Trauer um Jürgen Flimm. Der Regisseur und Intendant ist am Samstag im Alter von 81 Jahren in Hamelwörden nordwestlich von Hamburg gestorben. Die Berliner Staatsoper Unter den Linden, eine seiner zahlreichen Wirkungsstätten der vergangenen Jahrzehnte, teilte dies am Wochenende mit.
«Jürgen Flimm war ein Großmeister des Theaters und der Oper, ein bekennender Freund des Publikums, ein leidenschaftlicher Streiter für die Kunst», schrieb Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier an Flimms Witwe Susanne Ottersbach-Flimm. Er habe sein künstlerisches Talent in den Dienst der Menschen gestellt. «Und er hat auch auf der Bühne des
öffentlichen Lebens gewirkt. Immer wieder hat er neuen Schwung
in die kulturpolitische Debatte unseres Landes gebracht», so Steinmeier in einem am Sonntag veröffentlichten Kondolenzschreiben. Er sei Flimm freundschaftlich verbunden gewesen und habe ihn sehr verehrt. «Dem großen Theatermann gebührt zum Abschied ein letzter großer Applaus. Wir werden ihn und seine Kunst nicht vergessen.»
Auch Bundeskanzler Olaf Scholz würdigte Flimm. «Ob Theater, Oper, TV oder Kino – Jürgen Flimm hat die Bühnen als Regisseur und Intendant erneuert und geprägt – in Hamburg, dem Ruhrgebiet, Salzburg, Bayreuth, Berlin», schrieb der SPD-Politiker auf Twitter. «Sein großes Herz, seine Zuversicht und sein feiner Humor werden nun fehlen.»
Kulturstaatsministerin Claudia Roth sprach von «ansteckender Begeisterung» Flimms. Der Tod sei «ein großer Verlust für die Theater- und Opernwelt nicht nur im deutschsprachigen Raum», sagte die Grünen-Politikerin nach Angaben vom Sonntag. «Sein Mut zum kreativ Neuen machten ihn über fünf Jahrzehnte zu einem unserer wichtigsten Botschafter der Opern- und Theaterkunst.» Unter seiner Regie seien viele wunderbare Inszenierungen entstanden, die von Publikum und Kritik im In- und Ausland gefeiert worden seien.
Eine große Liebe zu den Künsten
Nordrhein-Westfalens Ministerpräsident Hendrik Wüst würdigte Flimm als «außergewöhnlichen Meister seines Fachs». Mit seinem Wirken habe er die Theaterszene in Deutschland und Europa jahrzehntelang nachhaltig geprägt, schrieb der CDU-Politiker auf Twitter. «Seine Intendanz hat den Kölner Bühnen weit über die Landesgrenzen hinaus und bis heute währenden Glanz verliehen.»
Die Nachfolgerin Flimms als Intendantin der Ruhrtriennale 2021 bis 2023, Barbara Frey, sagte: «Jürgen Flimm besaß eine große Liebe zu den Künsten. Für mich stand er für so vieles, vor allem für das ganz große Schauspieler:innentheater.»
Berlins Kultursenator Klaus Lederer schrieb auf Twitter: «Obwohl in der ganzen Welt künstlerisch zuhause und beruflich mit vielen deutschen Bühnen verbunden, strahlte er immer das offene und humorvolle Naturell seiner rheinischen Heimat aus. Gerade sein Humor und seine Offenheit machten Jürgen Flimm in meinen ersten Jahren als Senator zu einem engen Berater und guten Freund.»
Die Festspiele Salzburg, die Flimm 2006 bis 2010 leitete, bezeichneten ihn als einen der maßgeblichsten und erfolgreichsten Regisseure und Theaterleiter. «Als Opern- und Theaterregisseur feierte er Triumphe bei Publikum und Kritik», schrieb Intendant Markus Hinterhäuser. Als Schauspielchef setzte er Akzente mit konsequenter Nachwuchsförderung, als Intendant mit einem fein gesponnenen thematischen Gesamtkonzept. Als «Zeichen der Trauer und der Dankbarkeit» wehte eine schwarze Fahne am Festspielhaus.
Er war eine «Theaterlegende»
Der Intendant des Hamburger Thalia-Theaters, Joachim Lux, sprach von einem leidenschaftlichen Theatermenschen. «Jürgen Flimm war einer der herausragenden Intendanten der Republik, kunstsinnig, schlitzohrig und publikumsverliebt», sagte Lux in Hamburg. Flimm stand von 1985 bis 2000 an der Spitze des Hamburger Theaters. «Er hat sich vor sein Thalia geworfen wie ein Löwe, wann immer es notwendig war, und das war nicht selten. In Köln wie in Hamburg ermöglichte er immer wieder Künstler, die seinen eigenen beträchtlichen Ruhm sogar noch überstrahlten – dazu gehört Größe.»
Hamburgs Kultursenator Carsten Brosda bezeichnete Flimm als Theaterlegende. «Nicht nur das Thalia-Theater hat Jürgen Flimm geprägt. Auch als Präsident des Bühnenvereins und auf vielen Bühnen hat er mit unbändiger Kreativität und hinreißender Erzählfreude bedeutende künstlerische Spuren hinterlassen. Er wird fehlen!», twitterte der SPD-Politiker.
Am 17. Juli 1941 als Kind einer protestantischen Ärztefamilie in Gießen geboren, wuchs er in Köln auf, wo er auch studierte: Theaterwissenschaft, Germanistik und Soziologie. Seine Regiekarriere startete er 1968 als Assistent bei Fritz Kortner und Claus Peymann an den Münchner Kammerspielen. Als Theaterleiter verdiente er sich in Köln von 1979 bis 1985 Meriten. Das Thalia-Theater machte er als Intendant zur bestbesuchten Bühne Deutschlands.
Flimm leitete die Ruhrtriennale und die Salzburger Festspiele. Die Berliner Staatsoper Unter den Linden führte er von 2010 bis 2018 als Intendant. Er wirkte unter anderem an der Mailänder Scala, am Royal Opera House Covent Garden London, an der Wiener Staatsoper, an der Metropolitan Opera New York sowie bei den Bayreuther und den Salzburger Festspielen. Er war auch Regisseur bei Film- und Fernsehproduktionen und wirkte zudem als Schauspieler.