Stau auf der A10, dem Berliner Ring, bremst an diesem Freitagnachmittag nicht nur den Verkehr aus, sondern auch die Vorführung eines neuen Baustellen-Warnsystems der Autobahngesellschaft – zumindest kurz. Erst ab einer Geschwindigkeit von etwas mehr als 70 Kilometern pro Stunde wird der Warnhinweis auf dem Display hinterm Lenkrad mit einem Piepen angezeigt: «Baustelle voraus – 400 Meter».
Die Information erhält das Auto von einem mobilen Absperrschild, ein Fahrzeug mit blinkenden Pfeilen, wie es bei spontanen Arbeiten entlang von Autobahnen oft zum Einsatz kommt. 1500 solcher Fahrzeuge hat die Autobahngesellschaft des Bundes. Bis Ende 2023 sollen alle von ihnen mit der Sendetechnik ausgestattet werden.
Es geht um intelligente Verkehrsleitsysteme
«Das ist der Einstieg in die direkte Kommunikation mit Fahrzeugen auf der Autobahn», betonte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) am Freitag bei der Vorstellung des Projekts im brandenburgischen Erkner. «Künftig werden Auto- und LKW-Fahrer in Echtzeit über Kurzzeit- und Tagebaustellen informiert, und das rechtzeitig bevor eine Baustelle beginnt.»
Das beuge Überraschungen vor, der Fahrer könne sich frühzeitig auf die Gefahr einstellen. «Der Baustellenwarner zeigt eindrucksvoll, was kooperative intelligente Verkehrssysteme leisten können. Sie machen den Straßenverkehr nicht nur sicherer und besser, sie machen ihn auch effizienter und nachhaltiger», sagte Wissing.
Denn der Baustellenwarner ist Teil einer größeren Idee: Mit den C-ITS – nach der englischen Bezeichnung Cooperative Intelligent Transport Systems – sollen Fahrzeuge künftig untereinander und mit der Infrastruktur selbstständig kommunizieren und sich warnen können bei spontanen Unfällen oder anderen unvorhersehbaren Verkehrsereignissen. Sie sollen den Unsicherheitsfaktor Mensch im Straßenverkehr etwas sicherer machen. Hintergrund ist eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2010.
Doch wie weit dieser Weg noch ist, zeigt das neue Baustellenwarnsystem anschaulich. Zwar kann die Sendetechnik flexibel in allen möglichen Fahrzeugen oder Teilen der Infrastruktur verbaut werden. So will etwa der ADAC als Kooperationspartner die Technik nutzen, um auch bei Pannenfahrzeugen auf der Autobahn schnell den nachfolgenden Verkehr zu warnen.
Die Infos sollen auch über den Navi laufen
Doch empfangen können die Informationen bislang nur neuere Volkswagenmodelle. Der Konzern war der Autobahngesellschaft zufolge maßgeblich an der Entwicklung und den Tests mit der neuen Technik beteiligt. VW setzt bei der Übertragung der Daten auf WLAN. Andere Akteure bevorzugen dem ADAC zufolge zur Übertragung aber den 5G-Standard. Einen europäischen Standard gibt es bislang nicht.
Die Autobahngesellschaft arbeitet daran, die Technik schneller zu verbreiten. Sie will die Informationen zu den Tagesbaustellen auch Dritten über Datenplattformen zur Verfügung stellen, etwa Herstellern von Navigationsgeräten oder anderen Dienstleistern aus dem Mobilitätssektor. Auf diese Weise könnten sie auch in älteren Fahrzeugen empfangen werden.
Bis Ende 2022 sollen nun zunächst die fahrbaren Absperrtafeln ausgewählter Autobahnmeistereien auf dem Autobahnkorridor A3, von den Niederlanden über Frankfurt bis nach Österreich, mit der neuen Technik ausgestattet werden. Auch Berlin ist Teil davon. Bis Ende 2023 sollen dann alle mobilen Absperrtafeln der Autobahn GmbH im Bundesgebiet damit ausgerüstet sein.