder bei einem Grand-Slam-Turnier zusammen anzutreten und zogen dank eines 7:6 (9:7), 6:3 gegen den Mexikaner Santiago Gonzalez und Andres Molteni aus Argentinien in die zweite Runde ein. «Ich freue mich riesig darüber», erzählte Zverev.