Tim Bendzko ist unter die Camper gegangen. Der Sänger ist derzeit mit eigenem Wohnmobil auf Promotour und dann auf Konzertreise unterwegs. Er habe auf Campingplätzen schon sonnige Tage, Regen und Schnee erlebt, berichtet Bendzko im Gespräch der Deutschen Presse-Agentur. Um Wetter geht es auch indirekt auf dem Album «April».
Der Monat stehe für ihn für das Auf und Ab der Gefühle. Wechselhaft wie das April-Wetter sind dann auch die 15 Songs auf der neuen Platte. Da wären die typischen Gute-Laune-Poplieder («Kein Problem», «Magneten», «Zu viel»), die nicht wirklich in die Tiefe gehen. Interessanter sind da schon die Stücke, die etwas mehr in die Seele des Künstlers blicken lassen, der 2011 mit «Nur noch kurz die Welt retten» seinen ersten Hit landete.
Diffuse Ängste und ein «Phantomschmerz»
Im melancholischsten Song des Albums, «Phantomschmerz», wird Bendzko, der in der Nähe von Potsdam lebt, nur vom Klavier begleitet und zeigt stimmlich eine deutlich größere Bandbreite. «Muss die Dämonen besiegen. Werd‘ sie nicht los, obwohl ich neben dir liege. Phantomschmerz», heißt es über eine Beziehung, die sich aus unerfindlichen Gründen nicht mehr so anfühlt wie zuvor.
In «Geisterjagd», das mit einem jazzigen Klaviersolo beginnt, besingt der 37-Jährige diffuse Ängste, die ihn immer wieder verfolgen und vermutlich jeder von uns kennt: «Du hast keinen Namen und kein Gesicht. Aber jeder kennt dich gut und du führst jeden hinters Licht».
«Angst ist kein guter Berater. Und trotzdem ist sie allgegenwärtig. Es ist schon ein Phänomen, wie präsent das Gefühl ist und wie wir damit umgehen», sagt Bendzko im dpa-Interview. «Es ist schade, dass wir darauf trainiert sind, vor maximal vielen Dingen Angst zu haben.» Im Lied heißt es trotzig: «Nein, nein, du kriegst mich nicht. Ich hab keine Angst vor dir.»
Wer rettet für uns die Welt?
Dass sich Tim Bendzko große Sorgen macht, zeigt die bereits 2022 veröffentlichte Single «Wer rettet die Welt für mich» über die Klimakrise und den Unwillen vieler, darauf angemessen zu reagieren. «Uns steht das Wasser bis zum Hals, ist dir das nicht aufgefallen? Hältst nicht ein, was du versprichst. Wer rettet die Welt für mich», singt da passenderweise ein Kinderchor.
Diese mit poppiger Leichtigkeit verbundene Gesellschaftskritik steht Bendzko gut. Denn privat zeigt er durchaus Haltung und macht sich über vieles nicht nur Sorgen, sondern auch Gedanken. Die meisten Texte spiegeln dagegen eher oberflächlich Lebensgefühle wie Freiheit und Liebe wieder – ohne jedoch konkret zu werden.
Damit ist Bendzko bislang gut gefahren. Seine vier Alben landeten allesamt auf den vorderen Plätzen der Charts, zweimal sogar auf der Spitzenposition. Singles wie «Keine Maschine», «Wenn Worte meine Sprache wären» oder «Hoch» wurden zu Hits.
«Ich bin jemand, der sehr selten Geschichten schreibt. Ich versuche eher, ein Gefühl zu beschreiben und einzufangen. Ich freue mich immer richtig, wenn ich ein Thema finde, das einen roten Faden hat und über das ich etwas erzählen kann, ohne dass es sich komisch anfühlt», erklärt Bendzko.
Etwas mehr Tiefgang wäre ganz schön
Das findet er dann auch auf «April». In der Abschlussballade «Für dich» singt der Songwriter, der sein Privatleben strikt aus der Öffentlichkeit raushält, detailliert über die Geburt seines Sohnes vor etwas mehr als zwei Jahren.
«Also ist heute der Tag. Wo hab ich das Auto geparkt? Dass es so schnell geht, hat keiner geahnt», singt er über den Tag der Geburt. Und weiter: «Für dich, für dich, für dich. Das ist alles, was ich fühle. So lange ging es nur um mich. Jetzt ist es deine Bühne.»
Mit seinem fünften Album, das vom Münchner Produzentenduo Truva produziert wurde, knüpft Bendzko konsequent an sein Erfolgsrezept an. Es ist musikalisch durchaus abwechslungsreich, könnte textlich aber hin und wieder mehr in die Tiefe gehen. Fazit: Souverän, aber bitte eine Portion mehr Seele.