Die Ukraine setzte sich nach Rückstand noch gegen die Slowakei durch. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Marius Becker/dpa)

Als kein Zweifel mehr am ersten Sieg bei dieser Fußball-EM bestand, sanken die Ukrainer müde zu Boden. Um sich gegenseitig in die Arme fallen zu können, rafften sie sich wieder auf, und kurz danach zogen sie teilweise mit Tränen in den Augen vor die Kurve ihrer Fans, die etliche blau-gelbe Flaggen in die Höhe reckten und rhythmisch «U-kra-ina! U-kra-ina!» skandierten.

Die Spieler stimmten nach dem 2:1 (0:1) gegen die Slowakei direkt mit ein. Nach dem ersten Sieg im zweiten Turnierspiel besteht die Chance auf den Achtelfinaleinzug weiter.

«Ich freue mich einfach für die Spieler», sagte Trainer Serhij Rebrow bei MagentaTV/RTL. «Das ist für uns emotional, auch in der Ukraine natürlich ein Pfund.» Nach dem Rückstand habe sein Team gut reagiert und es insgesamt «ganz gut gemacht, ein paar Fehler zwar auch, aber das gehört dazu», erklärte Rebrow: «Wir haben einfach Spirit gezeigt, wir haben Teamgeist gezeigt.»

Für das Nationalteam des vom russischen Angriffskrieg gebeutelten Landes drehten Mykola Schaparenko (54. Minute) und Roman Jaremtschuk (80.) die Partie am Freitag in Düsseldorf. Ivan Schranz (17.) hatte die Slowakei in Führung gebracht. Der Stürmer von Slavia Prag hatte schon beim 1:0 zum Auftakt gegen Belgien getroffen. Beide Teams sind nach zwei Spielen nun punktgleich. Die Ukraine hatte das erste Spiel 0:3 gegen Rumänien verloren.

Rebrow nimmt Real-Torwart Lunin raus

Als Reaktion darauf nahm Trainer Rebrow vier personelle Wechsel in der Startelf vor und unter anderem Real Madrids Andrij Lunin aus dem Tor. Dafür stand Anatolij Trubin von Benfica Lissabon zwischen den Pfosten.

Und der brillierte früh gegen Lukas Haraslin (10.) nach dessen feiner Einzelaktion und Schranz, der nur Sekunden später per Volleyabnahme scheiterte. Der Benfica-Keeper parierte auch einen Freistoß von David Hancko (17.) noch stark, war kurz darauf bei der nächsten Chance der Slowaken aber machtlos. Schranz, der schon den 1:0-Siegtreffer im ersten Spiel gegen Belgien erzielt hatte, traf per Kopf, weil Ukraines größter Star im EM-Team, Olexander Sintschenko vom FC Arsenal, einen üblen Stellungsfehler fabrizierte.

Auch in ihrem zweiten EM-Spiel wirkte die Ukraine zunächst lange verunsichert. Sintschenko hatte erst am Vortag bekannt, dass das Team unter der Situation in der Heimat leide und mit den Gedanken teilweise woanders sei. Nach der Schlappe gegen Rumänien hatte Rebrow versucht, sein Team möglichst kompakt einzustellen. Die eng zusammenstehenden zwei Viererketten in der Defensive wurden jedoch immer wieder recht einfach durchdrungen.

Ukraine kommt vor der Pause besser ins Spiel

Erst nach rund einer halben Stunde zeigte die Ukraine auch in der Offensive ihr Potenzial, blieb im Abschluss aber glücklos und agierte oft zu umständlich. Olexander Tymtschyk setzte den Ball bei der bis dahin größten Möglichkeit an den Pfosten (34.). Bis zur Pause war die Ukraine nun spielbestimmend und drückte auf den Ausgleich.

Der fiel erst nach der Pause, war inzwischen auch verdient. Die Ukraine blieb zwar defensiv anfällig, war mit ihren flinken Vorstößen aber stets gefährlich. Dynamo Kiews Schaparenko verwertete schließlich freistehend im Strafraum eine Hereingabe von Sintschenko. Das erste EM-Tor der Ukraine wurde lautstark von den tausenden ukrainischen Fans im Stadion – darunter auch Verbandspräsident Andrij Schewtschenko – bejubelt.

Nach dem Ausgleich blieben die Ukrainer dran und drängten auf den Sieg, den sie sich mit einer Energieleistung und einem feinen Tor auch verdienten. Der beim FC Valencia angestellte Jaremtschuk nahm einen lang geschlagenen Ball elegant an und spitzelte diesen mit dem zweiten Kontakt an Martin Dubravka im slowakischen Gehäuse vorbei.

Von Carsten Lappe und Morten Ritter, dpa

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