Die Erwerbsquote von Kriegsflüchtlingen aus der Ukraine wird nach einer Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) fünf Jahre nach der Flucht bei 45 Prozent liegen. Nach zehn Jahren steige die Quote auf 55 Prozent, teilte das IAB als Ergebnis seiner Simulationsstudie mit.
Damit würden die Ukrainerinnen und Ukrainer ein ähnliches Niveau an Erwerbsbeteiligung erreichen wie die Flüchtlinge der Bewegung von 2015/2016, die vornehmlich aus Ländern wie Syrien und Afghanistan nach Deutschland kamen. Allerdings hatten diese zum Teil günstigere Voraussetzungen – denn der Arbeitsmarkt war aufnahmefähiger als heute. Außerdem war die Quote von Männern ohne familiäre Bindung und ohne die Notwendigkeit von Kinderbetreuung viel höher.
Erhebliches Gefälle zwischen Männern und Frauen
Das Gefälle in den Erwerbstätigenquoten zwischen Männern und Frauen ist dabei erheblich: Fünf Jahre nach der Ankunft erreichten Männer in dem Basisszenario der Studie eine Erwerbstätigenquote von 58 Prozent, während Frauen zu diesem Zeitpunkt eine Quote von 41 Prozent aufwiesen. Nach zehn Jahren erhöhten sich diese Werte auf 68 Prozent für Männer beziehungsweise 52 Prozent für Frauen.
Schlechte Gesundheit, gute Bildung
Negativ auf die Beteiligung am Arbeitsmarkt wirke sich die Familienkonstellationen der meisten ukrainischen Geflüchteten aus – vielfach handelt es sich um alleinerziehende Mütter. Auch der vergleichsweise schlechte Gesundheitszustand der ukrainischen Geflüchteten wirke dämpfend, sagte IAB-Bereichsleiterin Yuliya Kosyakova. Günstig hingegen sei das vergleichsweise hohe Bildungsniveau und der Wegfall des Asylverfahrens.
Sprache als Erfolgsschlüssel
Auch die Sprachförderung und Sprachkursteilnahme stünden in einem positiven Zusammenhang mit der Entwicklung der Erwerbstätigenquoten. «Gezielte Sprachförderungsmaßnahmen verbessern nicht nur kurzfristig die Sprachfähigkeiten, sondern tragen auch mittel- bis langfristig zur Erhöhung der Erwerbstätigenquoten bei und können somit den Sozialleistungsbezug reduzieren», sagte IAB-Bereichsleiter Herbert Brücker.
Mehr als eine Million Ukrainer kamen seit Kriegsbeginn
Seit Beginn des Kriegs Russlands gegen die Ukraine ist die Zahl der in Deutschland lebenden Ukrainerinnen und Ukrainer von einst 156.000 auf 1,24 Millionen Menschen gestiegen – darunter sehr viele Frauen und Kinder. Die Bundesregierung versucht derzeit, mithilfe eines «Job-Turbos» mehr Ukrainer ins Berufsleben zu bringen.
In der Studie wurde als Basisszenario eine als realistisch angesehene Einschätzung hinsichtlich der Arbeitsmarktbedingungen vor Ort, als auch der Zusammensetzung der Flüchtlinge hinsichtlich Bildung, Gesundheit und Familienkonstellation angenommen. Die Wissenschaftler weisen jedoch darauf hin, dass es sich bei der Simulation nicht um eine Prognose handelt.