Die US-Notenbank Federal Reserve bereitet sich eineinhalb Jahre nach Beginn der Pandemie darauf vor, ihre Corona-Konjunkturmaßnahmen zurückzuschrauben.
Bei der nächsten Sitzung Anfang November könne eine Drosselung der milliardenschweren Wertpapierkäufe beschlossen werden, sagte Fed-Chef Jerome Powell am Mittwoch. Bis Mitte 2022 könnten die Käufe eingestellt werden. Zugleich deuten neue Prognosen auf eine Zinserhöhung im kommenden Jahr hin.
Aktuell hält die Federal Reserve noch an ihrer sehr lockeren Geldpolitik fest. Der Leitzins bleibt weiter in der niedrigen Spanne von 0,0 bis 0,25 Prozent. Auch die Wertpapierkäufe in Höhe von 120 Milliarden Dollar (102 Mrd Euro) pro Monat durch die Fed werden fortgesetzt.
Der im vergangenen Jahr wegen der Corona-Krise beschlossene Ankauf von Wertpapieren soll die Liquidität der Finanzmärkte verbessern und die Bereitstellung von Krediten für Haushalte und Firmen erleichtern.
Die Reduzierung der Käufe zeichnete sich bereits ab. Ende Juli erklärte die Fed mit Blick auf das Programm, die US-Wirtschaft mache Fortschritte bei Vollbeschäftigung und Inflationszielen. Dies wurde jetzt bekräftigt. Und die Fed stellte in Aussicht, dass eine Drosselung des Rückkauftempos «bald» gerechtfertigt sein könnte, wenn sich diese Entwicklung wie erwartet fortsetze.
Die Federal Reserve machte keine Angaben dazu, wann genau und wie schnell die Wertpapierkäufe zurückgefahren werden könnten. «Wir haben noch nicht über das Tempo entschieden», sagte Powell. Insgesamt halte man in der Notenbank eine schrittweise Abschmelzung der Käufe für angemessen, die Mitte kommenden Jahres abgeschlossen werden könnte. Er gehe nicht davon aus, dass es eine Zinserhöhung schon vor dem Auslaufen der Wertpapierkäufe geben werde, sagte Powell.
Die Fed kauft derzeit monatlich für rund 80 Milliarden Dollar Staatsanleihen sowie hypothekengesicherte Wertpapiere im Wert von 40 Milliarden Dollar. Die Europäische Zentralbank (EZB) hatte jüngst eine leichte Drosselung ihres Programms zum Ankauf von Anleihen angekündigt.
Das aktuelle Zinsniveau unterdessen sei gerechtfertigt, bis am Arbeitsmarkt Vollbeschäftigung herrsche und das Inflationsziel von rund zwei Prozent erreicht worden sei, erklärte die Fed nach einer Sitzung des zuständigen Geldmarktausschusses. Powell betonte, dass eine Drosselung der Wertpapierkäufe nicht als Countdown zu einer Zinserhöhung gesehen werden solle. Zuvor zeichnete sich der Schritt erst 2023 ab. Jetzt stellen sich die Fed-Entscheider auf 2022 ein.
Zugleich senkte die Fed ihre Prognose für das Wirtschaftswachstum in diesem Jahr. Im Juni war die Zentralbank noch von einem Plus von 7 Prozent ausgegangen, nun erwartet sie ein Wachstum von 5,9 Prozent. Die rasante Erholung der US-Wirtschaft von der Corona-Krise hatte sich zuletzt wegen der Ausbreitung der Delta-Variante verlangsamt. Für 2022 rechnet die Notenbank nun aber mit einem Wachstum von 3,8 Prozent nach der Juni-Prognose von 3,3 Prozent.
Bei der Inflation erwartet die Fed für dieses Jahr 4,2 Prozent statt der Juni-Prognose von 3,4 Prozent. Powell zeigte sich überzeugt, dass es ein vorläufiger Effekt sei – räumte aber zugleich ein, dass die Teuerung zunächst hoch bleiben könne. Für 2022 rechnet die Fed nun mit 2,2 Prozent nach einer Prognose von 2,1 Prozent im Juni.
Die Prognose für die Arbeitslosenquote in diesem Jahr schraubte die Fed auf 4,8 Prozent hoch, von 4,5 Prozent im Juni. «Die Nachfrage nach Arbeitskräften ist sehr stark», sagte Powell. Die Delta-Variante habe aber in einigen Bereichen wie Gastgewerbe und Reisebranche dazwischengeschlagen. Die Zunahme der Beschäftigung dürfte wieder Fahrt aufnehmen, wenn die aktuellen Corona-Effekte überwunden seien.
An den Finanzmärkten reagierte der US-Dollar zunächst mit starken Kursschwankungen auf die Aussagen. Dann legte er spürbar zu. Der Euro fiel unter die Marke von 1,17 Dollar. US-Staatsanleihen gaben nach, die Verluste hielten sich jedoch in Grenzen. Der US-Leitindex Dow Jones Industrial schloss ein Prozent höher.
US-Chefökonom Paul Ashworth von Capital Economics stellte die deutlich angehobenen Leitzinsprognosen der Fed heraus. Vermutlich sei dies auf die Befürchtung zurückzuführen, dass die derzeit hohe Inflation doch nicht ein solch temporäres Ereignis sei wie von der Fed bisher angenommen.