Am 1. Juli endet das «Nebenkostenprivileg», bei dem Vermieter die Kosten für TV-Anschlüsse auf die Mieter umlegen konnten. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Bernd Weißbrod/dpa)

Wenige Wochen vor dem Auslaufen einer gesetzlichen Regelung, nach der Mieter die Gebühren für TV-Anschlüsse über die Nebenkosten beglichen haben, kommen möglicherweise Millionen Mieter in Deutschland allmählich unter Zeitdruck. Sie müssen selbst Verträge abschließen, sofern sie wie bisher fernsehen wollen. Ein Überblick über das Thema.

Worum geht es?

Vier Jahrzehnte lang gab es das «Nebenkostenprivileg», auch Umlagefähigkeit genannt. Mieter zahlten die Kosten für das Fernsehsignal für Kabelfernsehen über die Betriebskosten, also mit der Miete. Der Mieter musste sich um nichts kümmern – das war praktisch, zumal der Monatspreis mit einem einstelligen Euro-Betrag recht niedrig war.

Das lag daran, dass jeder Mieter eines Hauses mitmachte und der Vermieter in dem Sammelvertrag einen dicken Mengenrabatt bekommen hatte. Der Haken daran: Nicht alle Mieter wollten mitziehen – manch einer hätte sich die Kabelkosten lieber gespart.

Was ändert sich?

Ab Juli dürfen die Vermieter die TV-Kosten nicht mehr auf die Mieter umlegen. Die Mieter, die bislang über die Nebenkosten bezahlt haben, müssen eigene vertragliche Wege gehen. Als Alternativen zu den Kabelbetreibern Vodafone und Tele Columbus bieten sich Online-Dienste wie Magenta TV von der Deutschen Telekom sowie Waipu und Zattoo an, auch Antennen-Fernsehen und Satellitenschüsseln sind Optionen – vorausgesetzt, der Vermieter erlaubt die Schüsseln am Balkon oder auf dem Dach. Der Mieter muss also einen eigenen Vertrag abschließen oder bei einem neuen Vertragskonstrukt von Vodafone mitmachen, bei dem der Mieter mitmachen kann, aber nicht muss – bezahlen tut er das separat zur Miete.

Droht ein schwarzer Bildschirm, wenn man die Frist ignoriert?

Jein. Einen schnellen harten Schnitt wird es nicht geben, heißt es von Vodafone: Das Fernsehsignal wird also nicht ruckzuck abgestellt, nur weil der Sammelvertrag des Vermieters keine Gültigkeit mehr hat. Zugleich erhöhen die Anbieter aber den Druck.

«Wir tun alles, um Mieter über die bevorstehende gesetzliche Änderung zu informieren und werden sie auch mehrfach kontaktieren», sagt Deutschlandchef Marcel de Groot und fügt hinzu: «Wo Mieter sich trotz mehrmaliger Kontaktaufnahme gegen einen Kabel-TV-Anschluss entscheiden, werden wir auch Anschlüsse abklemmen.» Auch von Tele Columbus mit der Marke Pÿur heißt es, man informiere mehrfach und schalte erst dann ab.

Wie viele Mieter haben denn noch nichts getan?

Jahrelang waren gut 12 Millionen Mieter vom Nebenkostenprivileg betroffen, inzwischen dürften es weniger sein, schließlich haben schon viele Vermieter ihre Sammelverträge gekündigt und die Mieter informiert, dass sie auf eigenen Beinen stehen oder sich neuen Vertragskonstruktionen anschließen sollten. Laut einer Yougov-Umfrage im Auftrag des Preisvergleichsportals Check24 haben sich 30 Prozent der Mieter bislang nicht entschieden, wie sie künftig fernsehen wollen. Die Befragung ist von Ende April.

Was bedeutet das Ende des Nebenkostenprivilegs für die Firmen?

Der Wettbewerb ist voll entbrannt, die Deutsche Telekom, Waipu und Zattoo wittern Morgenluft – für ihr Geschäft war das Nebenkostenprivileg ein Bremsklotz, der nun wegfällt. Platzhirsch Vodafone muss Einbußen hinnehmen, im ersten Quartal 2024 sank die Zahl der TV-Kunden um 650.000 auf 11,8 Millionen. Etwa zwei Drittel davon sind Mieter, die vom Nebenkostenprivileg betroffen sind, der Rest sind Eigenheim-Besitzer und Mieter, die eigene Fernsehverträge haben.

Vodafone und Tele Columbus versuchen der misslichen Lage etwas Positives abzugewinnen und die Nutzer mit neuen Verträgen zu halten, sie suchen das Gespräch und wollen dabei gleich auch Internetverträge mitverkaufen. Die sind für Verbraucher günstiger als die Buchung vom Kabel-TV und separat dazu vom Internet.

Ist die Deutsche Telekom der große Gewinner?

Die Bonner sind zweifelsfrei ein Gewinner der neuen Regelung, wenngleich die Zugewinne bisher übersichtlich sind. So legte der Bonner Konzern im ersten Quartal 2024 bei seinem Magenta TV um 126 000 Kunden zu und kam damit auf rund 4,4 Millionen. Im Vergleich zum starken Minus von Vodafone ist das aber ein eher schwaches Plus.

Hierauf angesprochen, weist Telekom-Finanzchef Christian Illek auf «Cord-Cutter» hin, Kabel-Abschneider. Das seien «Leute, die sagen, ich brauche das Ganze gar nicht mehr, und die nehmen überhaupt kein TV mehr, sondern nur noch Streaming-Angebote». Dadurch schrumpft der Fernsehmarkt. Für manche Apps sind zwar Gebühren fällig, öffentlich-rechtliche Sender können aber beispielsweise über die ARD-Mediathek kostenlos geguckt werden.

Wird es teurer für Mieter, die fernsehen wollen?

Vermutlich ja, aber nur etwas. Bei Vodafone lag die Preisspanne grob gesagt bei sieben bis neun Euro pro Monat, künftig sind es laut Firmenangaben vom Jahresbeginn circa acht bis zehn Euro – vorausgesetzt, es wird eine neue Vereinbarung genutzt, die eine gewisse Menge an Abnehmern enthält.

Liegt hingegen kein Rahmenvertrag vor und ist der Mieter als Einzelkunde auf sich allein gestellt, muss er bei Vodafone monatlich knapp 13 Euro berappen. Beim Streaming-Anbieter Zattoo kostet der günstigste Tarif 6,49 Euro und bei Waipu 7,49 Euro an. Für beide Online-Dienste ist ein separater Internetvertrag nötig, der bei Magenta TV über die Telekom schon inbegriffen sein kann.

Was sagen Verbraucherschützer?

Grundsätzlich begrüßen sie das Ende des Nebenkostenprivilegs, schließlich bekommen Mieter dadurch eine Wahlfreiheit bei der Fernsehnutzung. Allerdings warnen Verbraucherschützer vor unseriösen Vertrieblern, die an der Tür klingeln und den Mieter zur Unterschrift drängen.

«Manchmal wird vorgegaukelt, der Mieter müsse jetzt schnell einen Vertrag unterschreiben, ansonsten falle Fernsehen und Internet weg – obwohl das gar nicht stimmt, man kann auch später unterschreiben und sich erst einmal anderweitig informieren», sagt Felix Flosbach von der Verbraucherzentrale NRW. Immer wieder erreichten Beschwerden über solche unlauteren Haustürgeschäfte die Verbraucherzentralen.

Von Wolf von Dewitz, dpa

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