Ansel Elgort (l) als Tony and Rachel Zegler (Maria) in einer Szene des Films «West Side Story». (Urheber/Quelle/Verbreiter: Niko Tavernise/Walt Disney Studios/dpa)

Steven Spielberg steht für Filmklassiker wie «E.T.», «Jurassic Park», «Zurück in die Zukunft», «Der weiße Hai», «Schindlers Liste» und «Indiana Jones». Er gilt als einer der kommerziell erfolgreichsten Regisseure.

Ein Musical war in seinem Lebenslauf bislang allerdings noch nicht zu finden. Das hat der 74-Jährige nun mit der Kino-Adaption des enorm erfolgreichen Musicals «West Side Story» nachgeholt. Und wo Spielberg drauf steht, könnte ein Kassenschlager drin stecken. Ob ihm mit «West Side Story» nun erneut der große Wurf gelingt?

Spielberg bleibt der Vorlage treu

Spielberg bringt das 1957 uraufgeführte Stück aus der Feder von Leonard Bernstein (Musik), Stephen Sondheim (Liedtexte) und Arthur Laurents (Buch) eins zu eins auf die Leinwand. Wie auch im Original spielt die Geschichte im New York der 50er Jahre. Der Krieg hat seine Spuren hinterlassen, auf den Straßen tobt – zumindest zwischen den rebellischen einheimischen und zugewanderten Jungen – ein Bandenkrieg. Die weißen Jets gegen die Sharks mit ihren in Puerto Rico liegenden Wurzeln.

Im Mittelpunkt des Musicals stehen Tony (Ansel Elgort) und Maria (Rachel Zegler). Er war einst Anführer der Jets und ist nach seinem Gefängnisaufenthalt nun geläutert. Sie ist die Schwester des Anführers der Sharks. Die beiden verlieben sich bei einem Tanzball unsterblich ineinander – das Drama ist vorprogrammiert. Die ohnehin schon heiß schwelenden Konflikte schaukeln sich weiter hoch und eskalieren blutig. «West Side Story» holt im Original wie im Film die tragische Liebesgeschichte von «Romeo & Julia» in die amerikanische Nachkriegszeit.

Spielberg bleibt der ursprünglichen Idee des Stücks in seinem Film bis ins letzte Bild treu. Schon im Vorfeld hatte er auch erklärt, dass er sich noch enger an das Original halten wolle, als es der mit zehn Oscars ausgezeichnete Film 1961 tat, vor allem bei der Besetzung mit lateinamerikanischen Darstellern.

Die Kulisse ist dem Buch entsprechend perfekt inszeniert: Es dampft aus Gullideckeln, kleine Lädchen stehen leuchtend zwischen eingestürzten Häusern, Zeitungen fliegen durch die Straßen, die Kamera fängt die traurige Umgebung mit ihren zerstörten Häuserfluchten durch ruhige Kamerafahrten ein. Auch der Konflikt zwischen den Ethnien wird nachvollziehbar erzählt und gezeigt.

Etwas langatmig erzählt

Ein Hingucker ist außerdem Tonys Beschützerin und Kioskbesitzerin Valentina. Sie wird von Rita Moreno gespielt, die bereits 1961 in der preisgekrönten Verfilmung mitgespielt hatte. Damals noch als Anita, also der Freundin von Marias Bruder.

Der Film fühlt sich dabei in jeder Hinsicht wie ein alter Klassiker an, und alte Klassiker sind wahrlich nicht schlecht. Im Gegenteil. Doch das Kinomusical von Spielberg könnte es damit schwer haben, die richtige Zielgruppe zu erreichen. Für jüngere Kinogänger dürfte es zu langatmig und belanglos sein, älteren fehlen möglicherweise Identifikationsfiguren.

Dennoch: Die Bilder bleiben imposant; die Kamerafahrten fangen die Szenerie sehr gewählt und ausdrucksstark ein. Die Tänze auf den Straßen, in den Kaufhäusern und im Tanzsaal sind mitreißend choreografiert und bunt und gut gelaunt. Zum Teil symbolisieren sie geschickt die Kämpfe zwischen den Gangs. Und die Stimmen der Schauspieler – vor allem der Hauptdarsteller – beeindrucken. Auch ist der Musicalfilm durchaus unterhaltsam, aber streckenweise eben doch langatmig.

Trotz seiner Länge von 155 Minuten hinterlässt Spielbergs «West Side Story» aber auch erstaunlich wenig Spuren. Dennoch gehen natürlich die mehr als 60 Jahre alten Lieder aus dem Musical ins Ohr – vor allem «Tonight», «Somewhere» und «America». Hängen bleiben auch das erste Treffen und die Inszenierung der Gefühle der beiden Hauptdarsteller. Diese Liebe auf den ersten Blick! Man fühlt den «Big Bang», den großen Knall, der beiden jungen Liebenden direkt mit.

West Side Story, 2021, 155 Min., FSK o.A., von Steven Spielberg, Drehbuch Tony Kushner, mit Ansel Elgort, Rachel Zegler, Ariana DeBose, David Alvarez, Rita Moreno

Von Christiane Bosch, dpa

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