Deutschlands größter Gasimporteur Uniper hat wegen der Drosselung russischer Energielieferungen einen Antrag auf staatliche Unterstützung gestellt. Vorstandschef Klaus-Dieter Maubach betonte am Freitag in einer Pressekonferenz die Dringlichkeit schneller Hilfe. «Uniper erfährt tägliche Mittelabflüsse im mittleren zweistelligen Millionenbereich – eine Situation, die für uns nicht länger durchhaltbar ist», sagte der Manager. Die Firma sei in eine «besonders prekäre Situation» geraten. Ginge es weiter wie bisher, könnte der Firma bis zum Jahresende wegen gestiegener Gas-Beschaffungskosten ein Verlust von 10 Milliarden Euro drohen.
Uniper machen derzeit langfristige Verträge mit Stadtwerken und Industriekunden zu schaffen – wegen der weggebrochenen Mengen aus Russland muss Uniper teures Gas einkaufen, um diese Verträge bedienen zu können. Daher sind die Zahlen tiefrot.
Anlass für die Pressekonferenz war eine Novelle des Energiesicherungsgesetzes, das einen Schutzschirm für Energiekonzerne bieten und in einem weiteren Schritt ermöglichen könnte, dass Uniper mehr Geld bekommt. Wie dies geschieht, ist noch unklar – entweder der Konzern reicht höhere Kosten an seine Kunden weiter oder es gibt eine Umlagesystem, an dem die Allgemeinheit beteiligt würde.
Absehbar ist zudem, dass der Bund als Anteilseigner einspringt und die Firma damit – wie schon in der Corona-Krise der Lufthansa – einem strauchelnden deutschen Konzern unter die Arme greift. «Wir reden nicht von 5 oder 10 Prozent», sagte Maubach, es gehe vielmehr um «eine relevante Eigenkapitalbeteiligung». Laut «Handelsblatt» könnten es mehr als 30 Prozent sein.
In Einzelfällen Lieferkürzungen nicht ausgeschlossen
Die Energiepreise steigen schon seit langem, diese Entwicklung dürfte sich bald beschleunigen. «Unsere Kunden werden wir schon nächste Woche über die aktuelle Lage informieren und darüber in Kenntnis setzen, dass deutliche Preiserhöhungen zu erwarten sind», sagte Maubach. «In Einzelfällen werden wir Lieferkürzungen im Rahmen bestehender Verträge nicht ausschließen können – die Situation lässt uns keine Wahl.» Solche Kürzungen wären das «allerallerletzte Mittel», sagte der Vorstandschef. Uniper müsste solche Kürzungen bei der Bundesnetzagentur beantragen und genehmigen lassen.
Auf die Frage nach den Folgen der allgemeinen Gasmarkt-Situation für die deutsche Bevölkerung sagte Maubach: «Es kommt eine sehr, sehr große, hohe Preiswelle auf die deutschen Verbraucherinnen und Verbraucher zu.»
Wie prekär ist die Situation bei Uniper? «Wir stehen nicht kurz vor einer Pleite», sagte Maubach und zeigte sich optimistisch, dass Uniper die derzeitige Schieflage dank der Gesetzesänderung überwinden werde. «Ich habe die Zuversicht, dass sich Uniper stabiliert und einen entscheidenden Beitrag zu einer sicheren Energieversorgung in Deutschland leisten kann.»
Unipers finnischer Hauptaktionär, der rund 78 Prozent des Grundkapitals hält, führt einer Mitteilung zufolge ebenfalls Gespräche mit der Bundesregierung zu den negativen Auswirkungen der aktuellen Gaslieferbeschränkungen auf Uniper. Der Vorschlag von Fortum sehe eine Restrukturierung von Uniper vor – mit dem Ziel, eine Versorgungssicherheitsgesellschaft im Eigentum des Bundes zu gründen.
Gesetzesänderungen bereits beschlossen
Bundestag und Bundesrat hatten zuvor gesetzliche Änderungen beschlossen, um mögliche Hilfen des Bundes für angeschlagene Energieunternehmen wie Uniper zu erleichtern. Wie die Deutsche Presse-Agentur am Freitag aus Regierungskreisen erfuhr, gibt es noch keine Entscheidungen für konkrete Maßnahmen bei Uniper. Ein milliardenschwerer Einstieg des Bundes bei Uniper über eine Beteiligung beim Eigenkapital sei möglich. Denkbar sei aber auch ein Mix mit der Möglichkeit, dass Uniper hohe Preissteigerungen beim Gaseinkauf an die Kunden weitergebe.
Uniper hat rund 11 500 Beschäftigte, die Zentrale ist in Düsseldorf. Das Unternehmen wurde 2016 von Eon abgespalten – bei Eon blieben zukunftsträchtige Geschäfte mit den Netzen, Energie-Dienstleistungen und Ökoenergien, bei Uniper hingegen das Geschäft mit fossilen Energien. Kritiker sprachen von einer «Bad Bank», die Eon durch die Abspaltung loswerden wollte.
Uniper ist der größte deutsche Gasimporteur, außerdem betreibt die Firma Gas- und Kohlekraftwerke sowie Gasspeicher. Im vergangenen Jahr machte der Konzern rund 164 Milliarden Euro Umsatz, wobei er einen Verlust von 4,1 Milliarden Euro einfuhr. Zu den Energiekunden gehören zahlreiche Stadtwerke und größere Industriefirmen.