Alexander Klaws jubelt über seinen Sieg. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Rolf Vennenbernd/dpa)

Durch das deutsche Fernsehen schwappt gerade eine Retro-Welle. «Wetten, dass..?» erlebte ein Comeback, «TV total» ebenso. Und auch über die Bühne der ProSieben-Show «The Masked Singer» weht am Samstagabend ein Hauch von Millennium-Nostalgie.

Es treffen aufeinander: Alexander Klaws, 2003 allererster Sieger der Castingshow «Deutschland sucht den Superstar» (RTL), und Sandy Mölling, die im Jahr 2000 bei «Popstars» mit der Band No Angels den Casting-Boom auslöste. Nur sehen sie anders aus als damals. Der eine trägt eine Bananenschale auf dem Kopf und haust in einer Tonne. Die andere zieht einen Raupenkörper mit Rollschuhen hinter sich her.

Duell der Casting-Pioniere

Das Finale der fünften Staffel der Show, in der Promis ihre Identität unter kurioser Kostümierung verbergen und singen, ist – ungeplant – zu einem Duell der Casting-Pioniere geworden. Am Ende gewinnt Klaws, der die meisten Stimmen der Zuschauer bekommt. Das mag auch daran liegen, dass er die wundersamste Verwandlung durchmacht. Als er sich aus dem Kostüm zwängt, ist der Jubel groß.

Mehrere Wochen lang hatte der Sänger als blaues Monster Mülli Müller Schabernack auf der Bühne getrieben – und extrem unterhaltsame Auftritte geliefert. Mal sang er gefühlvoll wie Whitney Houston, mal brüllte er wie Rage Against the Machine. «Auf ein Bier und auf ’ne Dusche», sagte Klaws, als er danach gefragt wurde, auf was er sich nach der ganzen Sache freue. «Ich bin immer noch die Hälfte Mülli.»

Nach seinem Sieg bei «Deutschland sucht den Superstar» war der Musiker aus Ahlen eher als sanfter Popsänger bekannt geworden. Sein Lied «Take Me Tonight», komponiert von Dieter Bohlen (67), wurde ein Nummer-eins-Hit. Später schwenkte er in Richtung Musical um und übernahm die Hauptrolle in «Tarzan». 2014 gewann er zudem die RTL-Tanzshow «Let’s Dance».

Wundersame Verwandlung

Nun aber ergriff Mülli Müller von ihm Besitz. «Ich habe diesen Kopf aufgesetzt und irgendwas ist mit mir passiert», berichtete Klaws über seine Metamorphose. «Irgendein Hebel hat klick gemacht und ich bin völlig durchgedreht.» Mittlerweile habe er ja auch schon viel gemacht in seiner Karriere. «Aber das ist die geilste Scheiße.»

Man wäre Klaws wohl nicht zu nahe getreten, wenn man ihn vor der Sendung nicht der Rock-Abteilung zugerechnet hätte. Als Mülli aber haute er ordentlich auf den Putz. Auch sang er mit verstellter Stimme. Es wisse keiner, dass er tief in sich ein Herz für Metal-Musik habe, so Klaws. «Wer soll das auch wissen? Aber das ist so, meine Frau kann das bestätigen. Wenn ich irgendwann mal genervt bin und ich steh‘ auf und höre Rock Antenne, dann weiß meine Frau auch: Okay, den lasse ich jetzt mal zehn Minuten alleine da oben.»

Dass er unter der Müllmonster-Maske stecken könnte, war allerdings schon zuvor ein heißer Tipp gewesen. Vor allem Moderatorin Ruth Moschner (45), die im Rateteam der Sendung saß, war von Mülli angetan. «Ich habe ein kleines bisschen Herzklopfen bei Mülli Müller. Weil er süß ist», flüsterte sie vor einem Auftritt. Natürlich könne es auch Klaws sein, gab sie später zu Protokoll. «Aber bin ich in Alex Klaws verliebt? Nein, eigentlich nicht.» Nach der Enthüllung könnte es nun Klärungsbedarf geben.

Zugleich war der Job als Unrat-Ungeheuer – eine Art gut gelaunte Version von Rumpel aus der Regentonne – Schwerstarbeit. «Ich habe irgendwann aufgehört zu zählen, wie oft mir schwarz vor Augen wurde. Weil: Darunter kriegst du einfach echt keine Luft», sagte Klaws über das massige Kostüm. Das hielt ihn aber nicht davon ab, akrobatisch über die Bühne zu jagen. «Jetzt reißen wir noch mal die Hütte ab!», brüllte das flauschige Vieh bei seinem Final-Lied.

Insgesamt 3,25 Millionen Zuschauerinnen und Zuschauer sahen das Finale, das brachte ProSieben einen Marktanteil von 12,3 Prozent ein. In der Zielgruppe der 14-49-Jährigen waren es 1,77 Millionen und eine Quote von 25,6 Prozent.

Klaws (38) setzte sich in der letzten Abstimmung gegen Mölling (40) von den No Angels durch, die als Raupe auf Rollschuhen entlarvt wurde. Ihre Band-Kolleginnen waren ihr allerdings schon auf die Schliche gekommen, wie sie verriet. «Sie haben gleich Nachrichten geschickt per WhatsApp. Klar, sie haben gesagt: Mäuschen, wir haben dich sofort erkannt.» Zudem wurden im Finale die österreichische Popsängerin Christina Stürmer (39) als Heldin und Musikerin Carolin Niemczyk (31) von der Band Glasperlenspiel als Mops enttarnt.

In den Shows zuvor waren unter anderem «Tagesschau»-Chefsprecher Jens Riewa (58) aus einem Chili-Kostüm und Fußball-Weltmeister Pierre Littbarski (61) aus einer Verkleidung als Hammerhai geklettert.

Weiter geht’s

Klaws beerbte mit seinem Sieg Popsänger Sasha (49), der die vierte Staffel als Dino gewonnen hatte. Gekürt wurde er von den Zuschauern diesmal unüblicherweise per Telefon und SMS. ProSieben erklärte, es habe technische Probleme mit der zuletzt verwendeten App gegeben. Erstmals lief «The Masked Singer» samstagabends. Und Nachschub kommt schon bald: An Weihnachten läuft eine Spezial-Ausgabe.

Bei «The Masked Singer» treten Promis als Sänger auf, verstecken ihre wahre Identität aber hinter einer aufwendigen Kostümierung. Die Stars werden enttarnt, sobald sie nicht genügend Stimmen bekommen – oder eben ganz am Ende gewinnen.

Von Sophie Brössler und Jonas-Erik Schmidt, dpa

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