Salina Worm, Geschäftsführerin Schloss Diedersdorf - vor dem Schloss ihres Vaters. (Urheber/Quelle/Verbreiter: Annette Riedl/dpa)

Die Lockdowns in der Corona-Pandemie haben viele Branchen hart getroffen – muss der Staat die Betroffenen für ihre Einnahmeausfälle entschädigen? Dazu verkündet der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Donnerstag (10.00 Uhr) sein erstes Urteil.

Die obersten Zivilrichterinnen und -richter messen dem Pilotverfahren aus Brandenburg sehr grundsätzliche Bedeutung bei. Denn bundesweit sind viele ähnliche Fälle bei den Gerichten anhängig.

Um die Ausbreitung des neuen Virus zu stoppen, hatten Bund und Länder in der ersten Pandemie-Welle im März 2020 das öffentliche Leben mit drastischen Maßnahmen heruntergefahren. Auch die Gastronomie musste wochenlang schließen, Essen und Getränke konnten nur zum Mitnehmen verkauft werden. Hotels durften keine Touristen mehr aufnehmen.

Das traf auch Schloss Diedersdorf, einen familiengeführten Betrieb mit Hotel, mehreren Restaurants und großem Biergarten südlich von Berlin. Eigentümer Thomas Worm und seine Tochter Salina beziffern ihre Einbußen mit 5438 Euro am Tag – durch entgangenen Gewinn und laufende Kosten. Die Familie bekam zwar 60.000 Euro Soforthilfe. Aber diese Summe deckt gerade einmal elf Tage ab, wie ihr Anwalt in der BGH-Verhandlung des Falls am 3. März vorrechnete.

Die Worms wollen erreichen, dass das Land Brandenburg ihnen eine Entschädigung zahlen muss. Im Prozess geht es zunächst um eine Forderung von rund 27.000 Euro. Die genaue Schadenshöhe müsste nachträglich ermittelt werden, falls die Familie Recht bekommt.

Das Infektionsschutzgesetz sieht zwar in bestimmten Fällen eine finanzielle Entschädigung vor – aber nur für jemanden, der «als Ausscheider, Ansteckungsverdächtiger, Krankheitsverdächtiger oder als sonstiger Träger von Krankheitserregern» Verdienstausfälle hat.

Die Worms, die in ihrem Betrieb nach eigenen Angaben keinen Corona-Fall hatten, finden das ungerecht. «Wir haben gesetzeskonform gehandelt und viel Geld in Hygienemaßnahmen investiert», sagt Salina Worm (21), die seit kurzem Geschäftsführerin ist. «Wir wurden trotzdem geschlossen, und es gibt keine Entschädigung.»

Am Potsdamer Landgericht und am Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hatte die Klage keinen Erfolg. Die Corona-Pandemie sei «ein Schadensgroßereignis, das die gesamte Gesellschaft und weite Teile der Wirtschaft traf und trifft», urteilte das OLG am 1. Juni 2021. Die «sozialverträgliche Verteilung der pandemiebedingt ungleichen Lasten» sei daher «eine in erster Linie sozialstaatliche Herausforderung». Einen Anspruch auf Staatshaftung gebe es nicht.

Von